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Die neue Herrin der Starnberger Fische: Christine Just führt Familientradition fort

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Ammerlander Fischmeisterin Christine Just
Führt die Familientradition fort: Die Ammerlanderin Christine Just (36) ist frisch gebackene Fischwirtschaftsmeisterin. Nachhaltigkeit wird bei Ausbildung groß geschrieben Sohn Moritz (4) zeigt bereits Interesse © Sabine Hermsdorf-Hiss

Christine Just (36) ist neue Fischwirtschaftsmeisterin am Starnberger See. Eine exklusive Familientradition, an der schon ihr vierjähriger Sohn Interesse zeigt.

Ammerland – Der Starnberger See hat eine neue Fischwirtschaftsmeisterin. Christina Just vom „Fischermichel“ in Ammerland hat kürzlich die Meisterprüfung bestanden. Damit ist der Fortbestand der Fischerei in der Familie gewährleistet. Denn das Fischereirecht kann seit Urzeiten nur von den Eltern auf die Kinder übertragen werden.

Die neue Herrin der Starnberger Fische: Christine Just führt Familientradition fort

Aktuell gibt es 34 Berufsfischer rund um den See. Die wenigsten können vom Fischfang und der Vermarktung der Renken, Saiblinge, Forellen, Karpfen, Zandern, Waller, Hechte und Aale alleine leben. Sie haben weitere Standbeine wie Ferienwohnungen, Campingplätze und/oder Boots- sowie Stand-Up-Paddling-Verleihe. So auch Maria und Claus Just vom Fischermichel-Hof. Ihre Tochter Christina (36) ist zwar mit der Fischerei und dem kleinen Kiosk an der Südlichen Seestraße aufgewachsen und hat die Ausbildung zur Fischwirtin absolviert.

Die 36-Jährige arbeitet aber auch noch als Event-Managerin. Neben dem Job, der Mitarbeit auf dem Hof, dem Umzug in ein eigenes Haus auf dem Grundstück – das alles mit vierjährigem Sohn und schwanger –, hat die Ammerlanderin jetzt zudem noch die Meisterprüfung bewältigt. „Ich wollte damit einfach nicht warten, bis meine Eltern die Fischerei einmal nicht mehr betreiben können“, sagt sie. Und: „Noch bin ich relativ jung, so dass mir das Lernen leicht fällt.“

Viel Theorie, Recht und Betriebswirtschaft: Weg bis zum Fischwirtschaftsmeister ist lang

Zu lernen gibt es jede Menge für den Meisterbrief. Der Prüfung geht eine zweijährige Ausbildung am Institut für Fischerei der Bayerischen Landesanstalt für Landwirtschaft in Starnberg voraus. Dorthin kommen Berufsfischer vom Chiemsee, Ammersee, Tegernsee und vom Starnberger See. In Fortbildungsblöcken lernen die Teilnehmer nicht nur alles über die Seen- und Flussfischerei, sondern auch über die Forellen- und Karpfenteichwirtschaft.

Sie werden fit gemacht in Betriebswirtschaft, Rechnungswesen und Finanzierung sowie in Mitarbeiterführung. Zum praktischen Bereich gehören das Flicken von Netzen, das Reparieren von Keschern sowie die Zubereitung von Fisch. Heutzutage werde sehr auf Nachhaltigkeit geachtet, sagt Christina Just im Gespräch mit unserer Zeitung. Vom Karpfen etwa könne nicht nur das Filet verwendet werden. Der Rest lasse sich wunderbar zu Fischfonds verarbeiten.

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Die Prüfungen finden immer im März statt. Im Theorieteil musste die Meisteranwärterin vom Starnberger See Fachaufsätze zu Gewässerkunde, Biologie und Fischvermarktung schreiben. Recht und Steuern wurden eigens abgefragt. Im Praxisteil fuhr Just mit zwei Prüfern auf den See hinaus, um dort Bodennetze zu setzen. Die künftigen Teichfischer müssen in einer Zucht ihr Können unter Beweis stellen. Nach dem mündlichen Test am sechsten Prüfungstag warteten alle Aspiranten gespannt auf die Verkündigung der Ergebnisse durch die Prüfungskommission. Die Ammerlanderin ist mit ihrem Notendurchschnitt von 2,8 zufrieden. Drei ihrer Mitbewerber fielen durch; sie können die Prüfung 2024 wiederholen.

Neue Fischwirtschaftsmeisterin: Im Mai ist der Saison-Beginn für den schönsten Beruf überhaupt

Mit der Meisterurkunde in der Hand startet Just gleich in die Saison. Diese beginnt je nach Wetter im Mai mit der Eröffnung des Kiosks und dem Bootsverleih. Zum Fischen fahren Christina Just und ihr Vater bereits seit April, dem Ende der Renken-Schonzeit, aufs Wasser. Am Montag setzen sie ihre Netze, spätestens am Freitag holen sie sie ein. „Im Moment fangen wir etwa 30 Fische. Im Sommer können es dann schon mal 100 sein.“ Obwohl es in dem kleinen Münsinger Ortsteil Ammerland gleich vier Berufsfischer gebe, hätten alle ihr Auskommen. „Wir unterstützen uns gegenseitig. Es gibt da keine Konkurrenz“, sagt die Fischermichel-Juniorchefin. Für sie sei der Beruf in und mit der Natur einer der schönsten überhaupt. Fisch würden sie und ihr Partner für ihr Leben gerne essen, weil er sich auf so viele unterschiedliche Arten zubereiten lasse.

Ihre Erfahrungen als Event-Managerin kann die 36-Jährige perfekt in den Familienbetrieb einbringen. Der Fischermichel-Hof geht bis auf das 15. Jahrhundert zurück, war damals im Besitz der Öttls. Es folgten Jahrzehnte lang die Böcks und schließlich Maria und Claus Just. „Zum Glück kommen immer wieder Junge nach, so dass die Anzahl von 34 Fischern am Starnberger See relativ konstant bleibt“, sagt die frisch gebackene Fischwirtschaftsmeisterin.

Ihr vierjähriger Sohn Moritz zeigt bereits Interesse am Handwerk der Eltern und Großeltern. Um die nächste Generation muss man sich also keine Sorgen machen. TANJA LÜHR

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