Bürgerversammlung: Das sind die Hausaufgaben für den Wolfratshauser Stadtrat

153 Wolfratshauser nutzten bei der Bürgerversammlung ihr Mitspracherecht: Der Stadtrat muss zwei Themen auf die Tagesordnung setzen.
Wolfratshausen – Von ihrem in der bayerischen Gemeindeordnung verankerten Mitspracherecht machten am Dienstagabend in der Loisachhalle zahlreiche Wolfratshauser Gebrauch. Genau 153 Frauen und Männer nahmen an der Bürgerversammlung teil – mit zwei konkreten Anliegen wird sich nun der Stadtrat binnen drei Monaten befassen müssen. Die Anträge des Klimabündnisses „WOR for Future“ fanden dagegen keine Mehrheit.
Bürgerversammlung: Das sind die Hausaufgaben für den Wolfratshauser Stadtrat
Zu Beginn der dreistündigen Veranstaltung ließ Bürgermeister Klaus Heilinglechner im Beisein von Landrat Josef Niedermaier die jüngsten Entscheidungen des Stadtrats Revue passieren. „Leider Gottes“, so der Rathauschef, habe sich die Kommune vom Surfwellen-Projekt verabschieden müssen (wir berichteten). Die Initiatoren Stefanie und Marcus Kastner hätten „eine Welle der Begeisterung in die Stadt getragen, die leider nicht bis zum Ende geritten werden konnte“. Der Stadtrat hatte kürzlich angesichts erneuter Kostensteigerungen – die Welle hätte zu diesem Zeitpunkt etwa 1,4 Millionen Euro gekostet – die Reißleine gezogen.
Untermarkt 10
Doch Heilinglechner hatte auch gute Nachrichten im Gepäck: Voraussichtlich seien die Sanierung und Erweiterung der denkmalgeschützten städtischen Immobilie am Untermarkt 10, die künftig eine Tourist-Info, ein Ladenlokal und das Museum der Flößerstadt beheimatet, „im Oktober“ abgeschlossen. Die Dienstleistungs GmbH der Städtischen Wohnungsbaugesellschaft (StäWo) begann im April 2020 mit den Arbeiten, die Investitionssumme beträgt 5,5 Millionen Euro. Davon abziehen kann Stadtkämmerer Peter Schöfmann zwei Millionen Euro Fördermittel.
Rathauscafé
Abgeschlossen sind laut Bürgermeister inzwischen die Umbauarbeiten am Rathauscafé, auch hier war die Dienstleistungs GmbH der StäWo federführend tätig. Die Immobilie ist bereits an die neuen Pächter, Michaela und Hans-Joachim Kunstmann, übergeben worden. Mit der Wiedereröffnung des Rathauscafés rechnet StäWo-Geschäftsführer Robert Alischer im Herbst dieses Jahres.
S-Bahn-Verlängerung
Extrem belastet, das betonte Heilinglechner, seien derzeit die Rathaus-Referate rund ums Thema Bauen, Planen und Gebäudemanagement. Aktuell laufen mehrere Bebauungsplanverfahren parallel, zudem werde das Parkraumkonzept überarbeitet. Mit Blick auf die geplante S-Bahn-Verlängerung nach Geretsried verwies Heilinglechner auf die jüngsten Presseberichte: Der bis dato anvisierte Baubeginn im Jahr 2024 sei „nicht haltbar“. Ob und wann der Gleisbau in Angriff genommen wird, könne er nicht sagen: „Der Baubeginn ist auf unbestimmte Zeit verschoben.“

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Mittelschule Waldram
Fest steht dagegen: Binnen drei Monaten muss sich der Stadtrat noch einmal mit dem vom Kulturausschuss beschlossenen Umzug der künftigen fünften Mittelschulklasse von Waldram an den Mittelschul-Standort am Hammerschmiedweg befassen. Die Entscheidung hatte bei vielen Waldramer Eltern Empörung ausgelöst. Die Initiative „Stark für unsere Kinder – die 5. Klasse der Waldramer Mittelschule bleibt bestehen“ sowie der Elternbeirat der Grund- und Mittelschule Waldram sammelten rund 1200 Unterschriften, die sie dem Bürgermeister als Ausdruck des Protests übergaben. In der jüngsten Stadtratssitzung hatten Heilinglechner, Schulrätin Ute Hübner, der Rektor der Hammerschmiedschule, Frank Schwesig (in Personalunion Koordinator des Mittelschulverbunds Isar-Loisach mit Wolfratshausen, Geretsried, Königsdorf und Dietramszell) sowie Fritz Meixner, Geschäftsführer des Kinder- und Jugendfördervereins Wolfratshausen, die Gründe für die beschlossene Zweizügigkeit am Schulstandort in der Innenstadt ausführlich erläutert. Widerstand gegen den 9:1-Beschluss des Fachausschusses regte sich in der Sitzung nicht.
Wir wollen die Mittelschule stärken.
Doch jetzt muss Bürgermeister Heilinglechner das Thema noch einmal auf die Tagesordnung der Bürgervertreter setzen. Diesen Antrag stellte in der Bürgerversammlung Michael Hanak im Namen der Waldramer Elterninitiative. 88 von 153 Stimmberechtigten in der Loisachhalle befürworteten das Ansinnen. Im Vorfeld der Veranstaltung hatte die Elterninitiative in sozialen Netzwerken um rege Teilnahme an der Bürgerversammlung gebeten. Hanak bezeichnete die Entscheidung des Kulturausschusses als „unverständlich“ und wies wie bereits Elternbeiratsvorsitzende Stephanie Hanna-Necker unter anderem darauf hin, dass die Fünftklässler aus Waldram auf „eine Baustelle“ umziehen würden. Im kommenden Jahr beginnen am Hammerschmiedweg die Sanierungs- und Erweiterungsarbeiten, der Rathauschef rechnet mit „sechs bis sieben Jahren Bauzeit“. Etwa 50 Millionen Euro lässt sich die Kommune die Gesamtmaßnahme kosten.
Heilinglechner verteidigte die Entscheidung für den Umzug der fünften Klasse aus Waldram in Loisachnähe: Die Zweizügigkeit am Standort Hammerschmiedweg habe das Schulamt empfohlen, diese Lösung garantiere den Fünftklässlern eine breite Fächerwahl. „Wir wollen die Mittelschule stärken“, betonte der Bürgermeister.
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„Solare Baupflicht“
Erfolg hatte am Dienstag Thomas Martin, Mitglied der Energiewende Oberland. Nicht zuletzt der Angriff der Russischen Föderation auf die Ukraine belege, dass man Abschied von fossilen Energieträgern nehmen müsse. Martin beantragte eine „solare Baupflicht“ in der Flößerstadt. Das heißt: Bei Neubauten soll die Errichtung von Photovoltaik-Anlagen künftig Pflicht sein. 98 von 153 Stimmberechtigten waren seiner Meinung – binnen drei Monaten muss der Stadtrat dieses Ansinnen erörtern.
„WOR for Future“
Von der Mehrheit der Bürger abgelehnt wurden am Dienstag die Anträge des Bündnisses „WOR for Future“. Die Vertreter Jan Reiners und David von Westphalen warnten eindringlich vor einer drohenden Klimakatastrophe. „Wir müssen schnell handeln“, sagte Reiners, der dem Stadtrat vorhielt, bislang wenig bis nichts in Sachen Klimaschutz getan zu haben. Und das, obwohl das Gremium 2019 den Klimanotstand ausgerufen hatte. „WOR for Future“ beantragte – analog zu Thomas Martin – eine „Solar-Offensive“. Dazu gehöre, dass die Kommune künftig bei der Bauleitplanung den Bauherrn die Installation von Photovoltaik-Anlagen vorschreibe. Darüber hinaus beantragte das Bündnis, dass der Stadtrat einen „Klimaschutzaktionsplan“ erarbeitet. Wolfratshausen sei laut Angaben des Deutschen Wetterdienstes ein „Hochrisikogebiet Hochwasser“, so Reiners. Er mahnte in diesem Kontext „konkrete Maßnahmen“ an, die „jährlich überprüft werden müssen“. Darüber hinaus solle die Arbeitsgruppe Klimanotstand, der Räte aller Parteien und politischen Gruppierungen angehören, mit „Experten und Bürgern“ ergänzt werden. Für keinen der zwei Anträge fand sich eine Mehrheit.
Hochwasser-Risiko
Bürgermeister Heilinglechner legte Wert auf die Feststellung, dass er und der Stadtrat die Wichtigkeit des Themas Klimaschutz nicht verkennen würden. Er verwies zudem auf das schon vor Jahren begonnene Sturzflut-Risikomanagement. Wolfratshausen sei „eine der ersten Kommunen in Bayern gewesen“, die Fördermittel des Freistaats „zum Schutz der Innenstadt und der Anrainer vor Hochwasser“ bekommen habe. Landrat Niedermaier stellte mit Blick auf die Anträge von „WOR for Future“ fest, dass „Zwang häufig kontraproduktiv ist“. (cce)
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