Internet, Wohnen, Image: Diese Schulnote geben Firmenchefs der Flößerstadt Wolfratshausen

Eine aktuelle Unternehmensbefragung hat der Stadt Wolfratshausen „wichtige Erkenntnisse“ beschert. Das bilanziert Bürgermeister Klaus Heilinglechner.
Wolfratshausen - Fünf Jahre liegt die bis dato letzte Unternehmensbefragung im Landkreis zurück, nun gibt’s aktuelle Erkenntnisse. Wie Firmenchefs den Standort Wolfratshausen bewerten, berichtete Josef Rother von der Gesellschaft für angewandte Kommunalforschung, kurz GEFAK, am Dienstag den Mitgliedern des Hauptausschusses des Stadtrats. Die Flößerstadt bekam laut Rother mit der Gesamtnote 2,4 „einen guten Wert“. Doch „die insgesamt hohe Zufriedenheit“ dürfe nicht darüber hinwegtäuschen, dass es für die Stadt „Handlungsfelder“ gebe.
Schnelles Internet für viele Betriebe das A und O
Eine etwas schlechtere Note als vor fünf Jahren gab’s für die Verkehrsanbindung der Loisachstadt – obwohl sich grundlegend nicht geändert hat. Rother erklärte das mit „gestiegenen Ansprüchen“ der Betriebe. Noch wesentlichere Standortfaktoren seien jedoch „die Internetanbindung und die Mobilfunkversorgung“, so der GEFAK-Gesellschafter. Dies sei nicht zuletzt eine Konsequenz der Corona-Pandemie. Hier bestehe für die Kommune kontinuierlicher Handlungsbedarf („das ist eine Daueraufgabe“), denn: Schnelles Internet sei nicht nur am Arbeitsplatz extrem wichtig, sondern – Stichwort Homeoffice – auch „in den Wohnungen der Mitarbeiter“. Apropos Wohnen: Die exorbitanten Mietpreise in Wolfratshausen sind für die hiesigen Unternehmen nach wie vor ein eklatantes Problem. Egal, ob Auszubildende, Facharbeiter oder Akademiker gebraucht werden: Der überhitzte Wohnungsmarkt ist für den einen oder anderen potenziellen Bewerber ein K.-o.-Kriterium. Die Betriebe, so Rother, versuchten, der Misere unter anderem mit Extrageld oder „der Unterstützung beim Transfer zum Arbeitsplatz“ entgegenzuwirken.
Unternehmen spüren Folgen der Corona-Pandemie
Von den rund 550 Betrieben im Landkreis, die an der Unternehmensbefragung teilnahmen, erklärten rund 60 Prozent, dass die Corona-Pandemie negative Auswirkungen auf das Unternehmen habe. Konkret fielen Kunden beziehungsweise Aufträge aus, darüber hinaus mussten Firmen-Veranstaltungen wie Messen, und Schulungen und Fortbildungsmaßnahmen gestrichen werden. 55 Prozent der Betriebe mussten Umsatzrückgänge verkraften, davon reagierten 17 Prozent mit dem Abbau von Arbeitsplätzen. Dass dies nicht mehr taten, sei dem Instrument der Kurzarbeit zu verdanken, erklärte Josef Rother von der Gesellschaft für angewandte Kommunalforschung (GEFAK) in der Sitzung des Hauptausschusses. Eine drohende Insolvenz fürchteten zum Zeitpunkt der Befragung im Februar/März dieses Jahres 15 Unternehmen. Zehn Prozent der Teilnehmer an der Befragung hätten dagegen kein Hehl aus der Tatsache gemacht, dass sie von der Corona-Pandemie profitiert haben.
In den nächsten 12 Monaten werden 1000 Arbeitskräfte gebraucht
Mittelfristig seien die Aussichten gut: Mehr als 200 Firmen im Landkreis wollen laut Rother mit neuen Dienstleistungen und Produkten punkten, ebenfalls gut 200 Chefs wollen zusätzliche Mitarbeiter einstellen. Ein Augenmerk müssten die Kommunen auf geplante Betriebsübergaben werfen. In mehr als 80 Unternehmen im Landkreis stehe das Thema zeitnah auf der Tagesordnung.
Fast 1000 Arbeitskräfte werden in den nächsten zwölf Monaten benötigt, doch es sei unwahrscheinlich, dass jeder Job besetzt werden kann, prognostizierte Rother. Als Gründe für das Problem nannte der GEFAK-Gesellschafter die fehlende fachliche Qualifikationen von Arbeitssuchenden, zu teuren Wohnraum und eine ungenügende „persönliche Eignung“ einiger Bewerber.
„Corona hatte aber auch etwas Gutes“, sagte Rother. Viele Unternehmer hätten „aus der Not eine Tugend gemacht“ und unter anderem in Hardware, Software sowie „in die IT-Kompetenz ihrer Mitarbeiter investiert“. (cce)
„Atypisch“ sei die positive Bewertung der „Flächenangebotsbereitstellung“. Rother hat die aktuellen Expansionswünsche der Wolfratshauser Unternehmen addiert, unterm Strich stehen 8500 Quadratmeter. „Das ist überschaubar.“ Er wies auch auf „gegenläufige Tendenzen“ hin: Einige Betriebe hätten künftig weniger Bedarf an Büroarbeitsplätzen, andere planten die Ausweitung ihrer Lagerkapazitäten – beides Folgen der Pandemie.
Unternehmer wünschen sich „einen Lotsen, eine zentrale Anlaufstelle“
Rothers Fazit: Am Wirtschaftsstandort Wolfratshausen herrsche „hohe Zufriedenheit“, doch es gebe „Engpässe“ bei den Themen Breitband, Wohnraum sowie Parkflächen. Darüber hinaus hätten einige Firmenbosse das Image der Flößerstadt schlechter bewertet als 2016. „Wichtig“ für die Unternehmer sei es, „dass es einen Lotsen, eine zentrale Anlaufstelle“ in der Stadt gibt. Gewünscht werde darüber hinaus eine Beratung, wie Betriebe an Fördermittel kommen, sowie „die Vernetzung“ der Gewerbetreibenden.
„Und wie gehen wir jetzt damit um?“, fragte der Sprecher der SPD/FDP-Fraktion, Fritz Meixner, nach der Präsentation in die Runde. Rothers Rat: Die Wirtschaftsförderer des Kreises und der drei Städte sollten sich zusammensetzen und „die Handlungsfelder arbeitsteilig angehen“. Durchaus unter Beteiligung Dritter wie beispielsweise der Industrie- und Handelskammer.
Wolfratshauser Stadtmanager will „Handlungsfelder aufgreifen“
Er wolle die „Handlungsfelder aufgreifen“, sagte Stadtmanager Dr. Stefan Werner. Zunächst gehe es darum, „darüber zu informieren, was es schon gibt“, denn die Befragung hätte Wissenslücken zu Tage gefördert. Werner nannte den Ausbildungskompass, herausgegeben vom Landkreis und dem Wirtschaftsforum Oberland, sowie den Bau von gut 100 neuen Wohnungen östlich des S-Bahnhofs als Beispiele. Aufgrund der nicht anonymisierten Ergebnisse der Befragung könnten zudem „bei der Auswahl von Betriebsbesuchen neue Akzente gesetzt werden“. Bürgermeister Klaus Heilinglechner interpretiert die Unternehmensbefragung so: „Das sind für uns sehr wichtige Erkenntnisse. Sie zeigen uns auf, wo wir nachsteuern müssen. Auf jeden Fall werden wir uns nicht auf den Lorbeeren ausruhen.“ (cce)
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