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Historischer Verein
Medizingeschichte vorgestellt in einer Revue
Wolfratshausen - Die Medizingeschichte des Altlandkreises brachte der Historische Verein Wolfratshausen in einer bunten Revue auf die Bühne der Loisachhalle.
Manchmal bewirkt ein Blick in die Vergangenheit, dass man die Errungenschaften der Gegenwart besser zu schätzen lernt. Zumindest hinsichtlich des medizinischen Fortschritts dürfte es so sein, wie der Historische Verein Wolfratshausen in seinem neuen Buch „Ärzte, Hexen, Handaufleger“ beweist. Auf knapp 250 Seiten wird die Medizingeschichte im Isar-Loisachtal beleuchtet, die der Verein am Freitagabend in einer unterhaltsamen Revue auf die Bühne der Loisachhalle brachte. Wie bei allen bisherigen Veranstaltungen des Vereins war auch diesmal die Halle vollbesetzt.
Mit einer Fußtritt-Bohrmaschine, wie sie Zahnarzt Dr. Peter Schweiger auf der Bühne vorführte, möchte sich heute niemand mehr malträtieren lassen. Auch die Tipps aus einem medizinischen Ratgeber von 1727, die die ehemalige SPD-Stadträtin Christine Noisser als „Putzfrau“ weitergibt, klingen wenig vertrauenserweckend: Pfauenkot oder das Gehirn von 50 Sperlingen wird dort etwa gegen Schwindel empfohlen. Andere alte Arzneimittel können die moderne Medizin aber durchaus bereichern - wie etwa die Heilpflanzen, die Kräuterpädagogin Annemarie Baumgartner vorstellte. Die Wolfratshauser mussten dabei allerdings feststellen, dass die Mediziner vor 150 Jahren keine hohe Meinung von ihnen hatten. Im Physikatsbericht von 1862 bemängelte der königliche Gerichtsarzt alias Wiggerl Gollwitzer: Die Einwohner dieses Landgerichtsbezirks „fangen frühzeitig zu altern an, besonders das weibliche Geschlecht“, und „die Männer geben sich der Trunksucht hin; ... die Rauflust ist groß“. Damals lag die medizinische Versorgung überwiegend in den Händen von Badern, Barbieren und zweifelhaften Quacksalbern. Die Eröffnung des Wolfratshauser Krankenhauses mit studierten Ärzten stellte 1824 einen Meilenstein der medizinhistorischen Entwicklung der Region dar, erläuterte Kaija Voss, Mitautorin des Buchs.
Zeitzeugenberichte, Lesungen und Szenenspiele wurden in der Revue durch musikalische Darbietungen aufgelockert - allesamt mit medizinischem Hintergrund. Der Wolfratshauser Kinderchor sang das Lied vom „Doktor Eisenbart“, die Waldramer Sängerinnen übermittelten dreistimmig Gesundheitswünsche. Für klassischen Musikgenuss sorgten Sopranistin Dr. Birgit Schmidbauer und die „Ächten Ärzte“, ein eigens zu diesem Anlass formiertes Orchester aus Medizinern der Region. Als Revuegirls begeisterten die „Falschen Schwestern“, die sich als echte Lehrerinnen entpuppten. „Mehr als 80 Personen auf und hinter der Bühne“, so betonte Sybille Krafft, Vorsitzende des Historischen Vereins und Mitorganisatorin der Revue, „waren an den Vorbereitungen des Abendprogramms und des Buches beteiligt“. Ihr Wunsch: dass der Blick in die Vergangenheit mithilft, medizinhistorische Denkmäler wie das Alte Krankenhaus „auch in Zukunft zu schätzen und zu erhalten.“
Clara Wildenrath