- vonMartin Schullerusschließen
„Ich laufe gegen eine Wand, obwohl ich genau das tue, was die Politik von den Bürgern erwartet“, sagt Eberhard Schön. Der Gräfelfinger hat gutes Geld in eine hochmoderne Photovoltaik-Anlage mit Speicher gesteckt. Seit knapp zwei Monaten ist das totes Kapital. Denn wann er mit der Anlage tatsächlich ans Netz gehen könne, stand bis vor Kurzem in den Sternen.
– Aus dem Bad im ersten Stock seines Hauses an der Straße hat Eberhard Schön einen guten Blick auf das Garagendach – und auf seine neueste Investition: 14 die fein säuberlich auf der Südseite des Satteldachs montiert sind. Sie verfügen über eine Nennleistung von 5 und sind mit einem 5-kWh-Stromspeicher verbunden. „Ich habe die Anlage nach allen Regeln der Kunst zusammengestellt; moderner geht’s gar nicht“, sagt Eberhard Schön. Der studierte Maschinenbauingenieur kann sämtliche Daten laufend auf seinem Smartphone verfolgen und die Anlage darüber steuern. Selbst eine Verschattung der Module ist möglich, wenn der Speicher voll ist und sie zu viel Strom liefern. Schön: „In Verbindung mit der Warmwasseranlage auf dem Hausdach macht die unseren Zwei-Personen-Haushalt die meiste Zeit über energieautark.“
Der Ärger ging los, nachdem die neue PV-Anlage am 26. September fertig montiert war und Eberhard Schön den Bayernwerken meldete, dass nun der Anschluss ans Stromnetz erfolgen könne. Denn einen Teil des überschüssigen Stroms darf jeder Betreiber kleiner PV-Anlagen ins Netz einspeisen und bekommt dafür Geld; das ist gesetzlich geregelt. Doch seit dem 26. September sieht Eberhard Schön seine Anlage an, wartet auf die Inbetriebnahme – und sein Frust wächst täglich. Denn von den Bayernwerken erfuhr er auf Nachfrage Mitte Oktober, dass es für die Anschlüsse eine Warteliste gebe, die nach und nach abgearbeitet werde. Wann Schön dran sei, lasse sich nicht sagen. Auch nicht anderthalb Monate nach Antragstellung.
Gemeinde Gräfelfing hat Anlage bezuschusst
„Ich wollte alles richtig machen und habe eine ökologisch sinnvolle Investition getätigt, die sich für mich gar nicht rechnen wird“, sagt der 78-Jährige. „Es geht mir auch nicht um das Geld, und ich bin auch kein Grüner“, erklärt Schön, der viele Jahre als Prokurist bei Krauss-Maffei arbeitete. „Aber mich ärgert die mangelnde Ernsthaftigkeit der großen Politik maßlos.“ In Talkshows und Sonntagsreden würden Bürgern Dinge versprochen und von ihnen gefordert, die am Montag schon schulterzuckend vergessen seien. Die Gemeinde Gräfelfing, die seine Anlage bezuschusst, habe sich dagegen in der Beratung und Abwicklung vorbildlich verhalten.
Den Bayernwerken wiederum unterstellt Eberhard Schön, diese Netzanschlüsse bewusst zögerlich und widerwillig vorzunehmen. „Schließlich verlieren die damit Stromkunden. Und sobald kein Geschäft mehr da ist, tritt Lethargie ein“, zürnt Eberhard Schön.
Bayernwerk spricht von Personalengpass
Auf Merkur-Anfrage gab Bayernwerk-Sprecher Christian Martens zu, dass es in letzter Zeit zu einer „gewissen Verzögerung“ bei den Anschlüssen von PV-Anlagen gekommen sei. Davon sei nicht nur Eberhard Schön betroffen. Als Grund nannte der Sprecher eine „größere Menge an Anträgen“ sowie einen Personalengpass bei der Bearbeitung der Anträge und dem Setzen der Zähler.
Christian Martens: „Aber diese Personalprobleme sind jetzt gelöst, und wir sind dabei, den Rückstand aufzuholen, um die Anschlüsse zügig möglich zu machen.“ Für die Verärgerung von Eberhard Schön habe man vollstes Verständnis. Der Gräfelfinger werde innerhalb der nächsten Woche mit seinem Anschluss rechnen können.
Den Vorwurf, Anschlüsse bewusst zu verzögern, wollte der Bayernwerk-Sprecher jedoch nicht auf seinem Unternehmen sitzen lassen: „Wir sind ja nur Netzbetreiber und verkaufen gar keinen Strom“, so Martens. Rund 300 000 Photovoltaik-Anlagen seien ans Bayernwerk-Netz angeschlossen, in dem etwa 60 Prozent regenerative Energie fließen würde. Christian Martens: „So ein Anschluss ist auch nicht unsere Entscheidung, sondern wir sind gesetzlich dazu verpflichtet. Und das machen wir gerne, denn wir sehen uns als aktiven Faktor in der Energiewende-Gestaltung.“
Dafür gibt‘s in Gräfelfing Zuschüsse: das Förderprogramm Energie der Gemeinde.