Zurück aus dem Exil: Einst umstrittene Madonna steht wieder auf der Marienbrücke

Die Brückenmadonna ist nach rund 30 Jahren von ihrem Asyl im Abseits wieder an ihren ursprünglichen Platz auf der Marienbrücke zurückgekehrt. In einer kleinen Feierstunde wurde der damaligen Ereignisse gedacht.
- 1991 sorgte die Darstellung der Madonna von Künstler Anton Ferstl für Aufregung
- Nach vielen Diskussionen wurde sie abseits der Brücke platziert
- Nach 30 Jahren steht die Skulptur wieder an ihrem ursprünglichen Platz
Wolfratshausen/Egling – „Ach, wie schön, da ist sie ja wieder.“ Die Passanten auf der Brücke staunten nicht schlecht, als sie die Madonna auf ihrem ursprünglichen Platz entdeckten. Sie zückten Handys, schossen Beweisfotos – und gingen oder radelten dann schnell weiter, um die Feierrunde nicht zu stören.
Versammelt hatten sich neben Angehörigen des 2011 verstorbenen Künstlers Anton Ferstl Martin Herda, zuständiger Abteilungsleiter für den Landkreis im Staatlichen Bauamt, Eglings Erster Bürgermeister Hubert Oberhauser, Wolfratshausens Rathaus-Vize Günter Eibl, Pfarrer Florian Gruber, Rolf Merten, indirekter Initiator der Umsetzung, sowie der Chef der Straßenmeisterei Jürgen Neidhardt und ein paar seiner Mitarbeiter. Für den musikalischen Part sorgte Claudia Sommer.
Kritiker fanden die Darstellung „gotteslästerlich“
Eigentlich hatte man die Madonna mit Kind schon einmal an dieser Stelle feierlich willkommen geheißen – 1990, als die Marienbrücke nach ihrer Sanierung wieder freigegeben wurde. Damals hatte sie auch den kirchlichen Segen erhalten, was eine erneute Weihe während des Festakts am Freitag unnötig machte. Damals konnte sich aber nicht jeder mit einer Mutter Gottes im Minikleid anfreunden. „Gotteslästerlich“ schimpften die Gegner, allen voran die Anhänger des erzkonservativen Freundeskreises Maria Goretti. Dabei hatte selbst das Erzbischöfliche Ordinariat die Madonna so akzeptiert. Pfarrer Gruber kann auch heute nichts Anstößiges entdecken. „Schon in der Bibel steht, dass Maria menschlich ist.“
Seinen Höhepunkt erreichte der Streit, als Unbekannte in der Nacht zum 25. Juni 1991 die Figur demontierten und in die Isar stießen. Nach vielen weiteren Diskussionen fand die Madonna abseits neben der Brücke einen neuen Platz – bis heute.
Böse Anrufe gab es bisher nicht
Den Eurasburger Rolf Merten packte diese Geschichte. Er ließ ein kleines, etwa 23 Zentimeter hohes Duplikat anfertigen. Die Darstellung sieht er als „neue Interpretation“, denn: „Starre Traditionen fesseln an vergangene Zeiten und stehen in der Gefahr, das Neue in der neuen Zeit nicht zuzulassen.“ Plötzlich ging alles Schlag auf Schlag: Das Straßenbauamt erfuhr über einen Zeitungsbericht von Figur und Skandal, den das Original damals ausgelöst hatte. „Nach einigen Gesprächen“ war Martin Herda klar: „Die Maria kommt zurück.“ Vergangenen Montag wurde die Statue abmontiert und gereinigt. Am Donnerstag platzierte sie die Sachsenkamer Firma Josef Baumgartner – noch verhüllt – an ihren alten Platz. Böse Briefe oder Anrufe hat Herda bis dato nicht bekommen. „Eine einzige Reaktion kam aus Wolfratshausen“, sagte er. „Aber das war eher die Anregung, ob man sie nicht am Kastenmühlwehr aufstellen könne.“
Auch die beiden Bürgermeister zeigten sich über die Rückkehr der Statue erfreut. „Jetzt hat die Marienbrücke wieder eine Maria“, betonte Oberhauser und wünschte sich einen „respektvollen Umgang mit dem Kunstwerk.“ Einer Bitte, mit der er Ferstls Angehörigen – den Enkeln Kilian Ferstl und Romina Burghart sowie Rominas Mutter Alexandra Burghart und Kilians Oma Maria Mattis – aus der Seele sprach. „Wir hoffen“, sagte Mattis, „dass sie hierbleibt, dass sich die Zeiten geändert haben.“
sh
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