Geschichtswettbewerb des Bundespräsidenten: Gymnasiasten erhalten Förderpreis

Schüler des Gymnasiums Geretsried haben in ihrer Freizeit eine App entwickelt, mit der Jugendliche die Umgebung des Erinnerungsortes Badehaus in Waldram hautnah erleben können. Anerkennung gab es nun beim Geschichtswettbewerb des Bundespräsigenten
Geretsried/Waldram – Vera ist Zwangsarbeiterin. Die 15-Jährige kam aus der Ukraine ins Lager Föhrenwald. Jeden Tag fährt sie nach Geretsried, wo sie in den Rüstungsbetrieben mit Dynamit hantieren muss. Davon erzählt sie auf einer Reise ins Waldram zur Zeit des Nationalsozialismus. Elf Schülerinnen und zwei Schüler im Alter zwischen 15 und 17 Jahren des Geretsrieder Gymnasiums haben die Geschichte von Vera geschrieben und vertont. Ebenso wie die des jüdischen Mädchens Ester aus Polen und die des Heimatvertriebenen Josef.
Aus den Audio-Beiträgen soll eine App fürs Handy entstehen, mit der Jugendliche die historische Umgebung des Erinnerungsortes Badehaus erkunden können. Das Besondere: Das Projekt „Lager und Siedlung: Von Föhrenwald zu Waldram“ entstand vergangenes Schuljahr im Wahlkurs „Politik und Zeitgeschichte“ – also freiwillig in der Freizeit der Neunt- und Zehntklässler. Für ihr Engagement erhielten sie nun den bayerischen Förderpreis beim Geschichtswettbewerb des Bundespräsidenten, den die Hamburger Körber-Stiftung und das Bundespräsidialamt alle zwei Jahre vergeben.
Begleitet haben die Recherchen die Geschichtslehrerin Eva Greif, zugleich Schriftführerin im Verein „Bürger fürs Badehaus“, und der Referendar Alexander Heidenreich. Bei einem Pressegespräch am Dienstag sagte Schulleiter Christoph Strödecke, er sei fasziniert und beeindruckt, dass die Schüler das Thema um seiner selbst Willen und nicht für eine Note bearbeitet haben. „Ihr und Eure Lehrer seid ein Goldfund in meinem pädagogischen Leben“, erklärte Strödecke. Sie hätten gezeigt, dass Geschichte Spaß macht und einen soziokulturellen Beitrag geleistet.
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Einmal pro Woche trafen sich die Jugendlichen in der Mittagspause, dazu kamen Besichtigungen im Museum und das Texten am heimischen Schreibtisch. Die Zeit sei gut investiert gewesen, sagte Schülerin Nina. „Wir haben etwas erarbeitet, das hält.“ Angetrieben hat die Jugendlichen ihr Interesse an Geschichte. „Im Unterricht lernen wir, was in Deutschland passiert ist, aber ich wollte auch erfahren, was hier vor Ort passiert ist“, erklärte Frederike. Ihre Schulkameradin Loreen hat darüber hinaus noch mehr über ihre eigene Familiengeschichte erfahren. Sie befragte ihren 94-jährigen Uropa, der nach dem Zweiten Weltkrieg aus Ungarn nach Geretsried gekommen ist, und nutzte ihn als Vorlage für den Heimatvertriebenen Josef.
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Bis Jugendliche sich tatsächlich mithilfe einer App die fiktiven Geschichten von Vera, Ester und Josef erzählen lassen können, wird es allerdings noch eine Weile dauern. Eine Mutter bearbeitet derzeit die Tonaufnahmen, ein Vater, Informatiker von Beruf, hilft bei der technischen Umsetzung. Um die Kosten für die App decken zu können, hoffen Geschichtslehrerin Greif und Emanuel Rüff, Zweiter Vorsitzender im Badehaus-Verein, auf die Unterstützung von Sponsoren.
sw