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30 Jahre Christophorus Hospizverein - „Ohne Ehrenamtliche würden wir nicht funktionieren“

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Von: Franziska Konrad

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Blick in 30 Jahre gesammelte Geschichte des Hospizvereins: (v. li.) Patricia Vogl, Walter Obinger und Gründungsmitglied Emilie Galli. Ohne die       Ehrenamtlichen würden wir nicht funktionieren. Vorstandsmitglied Walter Obinger
Blick in 30 Jahre gesammelte Geschichte des Hospizvereins: (v. li.) Patricia Vogl, Walter Obinger und Gründungsmitglied Emilie Galli. Ohne die       Ehrenamtlichen würden wir nicht funktionieren. Vorstandsmitglied Walter Obinger © Sabine Hermsdorf-Hiss

Seit 30 Jahre gibt es den Christophorus Hospizverein im Landkreis Bad Tölz-Wolfratshausen. Der Vorstand blickt auf einige positive Entwicklungen zurück.

Bad Tölz-Wolfratshausen – „Den Tagen mehr Leben geben“, unter diesem Leitspruch kümmert sich der Christophorus Hospizverein Bad Tölz-Wolfratshausen seit 30 Jahren um Todkranke. Sein Ziel: Diesen Menschen ihre letzte Zeit so lebenswert und menschenwürdig wie möglich zu gestalten. Zum runden Geburtstag haben sich die Vorstandsmitglieder Walter Obinger (70) und Patricia Vogl (57) mit Gründungsmitglied Emilie Galli (72) zusammengesetzt und die vergangenen Jahrzehnte Revue passieren lassen.

30 Jahre Christophorus Hospizverein: „Ohne Ehrenamtliche würden wir nicht funktionieren“

Alles begann Anfang der 1990er Jahre, mit einem Vortrag in Bad Tölz: „Eine Referentin zeigte Bilder aus wunderbaren Hospiz-Einrichtungen in England und Amerika“, erinnert Galli sich. Ein Lächeln breitet sich auf ihrem Gesicht aus. Zu sehen, dass Schwerstkranke etwa in Wintergärten geschoben wurden – mit Blick in die Natur – berührte und inspirierte die Tölzerin. „So viel Freiheit und Leben um die letzte Lebensphase, das hab’ ich bisher nicht gekannt.“

Im Landkreis Bad Tölz-Wolfratshausen spielte Hospizbegleitung damals noch keine Rolle. Galli wollte das ändern: Gemeinsam mit 21 Gleichgesinnten gründet sie circa ein Jahr später, am 12. Mai 1993, den Christophorus Hospizverein, einen der ersten dieser Art im Süden Münchens. Das Thema lag laut Obinger „irgendwie in der Luft. Zeitnah mit uns sind eine Reihe solcher Vereine gegründet worden. Die Zeit war reif.“

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Heute besteht die Vereinigung aus 319 Mitgliedern, darunter 57 Ehrenamtliche. Der Eglinger wird nicht müde zu betonen: Genau diese bilden das Herzstück des Vereins, „ohne sie würden wir nicht funktionieren“.

Alle zwei Jahre bildet der Verein Hospizbegleiter aus. Das Alter der Ehrenamtlichen? Querbeet. „In unserem letzten Kurs war der Jüngste 30, der Älteste um die 60.“ Vogl beobachtet jedoch, dass die Teilnehmer „im Schnitt immer jünger werden“. Warum? „Das Sterben ist inzwischen ein größeres Thema in unserer Gesellschaft geworden“, erklärt die Wolfratshauserin. Gerade die jüngere Generation habe mittlerweile erkannt, „dass der Tod auch zum Leben gehört“.

30 Jahre Hospizverein: „Sterben ist inzwischen ein größeres Thema in unserer Gesellschaft“

Abgesehen davon habe sich in den vergangenen Jahrzehnten generell „eine ganze Menge verändert“. Laut Vogl haben sich die Möglichkeiten für Schwerstkranke „deutlich verbessert. Früher gab es ja nicht mal eine Palliativabteilung im Krankenhaus.“ Außerdem trauen sich Familien heute eher zu, Patienten daheim zu betreuen.

Wenn jemand die kostenlose Unterstützung von einem Hospizbegleiter in Anspruch nehmen möchte, ist der Ablauf immer derselbe: Als ersten Schritt nimmt eine Koordinatorin in der Geschäftsstelle am Neuen Platz in Geretsried die Anrufe entgegen. „Sie hört den Angehörigen zu, fährt zu den Familien und verschafft sich einen Überblick“, erklärt Vogl. Anschließend wählt die Koordinatorin für den Todkranken einen passenden Hospizbegleiter aus.

Doch der Christophorus Hospizverein hat noch weitere Standbeine (siehe Kasten), wie einen „Letzte-Hilfe-Kurs“, Trauerbegleitung oder die Organisation von Vorträgen – zum Beispiel zum Thema Sterbehilfe. In diesem Punkt vertritt der Verein eine klare Meinung: „Wir werden keine aktive Sterbehilfe leisten“, unterstreicht Obinger.

Christophorus Hospizverein: „Werden keine aktive Sterbehilfe leisten“

Stattdessen wolle man den Todkranken „bis zum letzten Tag Lebensqualität schenken“. In die Tat umgesetzt kann das ganz unterschiedlich aussehen: „Manchmal sitzt man da und hört zu“, berichtet Vogl. Auch sie ist seit zehn Jahren Hospizbegleiterin. Ein anderes Mal reiche es aus, einfach da zu sein und die Hand zu halten. „Wir nehmen den Schwerstkranken so, wie er ist, sind für ihn da und begleiten ihn dabei zu gehen.“

Wir nehmen den Schwerstkranken so, wie er ist, sind für ihn da und begleiten ihn dabei zu gehen.

Patricia Vogl, Vorstand und Hospizbegleiterin im Christophorus Hospizverein

Manchmal bleiben auch besondere Erinnerungen. „Einmal bin ich mit einer Schwerkranken an einen Platz gefahren, an den sie noch einmal hinwollte“, erzählt Galli. Details nennt sie nicht. Im Verein gilt die Schweigepflicht. Ein Gedanke, der die Vereinigung „immer wieder beschäftigt“, ist ein eigenes Hospiz im Landkreis. „Aber hier ist halt immer die Frage: Wie kann man das realisieren?“, betont Obinger. Unter anderem brauche es einen Träger, der „das Ganze übernimmt“. Er gesteht: „Aktuell haben wir kein heißes Eisen im Feuer.“ Eines zu schmieden, das gelingt dem Verein möglicherweise in den nächsten 30 Jahren. (kof)

Angebote des Christophorus Hospizvereins

Neben der Hospizbegleitung hat der Christophorus Hospizverein eine breite Palette an Angeboten im Programm.

Trauerbegleitung für Angehörige: Wer um einen nahe stehenden Menschen trauert, kann sich in einer Trauergruppe von Ende März bis Mitte Juli im Hospizverein treffen. Ein Termin für eine Trauerwanderung wird bald veröffentlicht. Außerdem gibt es in Bad Tölz ein Trauercafé und eine Trauergruppe in Waldram.

Vortrag über Patientenverfügung und Vorsorgevollmacht: Ein neuer Termin für den Vortrag wird demnächst bekannt gegeben. In der Patientenverfügung kann man vorab selbst über das Ob und Wie medizinischer Maßnahmen entscheiden.

Letzte-Hilfe-Kurs: Hier erfahren die Teilnehmer das Wichtigste über den Tod und wie sie Sterbenden beistehen können. Eine Anmeldung ist erforderlich, die Teilnehmeranzahl begrenzt. Weitere Infos gibt es unter www.christophorus-hospizverein.de

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