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Benefizabend im Badehaus: Achterbahn der Gefühle

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Von: Peter Herrmann

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Eröffneten den Benefizabend mit Gitarrenmusik: Andreas Oberniedermayr (li.) und Clemens Baumgartner.
Eröffneten den Benefizabend mit Gitarrenmusik: Andreas Oberniedermayr (li.) und Clemens Baumgartner. © Hans Lippert

An einem Benefizabend im Waldramer Badehaus erinnern Künstler, Historiker und Lokalpolitiker an bewegende Schicksale., insbesondere von Frauen.

Waldram – Mit einer Coverversion des Dave-Brubeck-Klassikers „Take 5“ eröffneten die beiden Gitarristen Clemens Baumgartner und Dr. Andreas Oberniedermayr am Sonntag einen vierstündigen Benefizabend im „Wald der Erinnerung“. So nennt der Verein „Bürger fürs Badehaus Waldram-Föhrenwald“ seinen Veranstaltungsraum im Obergeschoss des Museums. Zwei Tage vor dem Weltfrauentag versammelten sich dort 75 Gäste – und erlebten eine Achterbahn der Gefühle.

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Nach den aufmunternden Klängen des Duos „The Picking Project“ sprach Badehaus-Vorsitzende Dr. Sybille Krafft die traurige weltpolitische Aktualität an. „Dieser Abend ist allen Menschen in der Ukraine gewidmet, die gerade das Schlimmste durchmachen“, erklärte sie. Exemplarisch verwies die promovierte Historikerin auf das schwere Schicksal der ukrainischen Zwangsarbeiterin Anna Kubat, die während des Zweiten Weltkriegs in den damaligen Wolfratshauser Forst verschleppt wurde und später einen Aufenthalt im Vernichtungslager Auschwitz überlebte. „Es war ein scheußlicher Gedanke, Vernichtungswaffen herzustellen, die sich gegen unsere Heimat richteten“, zitierte Krafft die einstige Föhrenwalderin.

Erste Ansprache als Kulturreferent: Sepp Schwarzenbach
Erste Ansprache als Kulturreferent: Sepp Schwarzenbach © Hans Lippert

Sepp Schwarzenbach hielt danach seine erste Begrüßungsansprache in seiner Funktion als neuer Kulturreferent des Stadtrats Wolfratshausen. „Frauen sind auch heute noch vielfältigen Gefahren ausgesetzt“, bemerkte der Wirt der Zeppelin-Bar. Schwarzenbach warnte eindringlich vor Vergewaltigungen nach Partyabenden und K.o.-Tropfen in spendierten Getränken.

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Nach einem musikalischen Intermezzo des „Picking Projects“ stellte Eva Greif das Leben ihrer Mutter Elisabeth vor. Die 1923 geborene Frau erledigte in den letzten Jahren des Zweiten Weltkriegs die Lohnbuchhaltung für Zwangsarbeiter im Lager Föhrenwald und zog Ende der 1950er-Jahre mit ihrer Familie in den neu gegründeten Ortsteil Waldram.

Dass die dargestellten Frauen trotz zahlreicher Entbehrungen und Schicksalsschläge mitunter ein hohes Lebensalter erreicht haben, bewies Willemijn Petroff-van Gurp. Die Niederländerin musste nach dem KZ im Dachauer Außenlager der Agfa-Kamerawerke im Münchner Stadtteil Giesing Uhrwerke für Luftabwehrraketen anfertigen. Um gegen die Arbeits- und Lebensbedingungen zu protestieren, organisierte sie mit anderen Agfa-Frauen einen Streik und riskierte damit ihr Leben. Badehaus-Vorstandsmitglied Emanuel Rüff durfte Petroff-van Gurp, die 2021 im Alter von 102 Jahren verstarb, persönlich kennenlernen. „Mich faszinierte ihre Zuversicht, ihr positives Wesen und ihr Mut, gegen den Krieg zu kämpfen“, erinnerte er sich.

Das Interesse an der Veranstaltung war groß: Coronabedingt waren im Erinnerungsort Badehaus nur 75 Gäste zugelassen. Die Eintrittskarten waren so schnell ausverkauft, dass eine Warteliste angelegt wurde.
Das Interesse an der Veranstaltung war groß: Coronabedingt waren im Erinnerungsort Badehaus nur 75 Gäste zugelassen. Die Eintrittskarten waren so schnell ausverkauft, dass eine Warteliste angelegt wurde. © Hans Lippert

Nicht minder eindrucksvoll waren die Vorträge von Birgit Brantl-Schwaiger, Dietfried Olbrich und Felicitas Hörl, die das Leben von Yetta Katz und Chava Weinberg sowie die Föhrenwalder Lagerköchin Irmentraud Wohlfahrt würdigten. Dazu passte der Schlussappell der Band „almost unplugged“, die das Publikum zum Mitsingen der einst von John Lennon komponierten Friedenshymne „Give peace a chance“ aufforderte. Die kulinarische Versorgung gewährleistete ein Buffet, das der Lions Club Wolfratshausen-Geretsried zubereitet hatte.

Einrucksvolle Vorträge

Bei all den Höhepunkten ging fast unter, dass der Vize-Vorsitzende Jonathan Coenen nach dem Vortrags- und Musikmarathon noch eine bemerkenswerte Zahl vermeldete: An diesem Abend erreichte das Badehaus die Marke von 9000 Besuchern seit der Eröffnung im Oktober 2018.

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