- vonFrederik Langschließen
Wolfratshausen - Das Bayerische Fernsehen hat am Dienstagabend live aus dem Möbel-Mahler-Einrichtungshaus in Wolfratshausen berichtet. Vor der Kamera räumte Juniorchef strategische Fehler ein.
Update vom 16. Dezember: Der Ausverkauf bei Möbel Mahler ist in vollem Gange, der Bürgermeister hat derweil große Pläne für das Gebäude. Er will Media Markt ansiedeln.
Gegen 14.30 Uhr fahren die Übertragungswagen vor. Kameramänner überprüfen ihre Ausrüstung, Karin Mühlhausen, Chefin vom Dienst, klärt mit Mahler-Hausleiter Martin Ziegler letzte Details. An der Stelle, an der Junior-Geschäftsführer Michael Mahler sich wenige Stunden später den Fragen von Reporter Martin Breitkopf stellen wird, eilen Kunden hin und her, strahlt der riesige Christbaum weihnachtliches Licht aus. Der Bayerische Rundfunk (BR) sendete im Rahmen seiner Sendung „Abendschau – der Süden“ am Dienstag um 17.30 live aus dem Atrium des Möbelhauses Mahler. Juniorchef Michael Mahler, Auszubildender Vladislav Gerdt und Betriebsratsvorsitzender Thomas Kohlert sprachen darüber, warum es Familienunternehmen so schwer fällt, auf dem deutschen Möbelmarkt zu bestehen. Wie berichtet schließt Mahler zum 31. Januar sein Haus in der Loisachstadt. 260 Mitarbeiter werden entlassen.
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Der erste von zwei Live-Blöcken ist ab 17.40 Uhr auf Sendung. Reporter Breitkopf schreitet durch die Drehtür am Haupteingang und holt im Kassenbereich Vladislav Gerdt ans Mikro. Der Auszubildendenvertreter teilt mit, dass es in zwei Tagen ein Treffen mit IHK-Vertretern geben wird, bei dem so viele von den Azubis wie möglich an einen neuen Arbeitgeber vermittelt werden sollen. Was mit ihm selbst nach zweieinhalb Jahren bei Mahler passiert, will der Reporter wissen. „Finanzdienstleistung oder Automobilbranche“, antwortet der junge Mann. „Was ist mit Möbeln?“ hakt der BR-Journalist nach? „Nicht unbedingt.“
Am – kurz vor Drehbeginn noch frisch polierten – Glastisch trifft Breitkopf den Juniorchef. Michael Mahler sagt das, was er schon bei der Bekanntgabe der Schließung gesagt hat: dass das Haus in puncto Sortiment und Ladenbau nicht mehr auf der Höhe der Zeit sei, dass es einen Investitionsstau geben würde, „vielleicht siebenstellig, vielleicht im zweistelligen Millionenbereich“, und dass man beschlossen habe, eben nicht mehr in Wolfratshausen, sondern am neueren, modernen Standort in Neu-Ulm zu investieren. Auf die Frage, warum er und sein Vater, Seniorchef und Firmengründer Gerhard Mahler, nicht vorher in das Haus am Hans-Urmiller-Ring investiert haben, gibt Mahler Junior erneut strategische Fehler zu. „Wir sind zu schnell gewachsen und haben dann Geld in neue Projekte investiert, das dann nicht mehr da war, um Wolfratshausen auf den neuesten Stand zu bringen.“
Paukenschlag: Möbel Mahler in Wolfrathausen schließt
Auch der Branchenriese XXX Lutz war zu der Sendung eingeladen, ließ dem BR aber lediglich eine Pressemitteilung zukommen. Eine Immobiliengesellschaft des österreichischen Möbelgiganten wird das Mahler-Gebäude übernehmen – laut der Mitteilung angeblich ohne genau zu wissen, was damit einmal geschehen soll. „Die wissen genau, was sie machen werden“, sagt dagegen Thomas Kohlert. „Ein Möbelhaus.“ Der Betriebsratsvorsitzende steht neben Michael Mahler am Tisch. Kohlert ist seit 26 Jahren im Unternehmen beschäftigt, „ jetzt werde ich auf die Straße gesetzt“. Lutz, davon ist er überzeugt, will das Haus ohne Betriebsrat und ohne Personal übernehmen. „Wenn überhaupt, übernehmen sie nur junges Personal, das wenig kostet oder das man im Lohn noch weiter drücken kann. Das ärgert mich.“
Die Reaktionen auf die Schließung von Möbel Mahler
Im zweiten Live-Block ging es weniger um die Situation vor Ort, sondern um die Zukunft des Möbelhandels generell. Mahler erläuterte, warum er die zehnprozentige Beteiligung von XXX Lutz in Neu-Ulm für sinnvoll und nicht – wie vom Reporter suggeriert – für einen „Pakt mit dem Teufel“ hält. Mit diesem global sehr gut aufgestellten Partner „können wir billiger einkaufen und haben schneller die neuesten Trends.“ Am Rande des Drehs teilte Mahler mit, dass die Verhandlungen mit dem Betriebsrat zwar hart, aber auf einem guten Weg seien. Er sei zuversichtlich, dass sozialverträgliche Lösungen gefunden werden, mit denen alle Beteiligte leben können.
Das BR-Team, allen voran Reporter Martin Breitkopf und Chefin vom Dienst Karin Mühlhausen, waren zufrieden mit der Live-Schalte aus Wolfratshausen. „Es kommt selten vor, dass jemand in so einer schwierigen Situation so aufrecht und ehrlich argumentiert wie Michael Mahler. Das hat uns überrascht.“
Frederik Lang