Geretsried – Der in Jerusalem lebende Jude Arie Rosen ist nach Deutschland gekommen, um bei der Jugend das Verständnis für seine Religion und Kultur zu fördern. Gestern sprach er vor Schülern des Geretsrieder Gymnasiums.
Rosen arbeitet seit acht Jahren für die Agentur „Kulturelle Begegnungen“. Seine Mutter ist Lea Fleischmann, die deutsch-israelische Autorin. Sie wuchs nach dem Zweiten Weltkrieg im Lager Föhrenwald für Displaced Persons auf. Zufällig wohnt ihr Sohn während seines Deutschland-Aufenthalts im früheren Haus seiner Mutter, das jetzt der Familie Henschelchen gehört. Gestern Nachmittag besichtigte er auch das ehemalige Badehaus von Waldram.
Der jüdische Sabbat
Den Kontakt zum Gymnasium hatte die Geschichtslehrerin Eva Greif hergestellt. In der neunten Klasse behandeln die Schüler im Religionsunterricht die verschiedenen Weltreligionen. Den Schwerpunkt seines Vortrags legte Arien Rosen auf den jüdischen Sabbat. An diesem siebten Wochentag lassen die gläubigen Juden die Arbeit ruhen, so wie Gott nach der Schöpfung ruhte. Sie benutzen keine Handys, lassen den Fernseher ausgeschaltet und das Auto stehen, kochen nicht und treiben keinen Sport. Nicht einmal an Arbeit denken sollen sie am Sabbat. „Wenn Ihr am nächsten Tag eine Schulaufgabe schreiben würdet, dürftet Ihr Euch nicht darauf vorbereiten“, erklärte der Referent. Er beschrieb ausführlich die Zeremonien des Sabbat, vom Morgengottesdienst über den kirchlichen Segen Kiddusch und das festliche Familienessen bei Kerzenschein bis zum Ende des Tags, das die ersten drei Sterne am Himmel ankündigen. Wie fremd den Schülern dieser Brauch ist, der der christlichen Sonntagsruhe eigentlich ähnelt, zeigte sich an ihren vielen Fragen.
Bestraft Gott?
Ob Gott einen bestrafe, wenn man gegen die Regel des Sabbat verstoße, wollte ein Bub wissen. Rosen verneinte. Man könne mal mehr, mal weniger streng nach der Tora, der hebräischen Bibel, leben. Ein anderer Bub wollte wissen, ob Ärzte am Ruhetag arbeiten und ob die Bauern ihre Kühe füttern dürften. Ja, antwortete Rosen. Alle lebensnotwendigen Aufgaben dürften verrichtet werden.
In jeder Kultur und Religion
Der jüdische Gast warb dafür, dass man in jeder Kultur und Religion einen Tag lang innehalten und sich auf das Wesentliche besinnen sollte. Er erzählte, wie schön es sei, wenn in Jerusalems Ben-Jehuda-Straße am Samstag keine Autos fahren und die Menschen auf der Straße spazieren gehen. Seine Mutter Lea Fleischmann hat ein Buch über den Sabbat geschrieben, in dem sie unter anderem die ökologischen Vorteile des Ruhetags preist.
Tanja Lühr