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Tiefkühlpizzen von Gustavo Gusto: Die Corona-Gewinner aus Bayern

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Von: Marc Beyer

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Corona-Gewinner Christoph Schramm beim Essen seiner erfolgreichen Gustavo Gusto Tiefkühlpizza.
Corona-Gewinner Christoph Schramm beim Essen seiner erfolgreichen Gustavo Gusto Tiefkühlpizza. © Gustavo Gusto

Die Pandemie hat für viele Branchen schlimme Härten gebracht, aber einige profitieren auch. Darunter ein außergewöhnlicher Tiefkühl-Pizza-Hersteller aus Geretsried.

Geretsried - Jeder Lockdown hat seine Härten, das hat sogar Christoph Schramm erfahren müssen. Im Frühjahr, beim ersten Mal, kam er nicht mehr rechtzeitig zum Friseur, bis zum nächsten Termin vergingen Monate. Als zuletzt neue Beschränkungen bekannt wurden, kümmerte sich Schramm deshalb noch schnell um einen Termin. Die Wochen vor Weihnachten waren eh schon hektisch, aber dafür musste Zeit sein.

Alle Entwicklungen zum aktuellen Corona-Lockdown in Bayern gibt es hier.

Natürlich weiß er, dass das ein Luxusproblem ist, und Schramm, 42, will sich auch gar nicht beschweren. Im Gegenteil. Wirtschaftlich ist er bisher ziemlich gut durch die Pandemie gekommen, und das wird aller Voraussicht nach auch so bleiben. Die Leute können vielleicht nicht mehr essen gehen, sie dürfen nicht ins Stadion oder ihre Kinder zur Schule bringen, auch Kneipe und Museum sind tabu, aber was sie definitiv dürfen: Zuhause bleiben und Pizza essen. 

Pizza Gustavo Gusto aus Geretsried: 110.000 Pizzen täglich

Schramm und seine Mitstreiter haben in den letzten sechs Jahren ein Unternehmen großgezogen, das mittlerweile buchstäblich in aller Munde ist. Die Marke Gustavo Gusto ist auf dem Markt der Tiefkühlpizzen so erfolgreich, dass das Deutsche Tiefkühlinstitut, der Dachverband, anerkennend von einem „frischen Wind“ spricht, der die Szene durchgewirbelt habe. „Erfreulicherweise entwickelt sich die Branche immer weiter“, sagt Geschäftsführerin Sabine Eichner.

Gustavo Gusto, dem Aufsteiger aus Geretsried, würde es auch ohne Corona gut gehen, doch die Pandemie und ihreKonsequenzen haben die Nachfrage zusätzlich hochgetrieben. Aktuell gleiten täglich 110.000 Pizzen durch die Steinöfen, vor Corona war es noch knapp die Hälfte. Für Schramm könnten es gerne auch mehr sein, aber „wir sind relativ nah an den Produktionsgrenzen“. Aktuell ist deshalb ein zweites Werk in Thüringen in Planung, das Anfang 2022 den Betrieb aufnehmen soll. Die Zahl von 330 Mitarbeitern wird auch nur eine Momentaufnahme bleiben.

Gustavo Gusto: Höhepunkt der Erfolgsgeschichte

Das ist der vorläufige Höhepunkt einer Geschichte, die damit begann, dass Schramm sich 2014 eine grundsätzliche Frage stellte: „Muss das sein, dass eine Tiefkühlpizza so schmeckt, wie sie schmeckt, und so aussieht, wie sie aussieht?“ Innen nicht selten matschig, außen tendenziell trocken. Er hat dann viel experimentiert und einige Dinge radikal neu gedacht, jedenfalls nach den Maßstäben der Tiefkühlpizzabranche. Der Teig seiner Rundlinge reift länger und wird von Hand ausgebreitet, auf Triebmittel und Geschmacksverstärker wurde von Anfang an verzichtet, das Backen in Blechen ist verpönt, der Steinofen Standard. Die Größe von 30 Zentimetern Durchmesser entspricht der beim Italiener nebenan. Dass das Ganze in witzig-frech bedruckten Kartons verpackt wurde („Wir nehmen nur Mozzarella, alles andere ist Käse“), hat der Aufmerksamkeit auch nicht geschadet. Den Preis von knapp vier Euro, gut einen Euro mehr als die (weniger ausladende)Konkurrenz, zahlen die Leute anstandslos.

Nach zwei Jahren Anlauf hatte Gustavo Gusto einen Vertrag mit dem Handelsriesen Rewe, der ein Jahr lang die Pizza exklusiv vertreiben durfte. Mittlerweile stehen die Geretsrieder bundesweit sowie in Österreich und der Schweiz in den Kühlregalen. Der Marktanteil in Deutschland liegt bei acht Prozent. Bei näherer Betrachtung – und ein paar Bissen – ist der Aufstieg gar nicht so überraschend. Aus dem Ofen kommt eine Pizza, die auffallend saftig und am Rand spektakulär knusprig ist. Würde man sein Produkt und ein frisches aus dem Ristorante unter gleichen Bedingungen im Steinofen backen, Christoph Schramm ist sich fast sicher: Die tiefgekühlte Version wäre „ein Stück besser“.

Pizza Gustavo Gusto: Alles begann mit einer Pizzeria in Passau

Als guter Kaufmann muss er das wohl so sagen, aber Schramm ist in dieser Frage trotzdem unparteiisch, zumindest ein bisschen. Auch der Gastronomie ist er immer noch eng verbunden. Begonnen hat er 2003 mit einer Pizzeria, die er während des BWL-Studiums in Passau aufzog – direkt gegenüber der Uni. Zwei von zwischenzeitlich drei Läden hat er mittlerweile wieder verkauft, nur das Stammhaus besitzt er noch. Was es heißt, jeden Tag aufs Neue die Kunden überzeugen zu müssen, das weiß er bis heute. Und darum hat er im Frühjahr auch öffentlich davon abgeraten, sein Produkt zu kaufen.

„Esst weniger Tiefkühlpizza“, appellierte Gustavo Gusto, als die Restaurants zum ersten Mal unter dem Lockdown ächzten. Während das Unternehmen an einem Punkt angelangt war, wo es die Kapazitäten kaum noch steigern konnte, spürte der Italiener ums Eck die Pandemie mit voller Wucht. Gerade die kleinen Gastronomiebetriebe hätten sich damals schwergetan, erinnert Schramm, und sie tun es heute wieder. „Das trifft sie knüppelhart. Ich befürchte Schlimmstes.“ Er geht schließlich immer noch gerne essen und das nicht nur, um Trends und Konkurrenz im Auge zu behalten.

Gustavo Gusto: Auch Pizza-Höhenflieger spürt Corona-Folgen

Auch bei Gustavo Gusto haben sie ihre Corona-Härten. Die Schichten in der Produktion mussten entzerrt werden, die Hygiene-Standards sind streng. Aber insgesamt, weiß Schramm, sind das Maßnahmen, die man verkraften kann: „Uns ging es gut und uns geht es gut.“Kürzlich hat er unter dem Titel „Lokalrunde“ eine Solidaritätsaktion gestartet, diesmal gemeinsam mit sechs anderen Lebensmittelmarken, darunter Ritter Sport und Rügenwalder Mühle. Sie regten an, das Geld, das in normalen Zeiten in Weihnachtsfeiern geflossen wäre, der Gastronomie zu spenden. Viel zu feiern gibt es gerade eh nicht. Jedenfalls in den meisten anderen Branchen.

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