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Energiewende im Oberland: Bayerische Politik „ist gescheitert“ - Experte fordert Umdenken

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Von: Dominik Stallein

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Erneuerbare Energien
Windkraftanlagen oder Photovoltaikanlagen? Um diese Frage gibt es viele Diskussionen. Stefan Drexlmeier sieht es anders: Bayern braucht beides, sagt er © Sina Schuldt/dpa/Symbolbild

Bayern ist abhängig von importiertem Strom. Stefan Drexlmeier, Chef der Energiewende Oberland, fordert deshalb massive Veränderungen in der Energie-Politik.

Bad Tölz-Wolfratshausen – Nach Einschätzung der bayerischen Energiewirtschaft steigt im Freistaat der Bedarf nach importiertem Strom. Als einen Grund dafür führt der Stromerzeugerverband VBEW die sogenannte Dunkelflaute an – also die Stunden, in denen Photovoltaik-Anlagen kaum Energie liefern. Dass die Erneuerbaren schuld an der wachsenden Abhängigkeit sind, weist der Vorstandsvorsitzende der Energiewende Oberland, Stefan Drexlmeier, im Gespräch mit Redakteur Dominik Stallein zurück. Er benennt ein anderes Problem und eine Lösung, um die Region aus der Abhängigkeit zu befreien.

Stefan Drexlmeier wirbt seit Jahren für den Ausbau erneuerbaren Energien.
Stefan Drexlmeier wirbt seit Jahren für den Ausbau erneuerbaren Energien. © red

Herr Drexlmeier, im Winter scheint die Sonne seltener. Der VBEW schlägt wegen der Dunkelflauten Alarm. Machen uns die erneuerbaren Energien abhängiger von schmutzigen Stromimporten?

Drexlmeier: So einfach ist die Situation natürlich nicht. Man muss sie differenzierter betrachten. Beim Ausbau von regenerativen Energien hinkt Bayern nämlich seit Jahren hinterher, speziell bei der Windkraft. Der Freistaat hat in der Vergangenheit hauptsächlich auf Solarstrom gesetzt, aber der Sonnenstrom ist auch nur ein Teil der Lösung. Dass diese Vorgehensweise irgendwann scheitert, überrascht hoffentlich niemanden. Unsere Winterenergie in Bayern wäre Windkraft, die aber immer wieder ausgebremst wurde. Deswegen stimmt es, dass wir im Moment Strom importieren müssen – aber vor allem deshalb, weil wir es nicht geschafft haben, auf einen nachhaltigen Energiemix zu setzen. Eine Mischung aus Sonne und Wind wäre für uns die optimale Lösung.

Das Ende des Atomkraftwerks Isar 2 ist besiegelt, die Kohlekraftwerke werden in absehbarer Zeit abgeschaltet. Verschärft sich das Problem?

Drexlmeier: Das hängt davon ab, wie konsequent der Umbau jetzt weitergeht. Aber richtig: Bleibt es beim Status quo, wird es nur über Stromimporte gehen. Aktuell habe ich aber das Gefühl, dass es in die richtige Richtung geht.

Wie hat sich das Bewusstsein für regenerative Stromerzeugung durch die Energiekrise gewandelt?

Drexlmeier: Die Anfragen an uns – für Beratungen zum Heizungsaustausch beispielsweise – haben sich vervierfacht. Das ist völlig verrückt. Auf Infoveranstaltungen zu Nahwärme-Netzen wurde früher über Standorte gestritten und über die Nachteile von Holz doziert. Heute stellen die Leute eigentlich nur zwei Fragen: Wo dürfen wir unsere Anmeldung abgeben – und wann könnt Ihr anfangen? Das große Interesse liegt sicherlich an den aktuellen Preisen. Ich befürchte, dass die Nachfrage auch wieder sinkt, wenn die Preise es auch tun. Aber bis es soweit ist, wollen wir versuchen, die Menschen über die Vorteile regenerativer Stromerzeugung zu informieren und zu motivieren.

Welche Lösungen sehen Sie, um die Abhängigkeit zu beenden?

Drexlmeier: Es klingt platt und erwartbar, aber es wird nur funktionieren, wenn wir unsere eigene Energieversorgung stärker weiterentwickeln. Wir müssen uns von der „Solarstrom only“-Politik verabschieden und viel stärker auf einen Energiemix setzen als bisher. Dazu zählt die Wasserkraft, die Tiefengeothermie, vielleicht aus Geretsried, wie auch Biogas, was wir weiterhin brauchen werden. Es muss alles zusammengehen. Und vor allem müssen wir uns von dem Irrglauben verabschieden, dass die regenerativen Energien teurer für den Verbraucher sind. Die Strompreise sind wegen den Fossilen gestiegen. Und die Versorgungssicherheit mit den fossilen Energien ist immer instabiler geworden, was uns die aktuelle Situation deutlich zeigt.

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