Nach Notfall ergreift Mutter die Initiative: Neue „Helfer vor Ort“ für Wessobrunn

In Wessobrunn soll voraussichtlich in diesem Sommer ein „Helfer vor Ort“ stationiert werden. Melanie Frühholz wird das Team in Zusammenarbeit mit dem BRK leiten. Dass die Wessobrunnerin tätig geworden ist, hat mit einem medizinischen Notfall in ihrer Familie und einem in ihrer Nachbarschaft zu tun.
Wessobrunn – Es war im vergangenen Sommer, als die Tochter von Melanie Frühholz plötzlich kollabierte. Keiner wusste so recht, was der 14-Jährigen fehlt. „Wir wussten nicht, was wir tun sollen und haben den Rettungsdienst alarmiert“, erinnert sich Melanie Frühholz. Dann hieß es warten, denn der Rettungswagen musste aus der Nähe von Dießen nach Wessobrunn fahren. Es habe sich dann herausgestellt, dass die Tochter nichts Schlimmes hatte. Zwei Wochen zuvor sah das anders aus. Da hatte eine Nachbarin einen Schlaganfall erlitten. Ein Notfall, bei dem jede Sekunde zählt ...
Beim Notfall zählt jede Sekunde
Frühholz arbeitet als Krankenschwester auf der Intensivstation im Weilheimer Krankenhaus und erlebt dort fast täglich, wie wichtig es ist, dass Patienten bei bestimmten medizinischen Notfällen schnell erstversorgt werden. Gleichzeitig sei ein immer größeres Gebiet durch den Rettungsdienst abzudecken. „Nachdem das mit meiner Tochter war, bin ich auf die Idee gekommen, einen ,Helfer vor Ort’ zu installieren“, sagt Melanie Frühholz: „Bei uns ist es von der Hilfsfrist her schlimm.“ Wessobrunn liege eben am Ende des Landkreises.
Sie hat sich ans Bayerische Rote Kreuz (BRK) gewandt. Dort stieß ihre Idee auf offene Ohren: „Es ist ein großer Vorteil für die Patienten, einen ,Helfer vor Ort’ zu haben“, sagt Michael Limbrunner, der stellvertretende Kreisgeschäftsführer und Leiter des Rettungsdienstes beim BRK. Er sagte zu, die Idee zu unterstützen, damit in Wessobrunn bald ein „Helfer vor Ort“ (HvO) stationiert werden kann. Das BRK übernimmt die Ausbildungen für die Ersthelfer und stellt dann das Fahrzeug samt Ausrüstung und Kleidung. „Helfer vor Ort“ benötigen eine siebentägige Grundausbildung, die sie mit einer Prüfung abschließen, müssen einen Fachlehrgang im Sanitätsdienst von vier Tagen absolvieren und werden einen Tag lang in den Digitalfunk eingewiesen.
15 Mitstreiter sind schon gefunden
Melanie Frühholz machte sich auf die Suche nach Mitstreitern, die bereit sind, diesen ehrenamtlichen Einsatz zu leisten – und ist inzwischen fündig geworden: „Es ist mir gelungen, 15 Leute zu finden, die mitmachen“, erzählt sie. Dabei hatte sie das besondere Glück, dass einige der Freiwilligen ihre Arbeitskollegen im Krankenhaus sind und eine große medizinische Vorbildung besitzen: „Fünf Leute arbeiten in der Notaufnahme und auf der Intensivstation im Weilheimer Krankenhaus“, sagt Melanie Frühholz: „Für mich als Leiterin ist das natürlich super.“ Das Krankenhaus unterstützt die HvOs und begrüßt auch, dass es nun bald einen weiteren Standort gibt. Denn, wenn die medizinische Erstversorgung schnell und kompetent erfolge, dann wirke sich das positiv auf den weiteren Verlauf der Genesung aus.
„Wir leisten erweiterte Erste Hilfe, aber wir sind nicht der Rettungsdienst“, sagt Melanie Frühholz. Der HvO-Wagen ist unter anderem ausgestattet mit einem Blutdruck-Messgerät, einem Defibrillator und mit einer Tasche für Kindernotfälle. Neben der Aufgabe, beim Patienten Erste Hilfe zu leisten, könne der „Helfer vor Ort“ eine Rückmeldung an die Leitstelle geben, damit diese den Einsatz besser einschätzen und schnell die richtigen Schritte einläuten könne, sagt Melanie Frühholz.
Weitere Helfer werden gesucht
Auch wenn das Team inzwischen so groß ist, dass es starten könnte, werden noch weitere „Helfer vor Ort“ gesucht: „Wir sind rund um die Uhr im Einsatz“, sagt die HvO-Leiterin. Mit 15 Helfern treffe es jeden von ihnen voraussichtlich – so die Erfahrung in anderen Gemeinden dieser Größe – mit drei bis vier Einsätzen pro Monat. „Und es wird Einsätze geben, nach denen wir eine Pause brauchen.“ Deswegen sei es wichtig, noch ein paar Mitstreiter zu finden.
Auch wenn diese eine medizinische Grundausbildung haben, sind sie kein Ersatz für den Rettungsdienst. „Die ,Helfer vor Ort’ sind eine ergänzende Einrichtung“, sagt Limbrunner. Der Landkreis leide bezüglich des Rettungsdienstes nicht unter Unterversorgung, dennoch seien die HvOs eine wichtige Unterstützung – insbesondere, wenn die Rettungswägen bei anderen Einsätzen unterwegs seien. Im Landkreis gibt es bereits fünf HvOs des BRK und einen in Kooperation mit der Firma „Aerotech“ in Peißenberg. Die neuen „Helfer vor Ort“ werden zu Einsätzen in Wessobrunn, Haid, Schellschwang, Paterzell, Zellsee und Forst fahren, um bei medizinischen Notfällen die Erstversorgung zu übernehmen.