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Wie die Einweihung des Badehauses Waldram gefeiert wurde

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Von: Volker Ufertinger

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Gelöste Stimmung: Der Verein „Bürger fürs Badehaus“ bekam für seinen langjährigen und zähen Einsatz viel Applaus von der Festgesellschaft. © Foto: Lippert

Mit einem Festakt ist am Sonntag die Eröffnung des Badehaus Waldram feierlich begangen worden. Dass dem Erinnerungsort auch überregional Beachtung geschenkt wird, wurde bei den Reden deutlich.

Wolfratshausen – Ganz hinten in der Aula des Gymnasiums St. Matthias saßen am Sonntag mehrere ältere Herrschaften. Anders als der Rest der etwa 200 Gäste hatten sie Kopfhörer auf: Ihnen musste gedolmetscht werden, was vorne auf der Bühne zu Sprache kam. Der Grund: Bei ihnen handelte es sich um die ehemaligen Kinder aus Föhrenwald. Ganze 60 hatten aus aller Welt den Weg nach Wolfratshausen angetreten. Ihnen, den Zeitzeugen, galt ein besonderer Gruß von Dr. Sybille Krafft, Vorsitzende des knapp 400 Mitglieder zählenden Vereins „Bürger fürs Badehaus“, der den Erinnerungsort durch zähen Einsatz möglich gemacht hatte. „Es berührt mich, dass Sie alle gekommen sind“, sagte sie.

Die Waldramer Geschichte ist so etwas wie ein Zeitraffer der jüngeren deutschen Vergangenheit. Erst die Mustersiedlung für Rüstungsarbeiter ab 1940. Dann der Todesmarsch Ende April, Anfang Mai 1945. Dann das Lager Föhrenwald für Juden, die Krieg und KZ teils schwer traumatisiert überlebt hatten. Und schließlich, ab 1957, die Ansiedlung katholischer, kinderreicher Heimatvertriebener. Dass dies inzwischen als bekannt vorausgesetzt werden kann, ist ein Erfolg der jahrelangen Bemühungen der „Bürger fürs Badehaus“: Er hat die besondere Historie bewusst gemacht. Am Sonntag folgte ein weiteres wichtiges Etappenziel: die offizielle Eröffnung mit Festakt und Segnung.

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Feierlicher Moment: Weihbischof Wolfgang Bischof, die evangelische Landesbischöfin Susanne Breit-Keßler sowie Rabbi Steven Langnas segneten den Erinnerungsort am Kolpingplatz. © Foto: Lippert

Dass der Dokumentationsstätte weit über den Landkreis hinaus Beachtung geschenkt wird, wurde schon aus der Gästeliste deutlich. So hatte etwa Dr. Josef Schuster, Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland, die Einladung angenommen. Ihm war vor allem eines wichtig: „Föhrenwald ist der Beweis dafür, dass mit der Schoa das jüdische Leben in Deutschland nicht endet, sondern beginnt.“ Viele Eltern hatten ihren Kindern nicht erzählt, was ihnen widerfahren war. Der Baby-Boom in Föhrenwald war beträchtlich.

Die US-Konsulin Meghan Gregonis gratulierte in deutscher Sprache dazu, dass hier etwas „ganz Besonderes“ gelungen sei, um sich danach in englischer Sprache an ihre amerikanischen Mitbürger zu wenden. Florian Herrmann, Leiter der Staatskanzlei und Staatsminister für Bundesangelegenheiten, erklärte: „Sie haben hier etwas Großartiges auf die Beine gestellt.“ Vor allem lobte er die lebendigen Zeitzeugenberichte, die in der Ausstellung eine große Rolle spielen und die so unendlich viel mehr bewirken als Gedenktafeln. „Antisemitismus und Rassismus haben keinen Platz in Deutschland“, sagte er. Bürgermeister Klaus Heilinglechner dankte dem Verein für sein „überwältigendes Engagement“ und wünschte dem Badehaus, dass es „von Veranstaltungen, Workshops und Festen nur so strotzen wird.“

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Begrüßungs- und Schlusswort blieben Dr. Sybille Krafft und Wolfang Saal vom Verein „Bürger fürs Badehaus“ vorbehalten. Saal erinnerte daran, wie viel ehrenamtliche Arbeit geleistet wurde, nämlich 15 000 Stunden. „Ich habe immer gesagt, wir werden vor dem Berliner Flughafen eröffnet“, sagte er mit einem Lächeln. Krafft richtete den Blick in die Zukunft: „Ein Etappenziel ist erreicht“, erklärte sie. Aber jetzt gehe es schon um etwas anderes: „Lassen Sie uns das Badehaus mit Leben füllen.“

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