Weilheimer Astronomie-Experte: „Die Bilder übertreffen alle Erwartungen“

Das James-Webb-Teleskop hat die ersten Bilder zur Erde gesendet und damit nicht nur Laien fasziniert. Der Weilheimer Astronomie-Experte Helmut Hornung (62) arbeitet als Wissenschaftsredakteur bei der Max-Planck-Gesellschaft und hat die Pressekampagne dieser Organisation geleitet.
Weilheim – Hornung ist stolz, denn in dem Teleskop stecken auch Komponenten, die am Max-Planck-Institut für Astronomie in Heidelberg entwickelt und gebaut wurden.
Was zeigen die Bilder des James-Webb-Teleskops, die jetzt veröffentlicht wurden?
Es sind vier Fotos astronomischer Objekte und das Spektrum der Atmosphäre eines Planeten, der einen fernen Stern umkreist. So finden sich in der Lufthülle dieses Exoplaneten im aufgefächerten Licht unter anderem die Fingerabdrücke von Wasserdampf. Das hat vor allem die Fachwelt begeistert. Und die beiden Aufnahmen von fernen Galaxien sowie die Fotos von Gasnebeln erscheinen in einer bisher nicht gekannten Klarheit und Schärfe.
War es überraschend, dass die Aufnahmen in dieser Qualität gemacht werden konnten?
Ja, denn die Bilder übertreffen alle Erwartungen! Das ist keineswegs selbstverständlich. Vor dem Start des James-Webb-Teleskops haben die Techniker und Ingenieure nicht weniger als 344 unterschiedliche Fehlerquellen ausgemacht, von denen eine jede das gesamte Projekt gefährdet oder zum Scheitern gebracht hätte. So musste sich etwa der Hauptspiegel im Weltall selbstständig entfalten, wobei kleine mechanische Motoren die 18 einzelnen Spiegelsegmente auf den Millionstel Millimeter genau in ihre Positionen geschoben haben. Und dann darf man nicht vergessen, dass die Sternwarte nicht um die Erde kreist, sondern eineinhalb Millionen Kilometer von unserem Planeten entfernt ist. Daher kann Webb nicht von Astronauten gewartet werden und muss autonom und zuverlässig arbeiten.

Viele kennen das berühmte Hubble-Teleskop, das seit vielen Jahren ebenfalls spektakuläre Ansichten aus dem All liefert. Was unterscheidet es vom James-Webb-Teleskop?
Da ist natürlich der Durchmesser des Spiegels – sechseinhalb im Vergleich zu knapp zweieinhalb Meter. Das heißt: James Webb sieht viel schwächere Himmelsobjekte in viel besserer Auflösung als Hubble. Damit kann es deutlich tiefer ins Universum schauen und damit auch weiter in die Zeit zurück. Zudem beobachtet Webb nicht im sichtbaren Licht wie Hubble, sondern im Infraroten. Dadurch bildet es kosmische Prozesse ab, die man bisher nicht gesehen hat. Webb sieht das Weltall also buchstäblich in anderem Licht und eröffnet für die Astronomie neue Dimensionen.
Dürfen wir mit weiteren spektakulären Aufnahmen rechnen?
Auf jeden Fall! Das setzt natürlich voraus, dass das Teleskop gesund bleibt und keine technischen Defekte auftreten. Die Technik ist unglaublich komplex, allein die Kühlung der wissenschaftlichen Instrumente an Bord ist überaus aufwendig: So müssen die Instrumente für ihre einwandfreie Funktion stabil und permanent im Temperaturbereich von minus 266 bis minus 223 Grad Celsius gehalten werden.
Kurze Zeit später liefert „James Webb“ die nächste beeindruckende Entdeckung - die vermeintlich älteste Galaxie im Universum.
Wie lange soll das James-Webb-Teleskop beobachten?
Wenn alles gut geht, hat das Observatorium eine Lebenserwartung von mindestens zehn Jahren. Manche sind optimistisch und rechnen mit 20 Jahren. Was es da an Entdeckungen geben wird, lässt sich noch gar nicht ermessen.
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