See als “Lebenselixier der Weilheimer“ - Die Reaktionen unserer Leser zu den Steg-Sperrungen

Gesperrte Stege und Badeinseln, die nicht mehr benutzt werden dürfen: In Weilheim und Penzberg ist das Badevergnügen getrübt. Zahlreiche Leser ließen uns zu diesem Thema ihre Zuschriften zu kommen.
Landkreis - Die Nachricht, dass die Badestege am Dietlhofer See in Weilheim und am Kirnberger Weiher und dem Eitzenberger Weiher in Penzberg aus haftungsrechtlichen Gründen gesperrt wurden und Badeinseln demnächst aus dem Wasser genommen werden sollen, löste Wellen der Empörung aus. In Weilheim machten sich Bürger über die Aktion lustig - und brachten unter anderem unter der offiziellen Stellungsnahme der Stadt eine eigene Botschaft an.
Wie sehr das Thema die Gemüter bewegt, zeigt sich auch an den zahlreichen Leserbriefen aus Weilheim und Penzberg, die die Heimatzeitung derzeit erreichen. Sie werden hier veröffentlicht und laufend ergänzt.
„Ich würde genauso entscheiden wie die Stadträte“
Auf den ersten Blick kann man diese „Empörung der Wutbürger“ nur teilen. Jedoch auf den zweiten Blick, nach kurzem Nachdenken, wird hier – wie aus meiner Sicht so oft – der Falsche „geprügelt“. Leider hat uns die Regierung, flankiert von der Rechtsprechung, insbesondere in den letzten zwei Jahrzehnten fast jegliche Eigenverantwortung aberzogen. Erschwerend hinzu kommt, dass sich parallel eine bedenklich ansteigende „Gesellschaft von Internet-Vollkasko-Egoisten“ entwickelt hat und weiter entwickelt. Wer weiß, wie Information im Internet abläuft (selektives Algorithmen-Wissen), macht sich so seine eigenen Gedanken und ist sehr vorsichtig mit solchen Schnellschüssen. Vermutlich hatten die meisten Kritiker (ehrenamtlich) noch nie vergleichbare Verantwortung zu tragen. Ich jedenfalls verurteile hier die etwas lebensfremde Rechtsprechung und würde deshalb genau so entscheiden wie die Stadträte. Betrachtet man allerdings den, aus meiner Sicht absolut unerträglichen, Umgang mit unseren Ehrenamtlichen im Dienst der Allgemeinheit, verwundert solche Empörung nicht. Falls nicht bekannt, jeder von uns hat die Möglichkeit, sich ehrenamtlich zu engagieren/wählen zu lassen und dann in eigener Verantwortung Badeinseln, Badestege, etc. wieder zu aktivieren.
Franz Knosalla, Obersöchering
„Wir Stadträte sind haftbar“
Vielleicht hilft dem Oderdinger Wutbürger Uwe Ryck die eine oder andere Faktendarlegung, um seine Meinung über die mutlosen und verantwortungsscheuen Volksvertreter zu überdenken: Der Anlass der ganzen Malaise ist ein Grundsatz-Urteil des Bundesgerichtshofs vom 23.11.2017, „BGH-III ZR 60/16“, das Kommunen für Unfälle an „künstlich aufgestellten Einrichtungen“ an Badeseen in Haftung nimmt. Ein Mädchen hatte sich im Jahr 2010 bei einem Badeunfall in einem Naturschwimmbad in Rheinland-Pfalz irreparable Schäden zugezogen. Seit dem klagten die Eltern gegen die Kommune – 2017 gab ihnen der BGH dann in der letzten Instanz recht, nachdem alle Vorinstanzen gegensätzlich entschieden hatten! Kurz und knapp besagt die achtseitige Urteilsbegründung: „Von allem was jemand, zB. eine Kommune, künstlich an einer unbeaufsichtigten Badegelegenheit schafft, darf keine Gefahr ausgehen.“ Anders ausgedrückt, das BGH-Urteil drehte im Kern die Beweislast bei Badeunfällen grundsätzlich um. Deswegen unterscheiden Versicherungen nunmehr nach Badestellen bzw. Naturbädern. Der „Ditsch’ge“ ist somit eine Badestelle, kein Naturbad, weil die Stadt dafür Infrastruktur geschaffen hat! Ergo, sind wir, die Stadträtinnen und Stadträte, im Falle eines Falles, haftbar! Noch eine Anmerkung zum „Schaden“, den die heute 21-Jährige aus dem Unfall davontrug. Sie ist zeitlebens schwerstbehindert und pflegebedürftig. Inwieweit es bei der Schmerzensgeldforderung von mindestens 500 000 Euro blieb, einer monatlichen Rente von 650 Euro plus die Erstattung aller Rechtsverfolgungskosten von 14 716,20 Euro, vermag ich nicht genau zu sagen. Sicher ist aber, dass die Kommune verpflichtet wurde, ihr sämtliche zukünftig entstehenden, materiellen und immateriellen Schäden zu ersetzen, welche auf den Unglücksfall zurückzuführen sind. Die erste Empörung über die Auswirkungen dieses Urteils, jetzt zum Start der Badesaison, sollte eher nachdenklich machen. Denn damit wurde eine Norm von neuer Qualität gesetzt. Einsprüche dagegen müssten vors Bundesverfassungsgericht, wenn jemand meint, das Urteil verstoße gegen seine persönlichen Grundrechte.
Alfred Honisch, Stadtrat, Weilheim
„Lebenselixier der meisten Weilheimer“
Die Sperrungen kamen plötzlich, überraschend und unverständlich, denn die „Oase“ Dietlhofer See ist seit Jahren durch die Stadtwerke Weilheim mit großer Aufmerksamkeit in gutem Zustand unterhalten worden, Schäden wurden schnellstmöglich beseitigt, und schwere Unfälle sind nicht bekannt. Auf der Nordseite sind es junge Mütter mit Kleinkindern in Spielplatznähe, die auf den gepflegten Liegeflächen picknicken, ein paar Sonnenhungrige, darunter auch einige Jugendliche nach der Schule auf den Stegen und Spontane, die sich beim Spaziergang eine Auszeit nehmen und die Leitern nutzen, um sicher ans Wasser zu kommen. Am Westufer haben die „Etablierten“ ihre Stammplätze: Rentner und Pensionäre, dabei Leute mit Behinderungen und Senioren, die mit Rollator, Rollstuhl, Rad oder Auto ankommen und dort ganzjährig oder von April bis September im See, mit Schwimmhilfen oder ohne, sportlich oder ruhigen Stils, ihre Bahnen ziehen; Lebenselixier für die meisten Weilheimer, aber auch für Pollinger, Wielenbacher, Peißenberger usw. Alle, die ich bislang dazu gesprochen hatte, äußerten sich dankbar für diese sinnvolle Investition öffentlicher Gelder. Und so gibt es einige, die die Pflege mitbetreiben; am Senioreneinstieg z.B. ein Thermometer aus der Privattasche aufhängen, es erneuern, wenn defekt oder gestohlen, mit mitgebrachtem Besen die Umkleide und den Steg abfegen, Abfall aufsammeln, leichtfertig ins Wasser geworfene Flaschen raustauchen, achtsam das Ufer abschwimmen etc. Man kennt sich, unterhält sich und passt auf des anderen Sachen auf, wenn dieser im Wasser ist. Alle erfreuen sich der Ruhe und der schönen Sicht, bis am Pfingstsamstag schon die Optik auf ein Ende des harmonischen Miteinanders hinwies. Der „Turm“, der die Jugend anzog, ist schon Geschichte, nun soll ein Kleinod Sankt Bürokratius geopfert werden. Sind nicht Stege, Behinderteneinstieg, Bänke, Krückenablage, „Floß“, Holzkreuz, Spielplatz, Toilette etc. zum Wohle der Gemeinschaft mit Haushaltsmitteln finanziert worden?
Hans-Peter Grünebach, Polling
„Gesperrte Zugänge jetzt von Schutzhunden bewacht“

Die Stadt Weilheim hat aufgerüstet und lässt die gesperrten Zugänge zum See jetzt auch noch mit ausgebildeten Schutzhunden bewachen, damit niemand verunfallt. Hier bleibt einem nur noch das Lachen im Halse stecken.
Martina Hambach, Weilheim
„Unsere persönliche Freiheit steht auf dem Spiel“
Uns gebürtige Weilheimer begleitet der Dietlhofer See durch das ganze Leben. Als Kinder sind wir mit unseren Eltern zum Schwimmen gegangen und tun das gerne und mit Freude bis ins hohe Alter. Nun mussten die Badestege aufgrund eines Gerichtsbeschlusses gesperrt werden. Mit Entsetzen reagieren hier vor allem ältere Menschen, die auf die Einstiegshilfen angewiesen sind. Ich möchte betonen, dass wir Weilheimer durchaus zu schätzen wissen, was wir an unserem „Dietschi“ haben. Wir sind der Stadt Weilheim sehr dankbar, dass das Badegelände so gepflegt wird, dass es Umkleiden gibt und eben auch die Badestege, die zu einem sicheren Einstieg ins Wasser notwendig sind. Die Schuldigen für die Sperrung der Badestege sind nicht bei der Stadt Weilheim zu suchen. Eines der vielen Gerichtsurteile, die von normalen Bürgern längst nicht mehr alle nachzuvollziehen sind, hat zu dieser Maßnahme geführt. Auf Nachfrage bei der Stadt Weilheim wäre demnach unser Bürgermeister sowie auch die Stadträte, die gegen eine Sperrung der Badestege sind, persönlich dafür haftbar, wenn ein Unglück passiert. Deshalb auch der einstimmige Beschluss. Ich möchte heute kein Politiker sein; gegen alles und jedes wird sofort Einspruch erhoben, es wird prozessiert und viele notwendige Projekte damit auf Eis gelegt. Das gilt übrigens auch für unsere Bundesregierung. Wird einmal ein Beschluss gefasst oder ein Gesetz erlassen, sofort geht irgendjemand vor Gericht. Wer regiert eigentlich unser Land? Weil im aktuellen Fall eine Mutter aus Norddeutschland ihre Aufsichtspflicht verletzt hat und ihr Kind ertrunken ist, müssen nun deutschlandweit alle Badestege gesperrt werden. Die Verantwortung jedes Einzelnen wird auf die Kommunen abgeschoben. Hier steht langsam unsere Demokratie, aber auch unsere persönliche Freiheit auf dem Spiel. Es bleibt nur zu hoffen, dass für Weilheim und auch für unser ganzes Land wieder sinnvolle Beschlüsse gefasst werden können und dürfen. Da kann man nur noch beten: „Herr, lass es Hirn regnen“ oder eleganter ausgedrückt: „Komm Schöpfer Geist, kehr bei uns ein !“
Ulla Elbert, Weilheim
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„Aprilscherz im Juni?“
Aprilscherz im Juni? Der Anlass des BVG-Urteils verbietet jede Art von Polemik, die Auswirkungen durchaus. Wir leben in einer Rückversicherungs-, Absicherungs- und Schuldzuweisungsgesellschaft. Es gibt nun mal das allgemeine Lebensrisiko, und dazu gehören auch die Möglichkeiten, von einer Badeleiter auszurutschen, von einem Steg und/oder Badefloß zu fallen und vieles andere mehr. „Musst halt aufpassen.“ „Hättest besser aufgepasst.“ Diese Sprüche kennen sicher viele noch von ihren Eltern. Wir wünschen uns wieder mehr Selbstverantwortung des Einzelnen und zumindest etwas Ungehorsam. Oder wollen wir es zulassen, dass unser See abgesperrt oder gar ausgepumpt wird?
Gerlinde und Hans R. Kopp, Weilheim
„Eigenverantwortung gibt es nicht mehr“
Gibt es in Deutschland keinen Richter, der einen Unfall als Unfall sieht und nicht immer die Verantwortung anderen zuweist? Eigenverantwortung gibt es nicht mehr. Traurig ist es, dass man den Kindern den Badespaß nimmt. Es war schwer, den Kindern am Dietlhofer See zu erklären, dass sie nicht mehr vom Steg springen dürfen.
Karl Weigl, Weilheim
„Jetzt reicht’s“
Wo sind unsere Politiker, die gegen so einen Schwachsinn endlich mal vorgehen? Für was haben wir euch gewählt? Werden wir nur noch vor der Angst vor der Haftpflicht regiert? Wir lassen uns anscheinend von ein paar Interessenvertretern und Rechtsverdrehern nur noch schikanieren. Schon bald jeden Monat kommt eine neue „geistreiche“ Verordnung heraus, die von unseren Behörden sofort umgesetzt wird, ohne auf Sinnhaftigkeit zu prüfen, und wir wehren uns nicht. Deutschland, das Land der Nicker und Ja-Sager (oder Schweiger). Vielleicht brauchen wir auch bald Gelbwesten, die mal so richtig auf den Tisch hauen, damit unsere Verantwortlichen endlich aufwachen.
Hans Ücker, Weilheim
„Das kann doch nicht sein“
Seit ich denken kann, gibt es am „Eizi“ ein Floss und am „Huabara“ gab’s früher mal nen langen Steg. Der hatte eine Leiter, um ins Wasser rein und auch wieder raus zu kommen. Kann man sich kaum noch vorstellen, schaut man, was in dieser Stadt heutzutage so geschieht: Die Flöße, die seit Generationen Kindern und Jugendlichen Spaß und Freude bereitet haben, kommen jetzt einfach weg, weil unsere Stadtverwaltung vor einer Versicherung einknickt? Mal kurz nachgedacht: Wenn man aufs Floß will, setzt das zwingend voraus, dass man schwimmen kann, sonst kommt man da nicht hin. Und wenn man beim Schwimmen z.B. etwas müde wird, ist man froh, dass man am Floß ausrasten kann. Es ist also eher eine „Rettungsinsel“, und diese Sicherheismaßnahme kommt jetzt weg. Letztes Jahr wurden am „Huabara“ zwei wirklich schöne neue Stege gebaut. Allerdings hat man sie zu kurz und an Stellen gebaut, wo das Wasser nicht tief genug ist, um reinzuspringen. Also hat man vor die Stege Schilder gestellt: „Reinspringen verboten“. Die Stege sind aber so hoch, dass man springen muss, will man vom Steg aus ins Wasser. Man hat auch keine Leitern hingebaut, um aus dem Wasser wieder raus zu kommen: Ergo: Zwei Stege, von denen man nicht ins Wasser rein und auch nicht aus dem Wasser raus kann. Herrlich diese Sinnfreiheit, im engagierten, steuerfinanzierten, städtischen Tun. Also, liebe Stadt, baut doch bitte endlich Leitern an die Stege und verlängert sie gegebenenfalls und lasst die Rettungsflöße wieder zu Wasser. Und wenn die Versicherungen nicht mitspielen, zeigt Haltung und sucht euch eine andere oder stellt Schilder auf. Aber nicht „Reinspringen verboten“, sondern „Benutzung auf eigene Gefahr“. Das kann doch nicht sein. Bitte einfach noch mal nachdenken. Danke.
Hubert Helfenbein, Penzberg
Für Aufsehen sorgt derzeit ein Vorfall aus dem Landkreis Dachau: Ein Security-Mann soll einer Frau ein Bußgeld angedroht haben, weil sie oben ohne am Karlsfelder See lag. Das beschäftigt nun Behörden und Politik.