Angespannte Haushaltslage trotz Geldsegen vom Freistaat

Die Stadt Geretsried bekommt mehr Schlüsselzuweisung als erwartet. Trotzdem reicht es nur dank Rücklagen, die Ausgaben im Jahr 2023 zu decken.
Geretsried – An den Toten-Hosen-Song „Alles wie immer“ fühlte sich Patrik Kohlert (Geretsrieder Liste) durch den Haushaltsplan für 2023 erinnert. Hans Hopfner (SPD) zog Vergleiche zum Leitspruch „same procedure as every year“ aus dem Silvester-Klassiker „Dinner for one“. Wie in den Vorjahren kann Geretsried einen ausgeglichenen Haushalt vorlegen. Möglich ist das allerdings nur dank Rücklagen.
Haushaltsplan 2023 in Geretsried nur dank Rücklagen ausgeglichen
Der Haupt- und Finanzausschuss hatte die Haushaltsdebatte ob der schwieriger werdenden Finanzlage bereits im Oktober eröffnet (wir berichteten). Nachdem die Verwaltung eine beschlossene Mehrung von rund 137 auf 141 Stellen im Rathaus eingearbeitet hatte, war das Zahlenwerk eigentlich beschlussreif. Doch dann kam ein unverhoffter Geldsegen aus München: Geretsried bekommt fast 1,5 Millionen Euro mehr an Schlüsselzuweisungen als erwartet, also finanzielle Unterstützung durch den Freistaat. „Das hat den Plan entlastet“, berichtete Helge Balbiani-Antony, Leiter der Verwaltungsabteilung, der den fertigen Haushaltsplan in der Stadtratssitzung am Dienstag vorlegte. Allerdings gibt es ein Aber: „Mehr Schlüsselzuweisungen bededeuten mehr Kreisumlage im Folgejahr.“
Unterm Strich werden die Einnahmen der Stadt in diesem Jahr nicht reichen, um die Ausgaben komplett zu decken. Im Ergebnishaushalt – Geretsried hat bereits vor Jahren auf die doppelte Haushaltsführung umgestellt, die im Gegensatz zur Kameralistik Vermögenswerte berücksichtigt – fehlen Ende 2023 wohl 3,9 Millionen Euro. Im Finanzhaushalt bleibt ein Fehlbetrag von fünf Millionen Euro. Mit einem neuen Kredit rechnet Balbiani dennoch nicht. Im Gegensatz: Es soll weiter getilgt werden (1,4 Millionen Euro). Durch den negativen Saldo gehen die Liquiditätsreserven von 15,3 Millionen Euro im Vorjahr auf 10,3 Millionen Euro zurück.
„Aus meiner Sicht haben wir das Beste aus der Situation gemacht“
Bürgermeister Michael Müller (CSU) sprach von einem „ausgewogenen Haushalt“. Die Finanzlage der Stadt verschlechtere sich, dennoch gebe es in keinem Bereich Radikalkürzungen, sondern eine Balance von Pflichtaufgaben und freiwilligen Leistungen. „Wir können die freiwilligen Leistungen nicht einfach streichen“, mahnte er. Sie bedeuteten Lebensqualität. „Aus meiner Sicht haben wir das Beste aus der Situation gemacht“, so der Rathauschef. Er betonte aber auch einmal mehr: „Wir haben keinen Spielraum für weitere Aufgaben.“
Zustimmung kam vom Dritten Bürgermeister Gerhard Meinl (CSU). Der Haushalt sei daraufhin zu prüfen, ob er dem Steuerzahler Respekt erweise und ob er auch nachfolgende Generationen nicht in ihrer Leistungsfähigkeit schwäche. Beides sei gegeben. „Es ist ein gerechter Haushalt“, befand Meinl. Weiter stellte er mit Blick auf die Kreisumlage in den Raum, ob bei einem Hebesatz von über 50 Prozent noch die kommunale Selbstverwaltung gewährleistet sei. „Auch der Landkreis darf einmal an Konsolidierung denken“, so der Dritte Bürgermeister. Darüber hinaus forderte er, im Haushalt Risiken einzupreisen.
Geretsrieder Liste bemängelt Antworten auf Fragen zum Haushalt
Kritische Anmerkungen kamen von der Geretsrieder Liste. Die Fraktion hatte einen umfangreichen Fragenkatalog zu einzelnen Haushaltsstellen eingereicht. Da Müller in der Stadtratssitzung lediglich die Verwendung von 282 000 Euro für die Öffentlichkeitsarbeit in verschiedenen Bereichen aufgeschlüsselt hatte, warf ihm Fraktionssprecher Patrik Kohlert vor, dass die Vorschläge zum Einsparpotenzial zum wiederholten Male unberücksichtigt blieben. „Es ist alles wie immer“, zitierte er die Düsseldorfer Punkrock-Band.
Der Rathauschef wies die Vorwürfe entschieden zurück und verwies darauf, dass die Kostensteigerung für die Planung der B11-Verlegung an den Schwaigwaller Hang öffentlich im Haupt- und Finanzausschuss aufgeschlüsselt worden waren. Dort hatte er auch die Ausgaben für Beratungsleistungen ausführlich dargestellt. Darüber hinaus merkte Müller zu den Eingaben der Geretsrieder Liste an, dass der Rückbau der Provisorien an der Rathauskreuzung immer eingeplant gewesen und das Aufstellen von Bücherschränken eine Anregung der GIP (Geretsrieder Initiativ-Plattform) sei. „Wenn Sie diese Ideen für sich reklamieren wollen, tun Sie das gerne.“
Weniger Zuschuss für Trägerverein Jugend- und Sozialarbeit Geretsried: Kritik von SPD-Stadträtin
Die übrigen Fraktionssprecher meldeten sich friedlicher zu Wort. „Wir haben hier einen zukunftsfähigen Haushalt, der auf soliden Füßen steht“, lobte Heiko Hawla (Freie Wähler) die Arbeit der Verwaltung. Nach der Corona-Pandemie habe man gesehen, dass die Wirtschaft stark genug sei, so eine Krise zu meistern. Er sei überzeugt, dass dies auch bei den kriegsbedingten Folgen gelinge. „Wir sollten der Zukunft mit dem nötigen Optimismus entgegenschauen“, so Heiko Hawla.
Hans Hopfner (SPD) verwies auf das gewohnte Verfahren, dass der Haushalt die Stadtratsbeschlüsse der vergangenen Jahre abbilde. Insofern werde nichts gestrichen, sondern höchstens verschoben, wie das Bürgerhaus in Stein. Das Gremium hatte den geplanten Neubau im Vorjahr aus Kostengründen auf den Finanzplanungszeitraum 2026 bis 2029 gelegt. Eigentlich hätte es heuer losgehen sollen. „Wir müssen unsere Schulen machen und Kinderbetreuungseinrichtungen bauen“, betonte er. Gleichwohl seien die freiwilligen Leistungen für die Bürger „das Salz in der Suppe“.
Beate Paulerberg (Grüne) fasste sich kurz, weil schon alles gesagt worden sei. „Wir werden zustimmen.“ Der Stadtrat beschloss den Haushalt bei drei Gegenstimmen (Arthur Wolfseher, Wolfgang Werner und Kerstin Halba, alle SPD). Halba erklärte das mit Kürzungen bei den Zuschüssen für den Trägerverein Jugend- und Sozialarbeit Geretsried, dem sie vorsitzt. Beziffert wurden diese nicht. „Wir sind in Gesprächen mit der Stadt und hoffen, das wieder auf ein normales Gleis zu bringen.“
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