1. Startseite
  2. Politik

Scholz‘ Machtwort: Was der AKW-Weiterbetrieb bringt – und wo die Grünen die rote Linie gezogen haben

Erstellt:

Von: Klaus Rimpel

Kommentare

Robert Habeck (l.) und Olaf Scholz.
Robert Habeck (l.) und Olaf Scholz. © IMAGO/Frederic Kern

Drei statt nur zwei Kernkraftwerke bleiben über den 31. Dezember hinaus am Netz. Danach bräuchte es neue Brennstäbe – das aber lehnen die Grünen ab.

München – Nach dem Machtwort von Kanzler Olaf Scholz (SPD) bleiben nun also drei statt nur zwei Kernkraftwerke über den 31. Dezember hinaus am Netz. Was das für die Energieversorgung bedeutet:

AKW-Verlängerung: Wie viel Strom bringt das?

Derzeit liefern die drei noch laufenden AKW Isar 2, Emsland und Neckarwestheim 2 etwa 30 Terawattstunden Strom pro Jahr und machen einen Anteil von rund fünf Prozent an der deutschen Stromproduktion (in Bayern 15 Prozent) aus. Das letzte verbliebene norddeutsche Kernkraftwerk Emsland, um das der Streit zwischen FDP und Grünen sich drehte, könnte bis Mitte April noch 0,5 Terawattstunden Strom erzeugen. Der Gesamt-Stromverbrauch Deutschlands lag 2021 bei 508 Terawattstunden.

Warum sollen die drei AKW nicht über den April hinaus am Netz bleiben?

Weil dafür der Kauf neuer Brennstäbe nötig wäre. Das lehnen die Grünen kategorisch ab, weil es eine „grundlegende Weichenstellung“ für die Verlängerung der Atomkraft in Deutschland wäre. Zudem sind bei einem Weiterbetrieb auch noch im Winter 2023/24 neue, teure Sicherheitsüberprüfungen fällig.

Was sind Brennstäbe?

Die Kernspaltung, mit der Energie erzeugt werden kann, funktioniert nur mit Uran 235, dessen Anteil im natürlichen Uranerz nur bei 0,7 Prozent liegt. Um Uran im AKW nutzen zu können, muss es in Zentrifugen auf mindestens fünf Prozent Uran 235 „angereichert“ werden. Dann wird dieses angereicherte Uran in Tablettenform gepresst und in Metallrohren, den Brennstäben, eingeschweißt.

Wo kauft Deutschland seine Brennstäbe ein?

Beim französischen Hersteller Framatome sowie beim US-schwedischen Westinghouse. Im Jahr 2020 bezog Europa laut Euratom noch 20,2 Prozent des Urans für diese Brennstäbe in Russland, weitere 19,1 Prozent kamen von Russlands Verbündetem Kasachstan. Darüber hinaus bezieht die EU den Rohstoff vor allem aus Niger (20,3 Prozent), Kanada (18,4 Prozent) und Australien (13,3 Prozent). 18 Reaktoren in der EU (in Ungarn, Tschechien, Bulgarien, Finnland und der Slowakei) waren zuletzt zu 100 Prozent von russischem Uran abhängig.

Wie schnell muss entschieden werden, falls die AKW über April hinaus laufen sollen?

Das müsste eigentlich schon jetzt geschehen, denn neue Brennstäbe haben laut den AKW-Betreibern eine Lieferzeit von bis zu 15 Monaten. Der Branchenverband Kernenergie erklärte, wenn jetzt schon Vorleistungen getätigt würden, könnte die Lieferzeit auf sechs oder sieben Monate verkürzt werden.

Wie lange können Brennstäbe Energie erzeugen?

Etwa drei Jahre, dann müssen sie für fünf Jahre in ein Abklingbecken, bevor sie schließlich in Spezialbehältern in Zwischenlager gebracht werden. Endlager dafür gibt es in Deutschland noch immer nicht.

Klaus Rimpel

Auch interessant

Kommentare