Wolfratshauser Surfwelle: Innovation Ja, aber nicht um jeden Preis

Der Stadtrat ist mit seiner Entscheidung vom Dienstag, einer Kostendeckelung bei 400.000 Euro, gehörig auf die Euphorie-Bremse gestiegen.
Wolfratshausen – Die in Weidach geplante künstliche Surfwelle polarisiert. Für die einen ist die Verwirklichung gleichbedeutend mit einer Frischzellenkur für die Flößerstadt, andere betrachten das ehrgeizige Projekt als kurzlebiges Freizeitvergnügen einer überschaubaren Zielgruppe – für das der Steuerzahler extrem tief in die Tasche greifen muss. Mit 17:3 Stimmen hat der Stadtrat wie berichtet am Dienstagabend beschlossen: Das vor sechs Jahren gestartete Vorhaben wird fortgesetzt. Allerdings deckelte das Gremium den städtischen Zuschuss auf maximal 400 000 Euro und knüpfte diese Zusage an acht Bedingungen, die der Verein „Surfing Wolfratshausen“ zu erfüllen hat.
„Es geht nicht um Mut und Risikobereitschaft“, betonte SPD-Fraktionschef Fritz Meixner. „Es geht ums Geld.“ Laut Kostenberechnung müssen für die Welle 674000 Euro bereitgestellt werden. In einem nicht öffentlichen Papier, das aus dem Bauamt stammt, werden die voraussichtlichen Gesamtkosten mit 750 000 Euro beziffert. „Ich bin für Innovationen, aber nicht um jeden Preis“, erklärte Meixner die Deckelung des städtischen Zuschusses. „Es gibt also heute kein Go und kein Stop, sondern ein Vielleicht“, übersetzte der SPD-Sprecher den Beschluss des Gremiums.
172 000 Euro aus dem EU-Förderprogramm Leader sind der Loisachstadt bereits sicher, zusätzliche 110 000 Euro aus demselben Topf in Aussicht gestellt. Die Entscheidung fällt am 18. März in Bad Tölz. Aus diesem Grund müsse der Beschluss gefasst werden, „dass Wolfratshausen zur Welle steht“, sagte Rathauschef Heilinglechner. Sollte die Leader-Aktionsgruppe im Landkreis im März den Daumen heben, habe die Kommune ein halbes Jahr Zeit, um alle für den Bau notwendigen Dokumente „unterschriftsreif vorzulegen“. Gelingt das nicht, fließe kein Geld aus Brüssel nach Wolfratshausen. Das gilt laut Bürgermeister auch mittelfristig, denn die Leadermittel würden in den kommenden Jahren deutlich reduziert.
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Der in weiten Teilen nicht öffentliche Kriterienkatalog, den die Initiatoren der Surfwelle Punkt für Punkt abhaken müssen, werde die Risiken für die Stadt „sukzessive minimieren“, meinte Dr. Ulrike Krischke (Bürgervereinigung). Ihre Fraktion „wird es wagen, in die Idee unserer Bürger zu investieren“. Krischke machte sich zum Anwalt des Surf-Vereins und bat um Verständnis dafür, dass noch immer viele Fragen unbeantwortet seien. Es gebe „weltweit“ noch keine Flusswelle. Die komplexe Stahlkonstruktion, das Betreiberkonzept, das Thema Versicherung – „das ist alles noch nicht da gewesen“, sagte Krischke.
„Wir Stadträte stehen in der Verantwortung“, stellte CSU-Fraktionssprecher Günther Eibl mit Blick auf die Kosten fest. 674 000 Euro statt 410 000 Euro (Kostenschätzung): Für Eibl ist das „eine neue Dimension“. Die Christsozialen würden mehrheitlich hinter der Welle stehen, aber sie müssten „noch in den Spiegel schauen können“. Das heißt, sie müssten den Griff ins Stadtsäckel verantworten können.
Erhebliche Zweifel am Projekt meldete Gerlinde Berchtold (SPD) an. Das Grundstück in Weidach gehöre dem Kraftwerksbetreiber, das Flussufer dem Freistaat. Sollte der Bauherr, die Stadt, die Welle dort errichten, wäre das ein Präzedenzfall. „Die Stadt war bisher nur Bauherr, wenn sie auf einem eigenen Grundstück gebaut hat.“ Zudem glaube sie nicht, dass „800 000 Euro“ ausreichen würden. Ergo „werde ich heute die Notbremse ziehen“, erklärte Berchtold.
Bürgermeister Heilinglechner vertrat die Ansicht, dass sich die Stadt nicht nur „auf Traditionen ausruhen“, sondern „den Schritt ins unbekannte Land wagen“ sollte. Das Projekt, das von Bürgern angestoßen wurde, „gibt uns etwas positives Neues“.
Grünen-Sprecher Dr. Hans Schmidt warnte „vor zu großer Euphorie“. Sowohl die Bedenken hinsichtlich der diversen Vertragswerke sowie der Kosten „müssen erst ausgeräumt und die Leader-Förderung zugesichert sein, bevor dieses Projekt in trockenen Tüchern ist“.