So erinnern Vereine an den Tag der Befreiung vor 75 Jahren

Am 30. April erinnern Vereine an den Tag der Befreiung vor 75 Jahren. In Wolfratshausen müssen sich damals dramatische Szenen abgespielt haben.
Wolfratshausen/Geretsried – Es müssen dramatische Szenen gewesen sein, die sich am 30. April 1945 in der Wolfratshauser Altstadt abgespielt haben: Nach Recherchen des ehemaligen Redaktionsleiters des Tölzer Kuriers, Joachim Braun, hissten die Mesnerswitwe Karolina Engelhardt und der Vize-Mesner Ignaz Leeb damals am Turm der St.-Andreas- Kirche die weiße Fahne, um den amerikanischen Besatzungstruppen die friedliche Kapitulation zu signalisieren – eine lebensgefährliche Aktion: Fanatische „SS“-Mitglieder, die zu diesem Zeitpunkt immer noch an den Endsieg glaubten, wollten die beiden noch am selben Tag hinrichten.
Dass es nicht dazu kam, ist Major Karl Luber zu verdanken. Der Stadtkommandant des Bataillons der Landesschützen von Wolfratshausen nahm das Fahnenschwenkerpaar in der Knabenschule – dem späteren Isar-Kaufhaus – in Schutzhaft. Am frühen Abend ging Luber schließlich den herannahenden amerikanischen Panzern entgegen und erklärte den Besatzungen: „Hier wird nicht gekämpft. Ich übergebe Ihnen hiermit den Markt Wolfratshausen.“
75 Jahre später sollen am 30. April nicht nur aus Wolfratshauser, sondern auch aus Geretsrieder Fenstern zahlreiche weiße Fahnen wehen. Das wünschen sich Dr. Sybille Krafft und Assunta Tammelleo. Die Vorsitzenden des Historischen Vereins Wolfratshausen, des Vereins Bürger fürs Badehaus Waldram-Föhrenwald und des Kulturvereins Isar-Loisach (KIL) wollen damit des „Tags der Befreiung“ gedenken. „Das Ende des Zweiten Weltkrieges soll auch während der Corona-Krise nicht vergessen werden“, erklärte Krafft bei einem Pressegespräch.
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In den kommenden Tagen werden Mitglieder des Kulturvereins Isar-Loisach rund 15 000 Flyer verteilen. „Wir appellieren an Privat- und Geschäftsleute, an diesem Tag weiße Fahnen beziehungsweise Tücher aus dem Fenster oder Balkonen hängen zu lassen“, so Tammelleo. Vertreter der evangelischen und katholische Kirchen werden sich ebenso beteiligen wie Repräsentanten der jeweiligen Stadtverwaltungen aus Wolfratshausen und Geretsried.
Die Aktion geht auf eine Idee des Münchner Künstlers Wolfram Kastner und seines Partners Michael Wladarsch zurück. Finanziell unterstützt wird das Gedenken vom Bund für Geistesfreiheit und der Giordano-Bruno-Stiftung. „Wir setzen damit ein offensichtliches Zeichen, das niemanden gefährdet“, so Krafft. Wie berichtet musste der ursprünglich für den 2. Mai angesetzte Gedenkmarsch und Festakt im Erinnerungsort Badehaus wegen Corona abgesagt werden.
ph