Gräfelfing baut Corona-Teststation auf

Sechs bestätigte Covid-19-Patienten gab es am Montag in Gräfelfing. Die Fallzahlen im Landkreis München verdoppelten sich von Sonntag bis Dienstag auf 83 Infizierte. Heute treffen sich die Würmtal-Bürgermeister zu einer Krisensitzung. Gräfelfing will eine Corona-Teststation aufbauen.
Würmtal – Einen Zeitvorsprung im Kampf gegen die Ausbreitung des Coronavirus könnten sich die Gemeinden im Landkreis München verschafft haben: Bereits Ende der vergangenen Woche hatten sie beschlossen, Teststationen vor Ort einzurichten (wir berichteten). So sollen der Weg für die Bürger vom Verdachtsfall zum Testergebnis verkürzt, der Druck auf die Arztpraxen verringert und die Ansteckungsgefahr für alle Beteiligten reduziert werden. Damit diese Struktur im Werden möglichst effizient und effektiv arbeiten kann, bittet das Landratsamt die Bürger um sorgsamen Umgang mit den endlichen Ressourcen der Telefon-Hotlines und Testzentren.
Laut Landratsamt sind noch längst nicht alle Gemeinden so weit, dass Tests an zentralen Einrichtungen vor Ort durchgeführt werden können. Die notwendigen Strukturen sollen so schnell wie möglich entstehen, teils werden wohl mehrere Gemeinden in interkommunaler Zusammenarbeit tätig und sich einen Ort teilen. „Das ist eine logistische Herausforderung, und die Praxiserfahrung ist noch nicht groß“, sagt die Chefsprecherin der Kreisbehörde, Christine Spiegel. „Die Gemeinden sind aber allesamt höchst motiviert, hier zu unterstützen.“
Treffen der Krisenstäbe
Das gilt auch für die Würmtalgemeinden. Am heutigen Mittwoch treffen sich die Krisenstäbe der hiesigen Rathäuser in Planegg zu einer Sitzung, in der das gemeinsame weitere Vorgehen besprochen und abgestimmt wird. Am Dienstag bekräftigte Gräfelfings Bürgermeisterin Uta Wüst im Merkur-Gespräch: „Wir möchten eine Teststation Ende der Woche aufbauen und betriebsbereit haben.“ Diese Station soll im Bereich des Wendehammers in der Adalbert-Stifter-Straße angesiedelt sein. Der Schulcampus liegt derzeit verwaist da und eignet sich dank seiner etwas abgesonderten Lage und der freien Flächen für diesen Zweck.
Schwierige Personalsuche
Nicht ganz einfach war es, das entsprechende medizinische Personal für den Betrieb der Teststation zu finden, weil hauptberuflich tätige Ärzte in der Regel dafür keine Kapazitäten haben. Einem Aufruf der Gemeinde Gräfelfing folgten laut Wüst inzwischen jedoch mehrere Personen, die sich hier engagieren wollen, etwa ausgebildete Sanitäter sowie Ärzte, die gerade in Teilzeit arbeiten oder in Elternzeit sind.
Schwierig zu bekommen sind laut der Bürgermeisterin Teile der benötigten Schutzkleidung. Das Gesundheitsamt im Landratsamt habe nichts dergleichen abzugeben, musste Wüst erfahren. Handschuhe seien kein großes Problem, der Rest der Schutzkleidung sei schwieriger zu beschaffen – jedenfalls kurzfristig. Den eigentlichen Aufbau der Logistik wie Pavillon/Zelt, Tische und Ähnliches werden Bauhof und Feuerwehr übernehmen.
Martina Sohn, Sprecherin der Gemeinde Planegg, sagte auf Anfrage, ein gemeinsames Vorgehen der Würmtalgemeinden erscheine sinnvoll. In Planegg laufe derzeit die Abstimmung mit BRK und Feuerwehr, die ihre Hilfe zugesagt hätten. Bürgermeisterin Uta Wüst deutete an, dass zunächst vielleicht die eine Station in Gräfelfing reichen könne; auch diese werde anfangs nur zu bestimmten Zeiten aufgebaut sein. Das könne sich bei der aktuellen Verbreitungsgeschwindigkeit des Virus aber schnell ändern; schließlich generiert jeder Infizierte eine Reihe von Kontaktpersonen, die zu testen wären.
Erster Ansprechpartner der Hausarzt
Wichtig ist der Landratsamts-Sprecherin eine Vorgabe aus dem Gesundheitsamt: Kein Bürger, der eine Infektion befürchtet, solle einfach so ein Testzentrum oder eine Praxis aufsuchen, ohne zuvor mit einem Arzt telefoniert zu haben. Erster Ansprechpartner sei der Hausarzt, die Alternative der kassenärztliche Bereitschaftsdienst unter der Telefonnummer 116 117. Grundsätzlich sind Tests nur für Personen vorgesehen, die nach einem möglichen Kontakt klare Symptome der vom Coronavirus ausgelösten Lungenkrankheit Covid-19 zeigen – oder besonders engen Kontakt zu jemandem hatten, der bereits positiv auf den pandemischen Erreger getestet ist. Die Entscheidung für oder gegen einen Test fällt der Arzt.
Noch nicht ganz klar waren am Dienstag in Gräfelfing die praktischen Wege bei der Vermittlung der Patienten. Der Arzt, meistens wohl der Hausarzt, müsse für den jeweiligen Patienten das mit den persönlichen Daten beschriftete Teströhrchen ausstellen, dieses müsse zur Teststation gelangen. Dort soll der Test ohne Personenkontakt ablaufen: Die Helfer legen das Röhrchen beispielsweise auf einen Tisch, entfernen sich, der Patient nimmt es, macht seinen Abstrich unter Beobachtung, legt es wieder hin und geht auf Distanz.
Bis zum Eintreffen der Ergebnisse gilt dann bereits die Quarantäne, zu deren Einhaltung das Gesundheitsamt Infizierte und enge Kontaktpersonen von Infizierten verpflichtet. Das Landratsamt lässt durchblicken, dass sich mit steigenden Fallzahlen die Hürde erhöhen könnte, bevor getestet wird, um die Labore nicht zu überlasten.
Erstmals Fallzahlen aus den Kommunen
75 nachgewiesene Fälle des Coronavirus SARS-CoV-2 zählte das Landratsamt am Montag im Landkreis München. Im Vergleich zu den Zahlen des Landesamtes für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit vom Sonntag (38 Fälle) sind das fast genau doppelt so viele. Dazu teilt das Landratsamt erstmals Fallzahlen aus den einzelnen Kommunen mit.
Doch auch aus einem anderen Grund sind die Zahlen mit Vorsicht zu genießen: Sie beinhalten diagnostizierte Covid-19-Patienten der jeweiligen Gemeinden – auch wenn diese sich ganz woanders infiziert und aufgehalten haben. Umgekehrt taucht beispielsweise der Fall des Mädchens, der zur ersten Schließung des Lise-Meiter-Gymnasiums in Unterhaching geführt hatte, in der Statistik gar nicht auf, denn: Die Schülerin lebt nicht im Landkreis München. Über das Infektionsrisiko in einer Gemeinde geben die Zahlen also wenig Auskunft.
Fälle sind bisher in 25 Gemeinden gemeldet: Aying (1), Baierbrunn (2), Feldkirchen (1), Garching (1), Grasbrunn (2), Gräfelfing (6), Grünwald (6), Haar (3), Hohenbrunn (5), Höhenkirchen-Siegertsbrunn (1), Ismaning (3), Kirchheim (5), Neubiberg (3), Oberhaching (8), Oberschleißheim (1), Ottobrunn (3), Pullach (4), Putzbrunn (1), Sauerlach (1), Schäftlarn (3), Straßlach-Dingharting (1), Taufkirchen (4), Unterföhring (3), Unterhaching (3) und Unterschleißheim (4). Keine Ansteckungen verzeichnen demnach bisher Aschheim, Brunnthal, Neuried und Planegg.
Merkblätter
und weitere Ratschläge und Verhaltensmaßgaben für Infizierte und Kontaktpersonen sowie aktuelle amtliche Informationen zu den Auswirkungen der Coronavirus-Pandemie finden Sie im Netz unter landkreis-muenchen.de. Das Bürgertelefon unter 089/62 21 12 34 ist werktags von 9 bis 16 Uhr geschaltet, aber wegen einer hohen Zahl an Anrufern zumeist überlastet. Der kassenärztliche Bereitschaftsdienst weist darauf hin, dass unter der Dringlichkeits-Nummer 116 117 keine allgemeine Beratung zum Coronavirus möglich ist.