Weilheim und seine Klimaziele: „Jetzt muss jeder einzelne handeln“

Wie steht’s aktuell um die Energiewende in Weilheim? Und was ist zu tun, um die Klimaziele der Stadt zu erreichen? Das steht im Energienutzungsplan, der nun im Stadtrat vorgestellt wurde. Fest steht: Jetzt muss gehandelt werden, der Druck ist groß.
Weilheim – Für ihn sei „heute ein Feiertag“, freute sich Umwelt- und Klimareferent Stefan Emeis (Grüne) in der jüngsten Stadtratssitzung: Endlich liege der Energienutzungsplan der Stadt Weilheim vor, eine Art Klimakonzept, wie es im Herbst 2019 schon 570 Unterstützer per „Bürgerantrag“ gefordert hatten. Und in diesem „steht mehr drin, als ich zu hoffen gewagt habe“, so Emeis.
Das 113-seitige Werk kostet rund 48.000 Euro
Das Kompetenzzentrum der „Energiewende Oberland“ (EWO) hat das 113-seitige Werk im Auftrag der Stadt erstellt. Die Kosten dafür belaufen sich auf rund 48.000 Euro, wie es im Stadtrat hieß; 70 Prozent davon trage jedoch das Bayerische Wirtschaftsministerium. Man habe sich ein Jahr lang „intensivst mit der energetischen Situation in Weilheim befasst“, sagte EWO-Mitarbeiterin Christiane Regauer bei der Vorstellung im Stadtrat. Neben dem Ist-Stand wurden alle vor Ort vorhandenen und „nach derzeitigem Stand der Technik nutzbaren Potenziale erneuerbarer Energieträger“ ermittelt.
Gewerbe und Industrie verbrauchen 56 Prozent der Energie
Bei der Präsentation im Rathaus setzten Regauer und EWO-Energiemanager Andreas Scharli – der selbst in Weilheim lebt – dazu einige Schlaglichter. Demnach lag der Energiebedarf in Weilheim 2019 bei insgesamt 465 Gigawattstunden. 56 Prozent des Stroms und der Wärme verbrauchen Gewerbebetriebe und Industrie, 18 Prozent private Haushalte, ein Prozent kommunale Liegenschaften. Die restlichen 25 Prozent entfallen auf den Verkehr (Kraftstoffverbrauch).
Die Zeit des Redens ist vorbei, jetzt muss jeder einzelne handeln!
Die „schwierigeren Aufgaben“, so fasste Emeis zusammen, lägen für die Stadt „eher bei Wärme und Verkehr und nicht so sehr beim Strom“. Es gehe einerseits um eine sparsamere Verwendung von Energie – etwa durch bessere Dämmungen, besser gesteuerte Heizungen oder eine Reduzierung der Autofahrten. Zum anderen müssten vermehrt nicht-fossile Energiequellen genutzt werden; da gehe es um mehr Wärmepumpen zum Heizen, um den Ausbau der Fernwärme, um alternative Antriebsarten im Verkehr oder mehr Solardächer. Fazit des Umweltreferenten: „Jetzt kennen wir die Zahlen. Es braucht keine weiteren Untersuchungen mehr. Die Zeit des Redens ist vorbei, jetzt muss jeder einzelne handeln!“
Weitere 25 Hektar Freiflächen-PV-Anlagen nötig
Beim Strom stammt in Weilheim derzeit rund 16 Prozent des Gesamtverbrauchs aus erneuerbaren Quellen vor Ort – was zu 85 Prozent Photovoltaik-Anlagen sind. Zwar seien die Potenziale auf den Dächern noch groß, betonte Regauer, doch für den Gesamtbedarf würden diese „niemals“ reichen. Dafür brauche Weilheim noch etwa 25 Hektar Freiflächen-PV-Anlagen (aktuell sind es sechs Hektar). Für Windkraft ist das Potenzial vor Ort laut EWO niedrig. Für die Nutzung von Wasserkraft an der Ammer warb Scharli indes kräftig: Fürs noch nicht umgebaute Oderdinger Wehr müsse man darüber nachdenken; dass Energiegewinnung heute „fischfreundlich“ möglich sei, zeige das Wasserkraftwerk Großweil. Fürs Oderdinger Wehr verwies Weilheims Bürgermeister Markus Loth aber auf „klare Aussagen“ des Wasserwirtschaftsamtes, wonach ein Kraftwerk dort nicht mit dem nötigen Hochwasserschutz kombinierbar sei.
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Der Wärmebedarf in Weilheim wird der EWO zufolge bisher nur zu 5,5 Prozent durch erneuerbare Energien bereitgestellt (zumeist Biomasse). Zu 25 Prozent wird mit Heizöl, zu 68 Prozent mit fossilem Gas geheizt. Deshalb müsse das Fernwärmenetz zügig aufgebaut werden, so Scharli: Die bisher geplanten Kraftwerkstandorte am Kranlöchl sowie an der Kläranlage seien „hervorragend, auch wenn es bauliche Eingriffe sind“. Bei der Entwicklung weiterer Anlagen würde die EWO die Stadt unterstützen.
Nachts teilweise Straßenbeleuchtung abschalten?
Insgesamt listet der Energienutzungsplan 20 konkrete Maßnahmenvorschläge für die Stadt und ihre Bürger auf. Da werden zum Beispiel eine Diskussion über das nächtliche Abschalten der Straßenbeleuchtung in Wohngebieten, eine stärkere Berücksichtigung von Klimaschutzbelangen in Bebauungsplänen, ein „Thementag Solar“ oder eine „Heizungstausch-Offensive“ angeregt.
AfD-Stadtrat fragt, „was solche Werke grundsätzlich bringen“
Im Stadtrat kam der Energienutzungsplan zumeist gut an. Er sei ein „brauchbares praktisches Konzept“, befand Claus Reindl (BfW). Nun müssten „alle Akteure zusammenhelfen“, um die angestrebte Energieneutralität bis 2035 zu erreichen: „Alle sind in der Pflicht.“ Klaus Gast (CSU) nannte den Plan „sehr erhellend“. Petra Arneth-Mangano (SPD) forderte vor allem Anstrengungen zur Energie-Einsparung. „So etwas Umfassendes und Tiefgreifendes hatten wir noch nie“, lobte Roland Bosch (ÖDP) und regte „einen ähnlichen Plan für die Verkehrswende“ an – da der Verkehr in Weilheim immerhin ein Viertel der Emissionen verursache. Allein Rüdiger Imgart (AfD) stellte die Frage, „was solche Werke grundsätzlich bringen“: Für ihn „bestätigt das vorgelegte Zahlenwerk nur, was hier drin schon jeder weiß“.
Grünen-Stadtrat: „Jeden Cent, der frei ist, in den Klimaschutz stecken“
Das sah Karl-Heinz Grehl (Grüne), der Energiereferent des Stadtrates, anders. Allerdings habe man künftig „keine Zeit mehr für irgendwelche Berichte“: „Jeder in Weilheim ist aufgefordert, diesen Plan umzusetzen“; es bestehe „Zeitdruck und Handlungsdruck“. Und die Stadt müsse „eigentlich jeden Cent, der frei ist, in die Energiewende und den Klimaschutz stecken“.
Der Energienutzungsplan der Stadt Weilheim
kann auf der städtischen Website www.weilheim.de eingesehen und heruntergeladen werden.