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Sondierungen: Zwei Parteien für Cannabis-Freigabe – FDP nennt schon Höhe für Steuer

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Von: Marc Beyer

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Close-Up: Ein Mann raucht in einem Coffee Shop in Maastricht im April 2012 einen Joint mit Marihuana.
Grüne und SPD sprechen sich für eine Cannabis-Freigabe aus, die SPD ist zumindest nicht komplett dagegen (Symbolbild). © Oliver Berg/dpa

Soll der Konsum von Cannabis erlaubt werden? Wenn die Ampel-Koalition aus SPD, Grünen und FDP kommt, könnte sich drogenpolitisch einiges ändern.

München – Hanfpflanzen sind diesmal keine im Bild. Die möglichen Koalitionäre überlassen ja nichts dem Zufall, ihre Auftritte sind sorgsam komponiert, da würde so ein Blumentopf mit heiklem Inhalt doch sehr irritieren. Die Grünen* wissen das seit 2014, als ihr damaliger Parteichef Cem Özdemir in einem viel beachteten Video auf seinem Balkon zu sehen war – neben sich besagte Hanfpflanze. Er nannte das Motiv ein „sanftes, politisches Statement“.

Sieben Jahre später bringen die Grünen ihre Haltung in der Drogenpolitik ganz unverblümt zum Ausdruck. In die Koalitionsverhandlungen sind sie mit dem erklärten Ziel gegangen, Cannabis zu legalisieren. Sie begründen diesen Schritt mit besserem Jugendschutz und dem Austrocknen des Schwarzmarktes. Wer in ein lizenziertes Fachgeschäft gehe und Drogen überprüfbarer Herkunft kaufe (sowie mindestens 18 sei), müsse nicht zum Dealer, wo er nicht weiß, was er kriegt. Konsumenten würden nicht mehr kriminalisiert, Justiz und Polizei entlastet.

Sondierungen: FDP argumentiert mit Steuer auf Cannabis

Die Freigabe weicher Drogen hat ein hohes Spaltpotenzial, doch bei den Ampelverhandlungen gehört sie zu den wenig kontroversen Themen. Die FDP* argumentiert ähnlich wie die Grünen, zudem führt sie an, dass eine Cannabissteuer jährlich rund eine Milliarde Euro einbringe, mit der sich Prävention, Suchtberatung und -behandlung verbessern ließen. So weit wie die anderen Parteien geht die SPD* zwar nicht. Doch auch sie denkt zumindest an Modellprojekte.

Kaum sind die Verhandlungen ins Rollen gekommen, formiert sich aber auch lauter Widerstand. Oliver Malchow, Bundesvorsitzender der Gewerkschaft der Polizei, warnte in der Neuen Osnabrücker Zeitung nachdrücklich vor einer Legalisierung: „Es muss endlich Schluss damit sein, den Joint schönzureden.“ Rainer Wendt von der Deutschen Polizeigewerkschaft befürchtet schlimme Folgen auf den Straßen: „Wenn demnächst auch noch Bekiffte am Straßenverkehr teilnehmen, bekommen wir ein Problem.“

Cannabis: Mediziner uneins über Risiken und Nutzen der Freigabe

Der Hamburger Kinder- und Jugendpsychiater Rainer Thomasius mahnt, regelmäßiger Konsum sei gerade bei Jugendlichen eine Gefahr. Die Entwicklung des Gehirns könne durch den Wirkstoff THC Schaden nehmen. Er zitiert eine Studie, wonach das Risiko einer Psychose um den Faktor 3,2 steige, bei häufigem Kiffen und hohem Wirkstoffgehalt gar um 4,8.

Kirsten Müller-Vahl kennt aber auch ganz andere Erfahrungen. Die Neurologin und Psychiaterin der Medizinischen Hochschule Hannover verweist auf Länder wie Uruguay und Kanada, die Cannabis freigegeben haben. Die Datenlage zeige, „dass die Freigabe der Suchtprävention dient“. Ein Verkauf im Fachgeschäft ermögliche die Kontrolle wichtiger Faktoren: Das Alter des Käufers, die Abgabemenge, die Qualität des Produkts. Das sei auch im Hinblick auf Jüngere zu beachten, für die ein florierender Schwarzmarkt besonders gefährlich sei: „Wichtig ist es, die Kinder zu schützen. Ein Dealer macht das nicht.“

Jahresbericht für Deutschland: Zahl der Cannabis-Konsumenten unter jungen Erwachsenen steigt

Müller-Vahl spricht sich deshalb dafür aus, „einen neuen Weg zu gehen. Wir müssen ja zugeben: Die bisherige Drogenverbotspolitik ist so was von gescheitert.“ Erst vergangene Woche stellte die Bundesdrogenbeauftragte Daniela Ludwig ihren Jahresbericht vor, wonach unter jungen Erwachsenen die Zahl der Cannabis-Konsumenten weiterhin steigt. 2019 lag sie bei den 18- bis 25-Jährigen bei 24,1 Prozent.

Noch ist die Debatte nicht beendet, aber die Richtung, in die es gehen dürfte, zeichnet sich deutlich ab. Die FDP hat sogar schon einen Vorschlag parat, wie hoch Cannabis besteuert werden sollte: Zehn Euro pro 100 Milligramm THC. Zu der Milliarde, die dadurch zusammenkäme, flössen dann noch Lohn- und Umsatzsteuer aus den Fachgeschäften. Am Ende muss eben alles seine Ordnung haben. Selbst im Handel mit Drogen. *Merkur.de ist ein Angebot von IPPEN.MEDIA.

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