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„Verstehe nicht, was Aiwanger hier macht“: CSU-Fraktionschef Kreuzer kritisiert „billiges Kalkül“

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Von: Christian Deutschländer

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Thomas Kreuzer, Fraktionsvorsitzender der CSU im Bayerischen Landtag, spricht während der Plenarsitzung
Thomas Kreuzer, Fraktionsvorsitzender der CSU im Bayerischen Landtag, spricht während der Plenarsitzung (Archivbild) © Matthias Balk/dpa

CSU-Fraktionschef Thomas Kreuzer legt Aiwanger den Rückzug als Vize-Ministerpräsident nahe. Lieber eine schwarz-grüne Koalition in Bayern? Da gebe es große politische Differenzen.

München - Der Impf-Ärger in der Staatsregierung geht weiter. Platzt die Koalition? CSU-Fraktionschef Thomas Kreuzer sagt im Interview mit dem Münchner Merkur, Freie-Wähler-Chef Hubert Aiwanger stelle „billiges Kalkül“ und Wahlkampf über den Gesundheitsschutz. Frei übersetzt: Schweig – oder schleich dich.

Sie sind ja geimpft, Herr Kreuzer. Hatten Sie (um Aiwanger zu zitieren) „Nebenwirkungen, da bleibt einem die Spucke weg“?

Nein. Ich habe mich für Astrazeneca entschieden, um keinem Jüngeren einen zugelassenen mRNA-Impfstoff wegzunehmen. Am nächsten Tag hatte ich etwas erhöhte Temperatur und leichten Schüttelfrost – sonst nichts.

Der Streit mit Aiwanger – Posse oder ernsthafter Schaden für die bayerische Impfkampagne?

Ich verstehe nicht, was der stellvertretende Ministerpräsident hier macht. Wenn er sich selber nicht impfen lassen will, ist das seine Privatsache. Politisch sollte allen in dieser Regierung aber unbedingt klar sein, dass wir aus der Pandemie nur mit einer guten Impfquote rauskommen. Hubert Aiwanger konterkariert gegen den Rat aller Experten unsere Impfkampagne, um im Bundestagswahlkampf Punkte bei Impfverweigerern zu machen. Das verstehe ich nicht.

Raten Sie zum Rauswurf?

Er muss sich überlegen, ob er stellvertretender Ministerpräsident bleiben kann. Im Einsatz für die Gesundheit der Menschen darf es kein billiges politisches Kalkül geben.

Kreuzer über Aiwanger: „Er sollte sich nicht so gerieren, als wäre er Hüter bayerischer Interessen“

Alle reden über Aiwanger. Hievt ihn das am 26. September doch noch über die fünf Prozent im Bund?

Das glaube ich nicht. Gerade in Bayern sind viele Menschen ins Nachdenken gekommen: Diese Freien Wähler sind schon lange keine bayerische Partei mehr, sondern eine Bundespartei wie alle anderen – FDP, SPD, Grüne. Aiwanger kämpft jetzt auch um die Interessen der Bürger in Mecklenburg-Vorpommern oder Bremen. Er sollte sich nicht so gerieren, als wäre er Hüter bayerischer Interessen.

Die spezifisch bayerische Sichtweise sprach immer für die Koalition CSU-FW. Dann ist die ja auch beliebig auswechselbar?

Selbstverständlich sind andere Koalitionen auch denkbar.

Selbst mit allergrößter Fantasie: Wir können uns nur sehr mühsam vorstellen, dass gerade Sie in Bayern statt Aiwanger lieber eine schwarz-grüne Koalition hätten...

(lange Pause) Da gibt es in der Tat sehr große politische Differenzen, das stimmt. Es wäre für mich schon sehr schwierig. Aber am Ende geht es immer um sachpolitische Gemeinsamkeiten.

Corona in Deutschland: „Ich glaube aus heutiger Sicht nicht, dass es notwendig sein wird, irgendwelche zusätzlichen Schließungen vorzunehmen“

Im Herbst droht die vierte Welle. Welchen Kurs werden Sie als CSU diesmal einschlagen?

Unverändert gilt: Der Gesundheitsschutz der Menschen hat Vorrang. Wir müssen genau beobachten, was bei hohen Zahlen in anderen Ländern passiert, zum Beispiel aktuell in Großbritannien und Spanien. Ich glaube aber aus heutiger Sicht nicht, dass es notwendig sein wird, irgendwelche zusätzlichen Schließungen vorzunehmen.

Geben Sie den Schulen eine Garantie für Präsenzunterricht?

Ehrlich: Garantien kann in einer Pandemie niemand abgeben. Aber wir müssen alles versuchen, Präsenzunterricht zu ermöglichen. Der Schlüssel dafür, möglichst viele Schüler im Klassenzimmer zu haben, liegt in niedrigen Inzidenzen. Vollpräsenz und hohe Inzidenzen würden dazu führen, dass ständig Schüler in Quarantäne sind.

Söder sagt: Ab Herbst sollen Discos wieder exklusiv für Geimpfte und Genesene öffnen dürfen. Aiwanger lehnt diese Sonderbehandlung ab. Wo stehen Sie in dieser Frage?

Ich bin dafür, dass Geimpfte und Genesene natürlich bei kritischen Begegnungen einen Vorrang haben – da geht es um Discos, um Kneipen, vielleicht auch Stadien. Das unterstütze ich absolut.

Interview: Christian Deutschländer

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