In der Nach-Petry-Ära ist Höcke kein Problem mehr

Beliebt ist Björn Höcke an der sächsischen AfD-Basis schon lange. „Höcke, Höcke“ schallt es auch bei Pegida immer wieder aus besorgter Bürger Kehlen. In der Nach-Petry-Ära ist der Rechtsaußen im Aufwind.
Dresden/Erfurt - „Herr Höcke ist hier in Sachsen grundsätzlich immer willkommen, im Gegensatz zu den Zeiten unter der früheren Vorsitzenden“, sagt Siegbert Droese. Und im Gegensatz zur früheren AfD-Landes- und Bundesvorsitzenden Frauke Petry hat ihr in Sachsen derzeit nur amtierender Nachfolger kein Problem mit dem rechten Rand der Partei. Im Gegenteil. Mit dem Austritt Petrys nach der Bundestagswahl könne die sächsische AfD endlich in einen Kreis Gleichgesinnter zurückkehren. Droese erhofft sich so auch mehr Bedeutung für die Ost-AfD in der Bundespartei und setzt dabei auch auf Pegida.
Zwar nehme die Zahl der Mitglieder kontinuierlich zu - in Sachsen seien es derzeit rund 2000. Im Vergleich mit den westdeutschen Landesverbänden sei man aber deutlich kleiner. „Deshalb macht es Sinn, wenn wir in Mitteldeutschland ein Stück zusammenrücken“, sagt Droese. „Weltanschaulich“ stünden sich die Funktionäre in den drei Landesverbänden Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen ohnehin sehr nahe. „Wir stehen für einen starken Patriotismus.“
Petrys Abgang ein „Tag der Befreiung“
Der Leipziger Hotel- und Restaurantfachmann, seit September im Bundestag, spricht gern vom „Tag der Befreiung“, als Petry die Partei verließ. „Die Entfremdung der früheren Vorsitzenden hat auch dazu geführt, dass der sächsische Landesverband ein Stück weit in der Isolation war: Man vertraute den Sachsen nicht mehr so recht in Mitteldeutschland.“ Grund sei die Auseinandersetzung der früheren Vorsitzenden, die der 48-Jährige fast nie beim Namen nennt, mit dem Thüringer AfD-Chef Björn Höcke. „Dadurch sind wir auf der Ebene der Spitzenfunktionäre etwas zurückgefallen.“
Höcke, gegen den Petry einst ein Ausschlussverfahren maßgeblich mit vorantrieb, sieht das Verhältnis in der Nach-Petry-Ära ebenfalls entspannt: „Der Austausch und die Zusammenarbeit mit dem Landesvorstand der AfD Sachsen ist noch ungezwungener geworden und hat sich zweifelsohne intensiviert“, sagt er und nennt beispielhaft den politischen Aschermittwoch beim Kreisverband Sächsische Schweiz-Osterzgebirge, bei dem er Mitte Februar in Pirna neben André Poggenburg und Andreas Kalbitz, den Landeschefs aus Sachsen-Anhalt und Brandenburg, auf der Rednerliste steht.
Auch Petrys Nachfolger in Sachsen soll in Pirna sprechen. Über den wird aber erst am kommenden Wochenende ein Mitgliederparteitag in Hoyerswerda entscheiden - wie über den gesamten Landesvorstand. Droese tritt an und hat mindestens zwei Gegenkandidaten. Aussichtsreich im Rennen ist auch der Fraktionsvorsitzende im Landtag, Jörg Urban - wie Droese ein Unterzeichner der „Erfurter Resolution“, mit der Höcke und Poggenburg 2015 den rechtsnationalen Gegenkurs zur Parteiführung um Petry in der Gruppe „Der Flügel“ organisierten.
Dominanz des rechtsnationalen Parteiflügels
Höckes Landesverband kommt ebenfalls am Wochenende zusammen. In Arnstadt soll der Vorstand aber nur komplettiert werden. Doch das fehlende Mitglied war aus Protest gegangen: Mit der Dominanz des rechtsnationalen Parteiflügels und Höckes, der diesen Flügel repräsentiert, hatte Landesvize Steffi Brönner ihren Rückzug begründet.
Wer auf sie folgt, ist noch offen. Es sei kein Personalvorschlag des Vorstandes geplant, sagt Stefan Möller, der zweite Thüringer AfD-Landessprecher neben Höcke. „Da kann jeder vorgeschlagen werden.“ Letztlich wird die Nachbesetzung aber ein Signal senden, wie groß die Unterstützung der Basis für den Kurs Höckes ist, der gerade erst wieder mit Äußerungen zum Islam für Schlagzeilen sorgte.
Hüben wie drüben: Beflügelt von den Bundestagswahlergebnissen - in Sachsen wurde die AfD mit 27 Prozent sogar stärkste Kraft, in Thüringen waren es knapp 23 Prozent - geben sich Droese und Höcke mit Blick auf die Landtagswahlen im kommenden Jahr siegessicher. Während Droese die AfD schon als „natürlichen Nachfolger“ der CDU sieht und diese an der Regierung „beerben“ will, fand Höcke schon markige Worte, als er sich gegen ein Mandat in Berlin entschied: „Wir, die wir hier bleiben in Thüringen, wollen 2019 Geschichte schreiben.“
Schulterschluss von AfD und Pegida
Droese setzt beim Wahlkampf auch auf Pegida und will, dass die Bundespartei den Sachsen freie Hand für ein Bündnis lässt. Auch Höcke sieht weitestgehend Deckungsgleichheit mit den Forderungen des fremden- und islamfeindlichen Dresdner Bündnisses. „Dass Pegida der AfD hilft, mit diesen Forderungen im vorpolitischen Raum präsent zu sein und durchzudringen, ist evident.“
Einmal montags bei Pegida auf der Bühne zu stehen, wie vom Chef der Patriotischen Europäer gegen die Islamisierung des Abendlandes (Pegida), Lutz Bachmann, schon mehrfach angemahnt, könne er sich durchaus vorstellen, sagt Höcke. „Allerdings gibt es Beschlüsse unserer Partei, die es zu beachten gilt.“ Den Wunsch Droeses, „die Haltung und Beschlusslage unserer Partei zu Pegida zu überprüfen, unterstütze ich jedoch ausdrücklich“.
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