Seltene Pflanzen im Naturschutzgebiet zerstört: Arbeiten des Bayernwerks lösen Protest aus

Die Bayernwerk AG sichert Stromtrassen in Wolfratshausen. Die Arbeiten finden im Naturschutzgebiet am Loisach-Isar-Kanal statt - und sorgen für Reaktionen.
Wolfratshausen – Mit seinem Fotoapparat pirscht Walter Reinl oft durch den Wald am Loisach-Isar-Kanal. Zwischen Farchet und der Pupplinger Au fotografiert der Wolfratshauser Insekten und Blumen wie den gelb blühenden Frauenschuh – eine prächtige, wild wachsende Orchidee. Reinls jüngsten Fotos sehen ganz anders aus: Sie zeigen eine breite Schneise im Wald, tiefe braune Furchen in der Erde und abgeholzte Bäume: Im Naturschutzgebiet finden Fäll-Arbeiten statt. Der Wolfratshauser ist entsetzt.

Seltene Pflanzen im Naturschutzgebiet zerstört: Arbeiten des Bayernwerks lösen Protest aus
„Es ist einfach nur zum Heulen“, schreibt Reinl in einem Facebook-Beitrag. Im Gespräch mit unserer Zeitung erklärt er, dass entlang des beliebten Spazierwegs eine Artenvielfalt zuhause sei, die man nur noch selten finde: Kratzdistel, Steinröschen, Golddistel, Brillenschötchen, Laserkraut, Bocksbart-Arten, verschiedene Enziane. Und den gelben Frauenschuh hat er dort schon entdeckt. „Es ist alles weg. Da steht kein einziger Grashalm mehr, nur noch Matsch.“ Welche Auswirkungen der Kahlschlag auf die Insekten-Vielfalt hat, darüber kann man aktuell nur mutmaßen: „Ich bin gespannt, was ich diesen Sommer zu sehen bekomme“, so Reinl. In den vergangenen Jahren hätten sich dort verschiedene Tiere getummelt.
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Frauenschuh zerstört: Bayernwerk sichert Stromtrassen
Auf Nachfrage unserer Zeitung erklärt die Pressesprecherin des Landratsamts, Marlis Peischer, dass die Bayernwerk AG für die Arbeiten in dem Waldstück verantwortlich seien. Die Stromtrassen wurden freigeschnitten – mitten im Naturschutzgebiet. Wie Peischer berichtet, sind Betrieb, Wartung, Unterhalt und Instandsetzung bestehender Energieversorgungsanlagen von den strengen Regelungen ausgenommen, die in diesem besonders geschützten Bereich gelten. Mehr noch: „Der Umfang der Arbeiten ist mit der Unteren Naturschutzbehörde abgestimmt.“
Bayernwerk erklärt Baumfällungen: Es geht um die Sicherheit
Das sei gang und gäbe bei solchen regelmäßigen Trassenpflege-Maßnahmen, sagt Bayernwerk-Sprecherin Johanna Härtl. „Es ist Aufgabe der Bayernwerk Netz GmbH, Leitungen von Bewuchs frei zu halten, um die Versorgungssicherheit zu gewährleisten.“ So müsse sicher sein, dass der Bewuchs nicht zu nah an die Leitungen ragt. Außerdem stelle das Unternehmen sicher, dass keine Bäume in die Leitungen fallen können.
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Bund Naturschutz schaltet sich ein: „Werde die Naturschutzbehörde benachrichtigen“
Reinl kann die Sicherungsmaßnahmen grundsätzlich nachvollziehen. „Dass sie aber so unsensibel im Naturschutzgebiet alles platt walzen, dafür habe ich kein Verständnis.“ Der Bund Naturschutz ist derselben Meinung. Ortsgruppen-Chefin Dr. Sigrid Bender hat sich die Gegend selbst angeschaut und Fotos gemacht. Es sei richtig, dass die Bayernwerk AG die Trasse freihalten dürfe. „Ich werde trotzdem die Untere Naturschutzbehörde benachrichtigen und darum bitten, dass diese Arbeiten zukünftig etwas sensibler ausgeführt werden“, schreibt sie auf Anfrage unserer Zeitung per E-Mail. Für einige Pflanzen kommt dies zu spät: „Wie ich das sehe, sind sicher zwei Standorte vom Frauenschuh geschädigt worden.“