S7-Verlängerung: Das Ergebnis dieser Analyse ist jetzt „wesentlich“ für das Projekt

Einmal mehr stand die geplante S7-Verlängerung auf der Agenda der Stadträte aus Wolfratshausen und Geretsried. Mit Spannung wird das Ergebnis der Nutzen-Kosten-Untersuchung erwartet.
Wolfratshausen/Geretsried – So mancher Stadtrat aus Wolfratshausen und Geretsried ist mit dem Thema befasst, seit er vor Jahrzehnten das erste Mal ins jeweilige Gremium gewählt worden ist. Zum wiederholten Mal stand die geplante Verlängerung der S7 auf der Tagesordnung, dieses mal für die gemeinsame Sondersitzung der Mandatsträger am Donnerstag in der Loisachhalle: „Aktuelle Informationen zum Planfeststellungsverfahren S-Bahn.“ Diese Ankündigung musste Geretsrieds Bürgermeister Michael Müller (CSU) zu Sitzungsbeginn korrigieren: „Ich kann Ihnen nur unsere Erkenntnisse mitteilen“, sagte Müller. Bahnbrechende Neuigkeiten hatte er nicht im Gepäck.
S7-Verlängerung nach Geretsried: Ergebnis der NKU ist „wesentlich“ für das Projekt
Müller zitierte in der Sitzung aus dem umfangreichen Schriftverkehr sowie persönlichen Gesprächen mit Landespolitikern, Staats- und Bundesministern und Vertretern des Vorhabensträgers, die Deutschen Bahn. Mit leicht sarkastischem Unterton stellte Müller rückblickend fest: „Man glaubt ja gar nicht, wer in den vergangenen 30 Jahren alles da war, um die S7-Verlängerung zu verkünden.“
Warum steht die S7 nicht im Modernisierungsprogramm?
Stand der Dinge: Die technischen Planungen für das Projekt, das laut aktuellster Berechnung aus dem Jahr 2009 mehr als 165 Millionen Euro kosten wird, seien „nahezu fertiggestellt“. Den bislang angepeilten Termin für den ersten Spatenstich – 2024 – hatte Bayerns Verkehrsminister Christian Bernreiter (CSU) allerdings kürzlich einkassiert. Auch in Bernreiters Modernisierungsprogramm „Starke S-Bahn München“, das er vor wenigen Tagen vorstellte, findet sich kein Wort zur geplanten Gleisverlängerung in die größte Stadt im Landkreis Bad Tölz-Wolfratshausen. Nach Müllers Worten umfasst das Programm nur Projekte, „die bis 2028/2030 abgeschlossen sind – so zumindest hat man uns das erklärt“.
„Wesentlich für das laufende Planrechtsverfahren und den Fortgang des Projekts ist das Ergebnis der standardisierten Bewertung, die Nutzen-Kosten-Untersuchung“, so eine Bahnsprecherin gegenüber unserer Zeitung. Bei der NKU „werden dem Nutzen des Projekts die Kosten gegenübergestellt“. Fällt die NKU unter den Faktor 1, gilt die Infrastrukturmaßnahme als unwirtschaftlich – die erste NKU vor gut zehn Jahren brachte das Ergebnis 1,09.
Tunnel-/Troglösung in Wolfratshausen kostet zusätzliche 44 Millionen Euro
Wolfratshausens Bürgermeister Klaus Heilinglechner (Bürgervereinigung) stellte in der Sondersitzung in diesem Kontext fest: Das besagte standardisierte Verfahren sei „ein neues NKU-Verfahren“, bei dem der potenzielle Nutzen eines Infrastrukturvorhabens „positiver bewertet“ würde als bislang. In die Analyse fließen unter anderem die voraussichtlichen Fahrgastzahlen auf dem verlängerten S-Bahn-Ast sowie der mutmaßlich „vermiedene Pkw-Verkehr pro Tag“ ein.
Im Zuge der erneuten NKU wird auch der Kompromiss unter die Lupe genommen, den Wolfratshausen mit der Nachbarstadt sowie dem Landkreis ausgehandelt hat. Die Flößerstadt hatte auf die Tieferlegung der Gleise unter die Sauerlacher Straße gepocht und die Planung eines Tunnel-/Trogbauwerks im Bereich des S-Bahnhofs in Wolfratshausen durchgesetzt. Zusätzliche rund 44 Millionen Euro (Stand 2009) wird das kosten, jeweils 17 Millionen Euro legen die Kommunen auf den Tisch, den Rest zahlt der Kreis.
FDP-Stadtrat regt an, mögliche Alternativen ins Auge zu fassen
„Tatsache ist, die Kosten sind gestiegen“, stellte Dr. Patrick Lechner (FDP) in der gemeinsamen Sitzung beider Stadtratsgremien fest. Zudem sei auf absehbare Zeit nicht mit dem Startschuss – die Bahn rechnet mit einer Bauzeit von rund fünf Jahren für die knapp zehn Kilometer lange eingleisige Strecke – zu rechnen. Daher sei es in seinen Augen sinnvoll, so Lechner, Alternativen wie die sogenannte Otto-Bahn ins Auge zu fassen. Auch Dr. Hans Schmidt (Grüne) plädierte dafür, als Interimslösung Busse zwischen den Städten pendeln zu lassen. Einem geplanten Ausbau der B11 könnte er unter dieser Voraussetzung sogar zustimmen – sofern Extra-Busspuren angelegt würden.
„Solche Ideen bereichern die Diskussion, bringen uns in der Sache aber nicht weiter“, meinte Geretsrieds Rathauschef Müller. Die Trasse sei seit Jahren festgelegt, beide Städte hätten sich auf die S-Bahn als Transportmittel und den Gleisweg, der Gegenstand der Planung ist, verständigt.
Verkehrsminister geht von Planfeststellungsbeschluss im Jahr 2023 aus
„Zentral ist jetzt die NKU“, unterstrich Bürgermeister Heilinglechner. Richtig, bestätigt eine Bahnsprecherin. Das Ergebnis der Untersuchung sei für das Planrechtsverfahren bedeutsam, weil es gegenüber dem Eisenbahn-Bundesamt „die Projektrechtfertigung“ darstelle. „Wir gehen davon aus, dass 2023 der Planfeststellungsbeschluss gefasst wird“, sagte Staatsminister Bernreiter vergangene Woche bei einem Pressetermin in Dietramszell. Er betonte, dass nicht der Freistaat Herr des Verfahrens sei, sondern „das ist das Eisenbahn-Bundesamt“.
Bürgermeister verlangt aktuellen Zeit- und Kostenplan von der Bahn
Geretsrieds Rathauschef Müller ließ in der Sondersitzung der Stadträte nicht unerwähnt, dass eine weitere Voraussetzung für die Realisierung der S7-Verlängerung noch nicht erfüllt sei: Bahn und das Land Bayern müssen einen Bau- und Finanzierungsvertrag schließen. Nach seinem Wissen gebe es derzeit nur „einen Entwurf“. Angesichts des dichten Nebels, der das vor Jahrzehnten auf den Weg gebrachte Mammutprojekt immer noch einhüllt, habe man die Deutsche Bahn aufgefordert, „einen aktuellen Zeit- und Kostenplan vorzulegen“. Geschehen sei das noch nicht. Müller bleibt in Sachen Gleisverlängerung kämpferisch: „Wir werden da nicht locker lassen.“ (cce)
Unser Wolfratshausen-Geretsried-Newsletter informiert Sie regelmäßig über alle wichtigen Geschichten aus Ihrer Region. Melden Sie sich hier an.