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Terror und Flucht aus Afghanistan: Dobrindt will Milliarden für Flüchtlingshilfe vor Ort - „Lehre aus 2015“

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Von: Mike Schier

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CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt in einem Gespräch (Archivbild)
CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt über die neue Afghanistan-Krise (Archivbild) © Christoph Soeder/dpa

Am Donnerstag debattiert die CSU über Unterstützung für Afghanistan. CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt erklärt, wie er der Region schnell und großzügig helfen möchte.

München – Am Donnerstag will das CSU-Präsidium über das weitere Vorgehen in der Afghanistan-Politik beraten. Ein Gespräch mit Landesgruppenchef Alexander Dobrindt über die wichtigsten Punkte.

Herr Dobrindt, droht Europa nach dem Taliban-Vormarsch eine neue Flüchtlingswelle?

Alexander Dobrindt: Wir müssen uns mit zwei möglichen unmittelbaren Folgen auseinandersetzen: Die erste ist eine neue Terrorgefahr, wie wir sie vor 2001 hatten, als die Taliban dem internationalen Terrorismus Unterschlupf gaben und diesen unterstützten. Es gibt keinerlei Garantie dafür, dass sich die Taliban des Jahres 2021 von den Taliban aus dem Jahr 2001 unterscheiden. Das führt zur zweiten unmittelbaren Folge, nämlich Fluchtbewegungen als Ergebnis dieser Machtübernahme.

Bis nach Europa?

Dobrindt: Das UNHCR geht momentan davon aus, dass sich der größere Teil der Fluchtbewegung aktuell innerhalb Afghanistans abspielt. Wie lange das so bleibt, ist offen, ich gehe davon aus, dass der Druck auf die Grenzregionen deutlich ansteigen wird. Die Nachbarländer Afghanistans werden damit sehr unterschiedlich umgehen, deshalb müssen wir das UNHCR sehr schnell mit den nötigen finanziellen Mitteln ausstatten, um die flüchtenden Menschen in diesen Nachbarländern zumutbar unterzubringen. Deutschland muss jetzt umgehend finanzielle Zusagen an das UNHCR geben. Da geht es mit Sicherheit um Milliardenbeträge. Aber die Lehre aus 2015 heißt auch, das UNHCR mit stabilen Finanzen auszustatten, um Flüchtlingen in den Regionen vor Ort zu helfen und unterzubringen.

Afghanistan: „Im Westen und auch in Deutschland eine völlige Fehleinschätzung“

Die Bundesregierung will mit den Taliban verhandeln. Ist ihnen zu trauen?

Dobrindt: Es gibt keine andere Möglichkeit. Die Evakuierung der deutschen Staatsbürger sowie der afghanischen Ortshelfer und ihrer Familien hat hohe Priorität. Aktuell blockieren die Taliban aber die Zuwege zum Flughafen für afghanische Bürger. Deshalb muss die Bundesregierung mit ihnen reden.

Die Grünen hatten im Bundestag eine rasche Evakuierung beantragt. Warum waren Sie dagegen?

Dobrindt: Dazu gab es bereits Initiativen der Bundesregierung: 1900 Ortskräfte und ihre Familien wurden bisher nach Deutschland gebracht. Rückblickend hätte man schneller sein müssen. Es wird nun Teil der Aufarbeitung sein, warum es international im Westen und auch in Deutschland eine völlige Fehleinschätzung über das Vorgehen der Taliban und der Reaktionen des regulären afghanischen Militärs gab.

Afghanistan: Dobrindt über Bundeswehr-Etat und Abhängigkeit zu den USA

Braucht Deutschland einen Nationalen Sicherheitsrat?

Dobrindt: Das kann neben dem Sicherheitskabinett ein weiteres Instrument sein. Aber entscheidender ist die Bereitschaft, dass wir unsere Bündnisverpflichtungen auch einhalten.

Sie sprechen von den Verteidigungsausgaben?

Dobrindt: Das Nato-Ziel, wonach jedes Land zwei Prozent seines Bruttoinlandsprodukts für Verteidigung ausgibt, muss mittelfristig erreicht werden. In Sicherheitsfragen sind wir stark abhängig von den USA, was man ja aktuell leider sehr deutlich sieht. Gerade deswegen müssen wir ein Interesse daran haben, verlässliche Bündnispartner zu sein, und wenn man gleichzeitig diese Abhängigkeit reduzieren will, muss man die Voraussetzungen dafür schaffen. Das würde ich auch als eine europäische Aufgabe verstehen.

Dafür werden Sie nicht nur Beifall bekommen.

Dobrindt: Linke Parteien stellen sowohl die Nato als auch unser internationales Engagement infrage. Doch wer Interesse hat, mehr Sicherheit auf der Welt zu schaffen, Zivilisten zu schützen oder – wie jetzt – Evakuierungen vorzunehmen, braucht dafür eben die nötigen Mittel.

Interview: Mike Schier

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