Wenn Edmund Stoiber in Wolfratshausen mit dem Berggeist spricht

Längst sind sie ein Publikumsmagnet: Seit 15 Jahren bietet die Loisachtaler Bauernbühne in Wolfratshausen historische Stadtführungen an.
Wolfratshausen – Der mittlerweile 80-jährige ehemalige bayerische Ministerpräsident hat in seinem Leben gewiss schon viele seltsame Gestalten kennengelernt. Eine Begegnung mit dem grünen Geist des Wolfratshauser Bergwalds dürfte Dr. Edmund Stoiber aber nachhaltig beeindruckt haben. „Er hat sich eine halbe Stunde lang mit mir unterhalten“, erinnert sich Hermann Paetzmann. Der Wolfratshauser spielt bei den historischen Stadtführungen der Loisachtaler Bauernbühne (LBB) die Rolle des Berggeists – seit 15 Jahren. Anlässlich des Welt-Gästeführertags (21. Februar) stellen sich die Darsteller vor.
„Wir haben darauf geachtet, dass die verschiedenen Standorte zum jeweiligen Thema passen und überdacht sind“, erklärt Gabriele Rüth. Die Vorsitzende des Vereins Flößerstraße schlüpft für die zwei Mal jährlich stattfindenden Führungen ins historische Kostüm der Wirtin Rena Zapf, die beim vorzeitigen Ableben ihrer insgesamt vier Ehemänner „etwas nachgeholfen“ und zudem als „Engelmacherin“ Abtreibungen durchgeführt haben soll. Auf dem Gewissen hat sie auch den Pilger Nantwein.
Pilger tranken Wein aus Hirnschale
Diese Rolle nimmt der ehemalige Kulturreferent Ludwig Gollwitzer ein. Während der Pest im Dreißigjährigen Krieg hat man seine Hirnschale in einen Kelch fassen lassen, aus dem Pilger bis 1803 Wein getrunken haben. Dass dieses Kleinod mittlerweile im Stadtmuseum München steht, wurmt Gollwitzer bis heute. „Bisher hat die Stadt München meine Anfragen leider immer verweigert, den Kelch dem Wolfratshauser Heimatmuseum zu überlassen“, bedauert er. Berggeist Hermann Paetzmann frotzelt: „Ein bisschen Hirn könnte Wolfratshausen nicht schaden.“
Leiter der rund dreistündigen Tour ist Martin Melf vom städtischen Ressort Bildung und Soziales. Er führt die Teilnehmer zu den insgesamt 15 Stationen. Beginnend an der alten Floßlände setzt sich der Tross von meist 30 bis 50 Teilnehmern über den Sebastianisteg und die Marktstraße bis zur Musikschule und zum ehemaligen Amtsgericht am Heimatmuseum in Bewegung.
Wolfratshausen: Stadtführungen sind ein Publikumsmagnet
Die Idee zu den regelmäßig stattfindenden Stadtführungen mit historischen Persönlichkeiten unterbreitete LBB-Mitglied Sabrina Schwenger der Volkshochschule bereits im Jahr 2007. Damals wollte die Bauernbühne nach dem Historienspiel „So vui Wunder“ über den Ortsheiligen Nantwein ihre darin verwendeten Kostüme unbedingt weiternutzen. Mittlerweile hat sich die Stadtführung längst als Publikumsmagnet etabliert.
„Sie ist gerade für den Tagestourismus ideal“, bemerkt Melf. Die Teilnehmer würden vor allem aus umliegenden Gemeinden kommen, aber auch Neubürger und Einheimische sind laut Nantwein-Darsteller Gollwitzer begeistert. „Die sind so fasziniert, dass sie die Zeit vergessen“, erklärt er. Wegen des großen Interesses an der Aktion bietet Melf inzwischen auch eigenständig Touren an und führt Besucher über Themenwege und Historienpfade.
Wolfratshausen: Nächste Stadtführung am 22. Mai
Die nächste Führung „Splitter aus der Wolfratshauser Stadtgeschichte“ findet am 22. Mai von 14 bis 17 Uhr statt. Treffpunkt ist die alte Floßlände. Anmeldungen nimmt die Volkshochschule Wolfratshausen unter der Telefonnummer 0 81 71/2 98 66, per E-Mail an die Adresse info@vhs-wolfratshausen.de oder kurzfristig, wenn die Führung startet, entgegen. Die Teilnahme kostet 9 Euro, Kinder auf Anfrage. Eventuell erforderliche Coronaschutzmaßnahmen werden rechtzeitig bekannt gegeben.
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