Horrende Immobilienpreise in Oberbayern steigen weiter – Eine Stadt sticht besonders heraus

Neue Zahlen, altes Ergebnis: Wohnraum im Landkreis Bad Tölz-Wolfratshausen ist teuer. Eine Doppelhaushälfte kostet fast eine Million, die Quadratmeterpreise für Baugrund steigen immer weiter.
Bad Tölz-Wolfratshausen - Der rund 20-köpfige Gutachterausschuss des Landkreises hat die aktuellen sogenannten Bodenrichtwerte ermittelt. Das Ergebnis ist keine Überraschung: Der Traum von den eigenen vier Wänden lässt sich im Landkreis Bad Tölz-Wolfratshausen weiterhin nur mit sehr viel Geld verwirklichen. Von 2018 bis Ende 2020 stieg der Durchschnittspreis um gut zehn Prozent.
Immobilien in Bad Tölz-Wolfratshausen: Durchschnittspreise steigen um gut zehn Prozent
Auch in diesem Jahr rechnet Peter Schneider, Geschäftsführer der Schneider und Prell Immobilientreuhand AG in Wolfratshausen und seit vielen Jahren Mitglied des Gutachterausschusses des Kreises, „mit einem moderaten Preisanstieg“.
Im Zwei-Jahres-Rhythmus analysiert der Ausschuss, dem Ehrenamtliche wie Schneider sowie Vertreter der Kreisbehörde, des Finanz- und des Vermessungsamts angehören, alle Kaufverträge der jüngsten 24 Monate, um die Grundstückswerte zu ermitteln. Im Jahr 2019 waren es summa summarum 1167 Urkunden (Gesamtvolumen 560 Millionen Euro), im vergangenen Jahr 1219 (580 Millionen Euro). Bei der Feststellung der Bodenrichtwerte werden die Städte und Gemeinden in einzelne Zonen aufgeteilt, erklärt Schneider.
Video: Prognose zur Preisentwicklung deutscher Immobilien
Selbst in weniger attraktiven Bereichen zahlt man 1000 Euro pro Quadratmeter Baugrund
Die Durchschnittspreise beziehen sich jeweils auf den Ortskern. Das heißt konkret: In „schöner Lage“ von Wolfratshausen kostet ein Quadratmeter Baugrund derzeit im Durchschnitt 1450 Euro. Selbst in weniger attraktiven Bereichen „sind Preise unter 1000 Euro eher die Seltenheit“. Wer in guter Lage in Geretsried ein Grundstück ins Auge gefasst hat, zahlt im Durchschnitt 1100 Euro/Quadratmeter – günstiger wird es, je näher man an die B11 heranrückt: Im Geretsrieder Stadtteil Stein beträgt der Durchschnittspreis um die 700 Euro pro Quadratmeter.
Tölzer Altstadt ist der teuerste Fleck im Landkreis Bad Tölz-Wolfratshausen
Ein sehr teures Pflaster ist und bleibt die Altstadt von Bad Tölz: 1750 Euro kostet ein Quadratmeter, in guten Lagen, zum Beispiel am Kalvarienberg, sind’s 1200 Euro. Wer bereit ist, Abstriche zu machen, bekommt hier und da einen Quadratmeter für 700 bis 800 Euro. Was in der Theorie – sieht man mal vom exorbitanten Kaufpreis ab – leicht erscheint, erweist sich in der Praxis als äußerst schwer: „Grundstücke in unserem Landkreis sind nach wie vor Mangelware“, berichtet Schneider. Dasselbe gilt für Bestandsimmobilien. Im Corona-Jahr 2020 „gab’s mit Blick auf Doppelhaushälften eine Nulllinie“, sagt der 48-Jährige, es gab schlicht und ergreifend nur sehr vereinzelte Angebote.
Die Kurve zeigt seit 2012 steil nach oben
Im Durchschnitt kostet eine bestehende Doppelhaushälfte im Landkreis 700 000 Euro, ein vergleichbares Neubauobjekt 935 000 Euro. „Die Kurve zeigt seit 2012 steil nach oben“, stellt Schneider fest. „Sprunghaft gestiegen“ ist nach seinen Worten zudem der Preis für eine Eigentumswohnung: 4700 Euro pro Quadratmeter Bestandsimmobilie, 6100 Euro für einen Neubau. Wie immer im Leben gibt’s nach oben kaum eine Grenze. In Top-Lagen von Wolfratshausen muss man für eine neue Eigentumswohnung mindestens 7000 Euro pro Quadratmeter auf den Tisch legen, in Geretsried beziehungsweise Bad Tölz jeweils etwa 6500 Euro.

Wer glaubt, dass es preiswerter ist, sein Zelt in einer der Gemeinden im Kreis aufzuschlagen, den belehrt der Gutachterausschuss eines Besseren. Spitzenreiter sind Icking und Münsing, unter 1000 Euro pro Quadratmeter Grund ist nichts zu haben. Ein „Markt im Markt“, so Schneider, sind Seegrundstücke in der Gemeinde Münsing: „Da geht’s ab 4000 Euro aufwärts.“ Verkäufe sind aber aufgrund des quasi nicht vorhandenen Angebots so selten wie der berühmte Sechser im Lotto.
Wenig Immobilien werden verkauft - die Nachfrage ist aber sehr hoch
Erschwinglich erscheint dagegen die Gemeinde Jachenau, hier liegt der Quadratmeterpreis unter 500 Euro. Schneider versieht das Etikett mit einem großen Aber. Da in der 900-Seelen-Gemeinde im Süden „quasi nie etwas verkauft wird“, sei der Bodenrichtwert „nur schwer feststellbar“. Im Fall des Falles sei davon auszugehen, „dass mehr als 500 Euro aufgerufen werden“. Kräftig angezogen haben seit 2018 unter anderem die Durchschnittspreise in den Ortszentren der Gemeinden Dietramszell und Kochel am See: „plus 20 Prozent in der Spitze.“
„Es ist wenig Futter da“, sagt Schneider mit Blick auf das Grundstücks- und Immobilienangebot im Landkreis. Auf der anderen Seite sei die Nachfrage sehr hoch. Die Folge: Der Preis ist heiß. Potenzielle Bauherrn werden heuer zudem aufgrund fehlender Rohstoffe mit einer Kostensteigerung kalkulieren müssen. Und Schneider gibt zu bedenken, dass die gesetzlichen Vorgaben (energetisches Bauen, Elektromobilität) Bauträger zu höheren Investitionskosten zwingen, die an die Immobilienkäufer weitergereicht werden.
Die Mieten sind nur moderat gestiegen
„Entkoppelt“ hat sich laut Schneider mittlerweile die Miet- von der Kaufpreisentwicklung. In den zurückliegenden rund zwei Jahren seien die Mieten um drei bis fünf Prozent „moderat“ gestiegen – die Kaufpreise allein zwischen Frühjahr 2020 und Frühjahr 2021 „um etwa elf Prozent in Wolfratshausen“ sowie um rund sieben Prozent in Geretsried und Bad Tölz. Trotzdem: Angesichts von Mietpreisen bis zu 16, 17 Euro „muss man die Kirche auch langsam mal im Dorf lassen“, meint der 48-jährige.
Eine (kostenpflichtige) Bodenrichtwertauskunft kann bei der Geschäftsstelle des Gutachterausschusses im Landratsamt in Bad Tölz per E-Mail (gutachterausschuss@lra-toelz.de) angefordert werden.
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