Afghanistan-Abschiebungen: Auswärtiges Amt ändert Lagebericht – Absage an Bundeswehreinsatz

In Afghanistan verschärft sich die Situation weiter dramatisch. Das Auswärtige Amt reagiert. Derweil lehnt die Bundeswehr eine Rückkehr in das Land ab.
Berlin – Die politische Lage in Afghanistan ist derzeit äußerst angespannt. Der Vormarsch der Taliban bereitet der afghanischen Regierung große Probleme. Teile der Bevölkerung fürchten um ihre Sicherheit. Mittlerweile kontrollieren die Taliban weite Teile Afghanistans, sie nahmen binnen weniger Tage sechs Provinzhauptstädte ein.
Der aktuelle Lagebericht des Auswärtigen Amts in Deutschland zeichnete ein anderes Bild. Kritiker monierten, die Verschlechterung der Sicherheitslage nach dem Abzug der internationalen Truppen sei nicht ausreichend abgebildet. Ebenso wenig die beinahe täglich voranschreitenden Eroberungen der radikalislamischen Taliban.
Afghanistan-Abschiebungen: Auswärtiges Amt will Lagebericht aktualisieren
Abschiebungen nach Afghanistan hatten diese Debatte entfacht. Nun reagierte die Bundesregierung und will ihre Einschätzungen überarbeiten. Eine Sprecherin des Außenministeriums gab am Montag an, dass man „eine Ad-hoc-Aktualisierung des Lageberichtes“ vorbereite. Wann dieser veröffentlicht werden soll, blieb unkommentiert.
Im Bezug auf Asylanträge und Abschiebungen bilden die Lageberichte des Auswärtigen Amts über die betreffenden Länder die Grundlage. Auf dieser Basis wird entschieden, ob Asyl gewährt oder eine Abschiebung veranlasst wird. In der Vorwoche wurde ein geplanter Abschiebeflug mit sechs Afghanen wegen eines Taliban-Anschlags in Kabul kurzerhand abgesagt.
Ehemalige Bundeswehr-Helfer aus Afghanistan mit Familienangehörigen eingeflogen
Trotzdem will die Bundesregierung grundsätzlich an Abschiebungen nach Afghanistan festhalten. Derweil hatte die afghanische Regierung an europäische Länder den Appell gerichtet, bis auf weiteres auf Abschiebungen in ihr Land zu verzichten.
Unterdessen durften knapp 1700 Menschen, welche die Bundeswehr beim Einsatz am Hindukusch unterstützt hatten, mit ihren Familienangehörigen aus Afghanistan nach Deutschland einreisen. Es handelte sich um 333 frühere Ortskräfte und 1342 Angehörige, erklärte ein Sprecher des Verteidigungsministeriums am Montag in Berlin. Den ehemaligen Bundeswehrhilfskräften drohen Racheakte durch die Taliban. Die eingereisten Afghanen erhalten in Deutschland jedoch nur befristete Aufenthaltsgenehmigungen.
Afghanistan: Verteidigungsministerium lehnt erneuten Bundeswehr-Einsatz ab
Ob sich die Lage in Afghanistan zeitnah verbessern wird, ist mehr als fraglich. CDU-Politiker Norbert Röttgen brachte zuletzt sogar einen erneuten Militär-Einsatz mit Bundeswehrbeteiligung ins Spiel, um den Vormarsch der Taliban aufzuhalten. „Wenn es also militärische Fähigkeiten der Europäer, auch der Deutschen, gibt, die jetzt benötigt würden, dann sollten wir sie zur Verfügung stellen“, sagte Röttgen der Frankfurter Allgemeinen Zeitung.
Dem erteilte ein Sprecher des Bundesverteidigungsministeriums nun eine klare Absage. Für ein solches Szenario sei eine politische Mehrheit hierzulande „nicht erkennbar“, meinte Ministeriumssprecher Arne Collatz. Daher gehe er nicht davon aus, „dass wir einen Monat nach dem Abzug der deutschen Kräfte darüber nachdenken sollten, wieder in einen Kampfeinsatz dort hineinzugehen“, ergänzte Collatz. (kh)