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Wolfratshausen: Musikalischer Benefiz-Abend im Badehaus erinnert an Frauenschicksale

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Von: Peter Herrmann

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Badehaus-Vorsitzende Sybille Krafft
An das Schicksal der ukrainischen Zwangsarbeiterin Anna Kubat erinnert Badehaus-Vorsitzende Sybille Krafft. © Peter Herrmann

Waldram – Eine stimmungsvolle Mischung aus Konzerten und Vorträgen erlebten 75 Gäste jüngst im Erinnerungsort am Kolpingplatz, den seit seiner Eröffnung im Oktober 2018 mittlerweile über 9.000 Menschen besucht haben.

Nach den aufmunternden Klängen des Duos „The Picking Project“ sprach Badehaus-Vorsitzende Dr. Sybille Krafft die traurige weltpolitische Aktualität an. „Dieser Abend ist allen Menschen in der Ukraine gewidmet, die gerade das Schlimmste durchmachen“, erklärte sie. Exemplarisch verwies die promovierte Historikerin auf das schwere Schicksal der ukrainischen Zwangsarbeiterin Anna Kubat, die während des Zweiten Weltkriegs in den damaligen Wolfratshauser Forst verschleppt wurde und später einen Aufenthalt im Vernichtungslager Ausschwitz überlebte.

„Es war ein scheußlicher Gedanke Vernichtungswaffen herzustellen, die sich gegen unsere Heimat richteten“, zitierte sie die einstige Föhrenwalderin.

Sepp Schwarzenbach hielt danach seine erste Begrüßungsansprache in seiner Funktion als neuer Kulturreferent der Stadt Wolfratshausen. „Frauen sind auch heute noch vielfältigen Gefahren ausgesetzt“, bemerkte der Wirt der Zeppelin-Bar. Schwarzenbach warnte eindringlich vor Vergewaltigungen nach Partyabenden oder K.o.-Tropfen in spendierten Getränken.

Nach einem erneuten musikalischen Intermezzo des „Picking Projects“ stellte Eva Greif das Leben ihrer Mutter Elisabeth vor. Die 1923 geborene Frau erledigte in den letzten Jahren des Zweiten Weltkriegs die Lohnbuchhaltung für Zwangsarbeiter im Lager Föhrenwald und zog Ende der 1950er-Jahre mit ihrer Familie in den neugegründeten Ortsteil Waldram.

„Mich faszinierte ihre Zuversicht“

Dass die dargestellten Frauen trotz zahlreicher Entbehrungen und Schicksalsschläge mitunter ein hohes Lebensalter erreicht haben, bewies Willemijn Petroff-van Gurp. Die Niederländerin musste nach KZ-Aufenthalten einst im Dachauer Außenlager der Agfa-Kamerawerke im Münchner Stadtteil Giesing Uhrwerke für Luftabwehrraketen anfertigen.

Um gegen die Arbeits- und Lebensbedingungen zu protestieren, organisierte sie mit anderen Agfa-Frauen einen Streik und riskierte damit ihr Leben. Badehaus-Vorstandsmitglied Emanuel Rüff durfte Petroff-van Gurp, die 2021 im Alter von 102 Jahren verstarb, noch persönlich kennenlernen. „Mich faszinierte ihre Zuversicht, ihr positives Wesen und ihr Mut, gegen den Krieg zu kämpfen“, erinnerte er sich.

Nicht minder eindrucksvoll waren die Vorträge von Birgit Brantl-Schwaiger, Dietfried Olbrich und Felicitas Hörl, die das Leben von Yetta Katz und Chava Weinberg sowie die Föhrenwalder Lagerköchin Irmentraud Wohlfahrt würdigten. Dazu passte der Schlussappell der Band „almost unplugged“, die das Publikum zum Mitsingen der einst von John Lennon komponierten Friedenshymne „Give peace a chance“ aufforderte.

Die kulinarische Versorgung gewährleistete ein Buffet, das der Lions Club Wolfratshausen-Geretsried zubereitet hatte. Der Erlös kommt dem Erinnerungsort Badehaus sowie den Kriegsopfern in der Ukraine zugute. Peter Herrmann

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