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Scheuers nächster Flop: „Digitaler Führerschein“ kurz nach Start schon wieder eingemottet

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Von: Andreas Schmid

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Verkehrsminister Andreas Scheuer präsentiert stolz den digitalen Führerschein.
Verkehrsminister Andreas Scheuer präsentiert stolz den digitalen Führerschein. © Rui Cardoso/Bundesverkehrsministerium

Er sollte ein „Meilenstein“ in Richtung Digitalisierung sein und den Alltag „deutlich erleichtern“ - der digitale Führerschein. Aus dem Projekt wird vorerst aber nichts.

Berlin - „Technik für digitalen Führerschein steht“ verkündete das Verkehrsministerium am Donnerstag vor der Bundestagswahl - keine unwichtige Nachricht für die Unionsparteien, die sich einen Digitalisierungsschub ins Wahlprogramm geschrieben hatten. Darüber hinaus präsentierte das Ministerium ein Zitat von (Noch-)Ressortchef Andreas Scheuer: „Der digitale Führerschein hat das Potenzial, den Alltag von Autofahrern deutlich zu erleichtern.“

Digitaler Führerschein: „ein ganz wichtiger Meilenstein im Aufbau unseres Ökosystems digitaler Identitäten“

Der digitale Führerschein ist lediglich als freiwillige Ergänzung gedacht, solle aber die Digitalisierung im Land vorantreiben. Dorothee Bär (CSU), Staatsministerin für Digitalisierung, meinte stolz: „Das ist ein ganz wichtiger Meilenstein im Aufbau unseres Ökosystems digitaler Identitäten.“

„Aufwändige Video-Überprüfung des Führerscheins, beispielsweise für Carsharing oder Mietauto, braucht es nicht“, versprach Scheuer. „Zwischen App laden und losfahren liegt dann nur noch ein Klick auf den digitalen Führerschein.“ Parallel dazu wolle das Ministerium den digitalen Führerschein auch auf EU-Ebene anerkennen lassen. CSU-Mann Scheuer war in jedem Fall begeistert: „So sieht die digitale Zukunft aus: smart, bürgerfreundlich und sicher.“

Digitaler Führerschein: App defekt eine Woche nach dem Start bereits defekt

In naher Zukunft wird der digitale Führerschein jedoch nicht (mehr) zum Einsatz kommen. Eine Woche nach Bekanntgabe ist das Projekt vorerst gescheitert. Die App „ID Wallet“, die für die Übertragung des Führerscheins auf das Handy erforderlich ist, streikt. Sie ist mittlerweile komplett aus den App-Stores von Apple und Google verschwunden - ebenso wie ein auf der Seite des Verkehrsministeriums eingerichteter Link zu häufig gestellten Fragen rund um den digitalen Führerschein.

Die Bundesregierung teilt mit, dass es „ein ausgesprochen großes Interesse“ an der App gegeben habe. „Durch die sehr hohe Nachfrage und die damit verbundene hohe Last auf dem System haben sich unerwartete Lastspitzen ergeben.“ Bis die App wieder funktionsfähig ist, dauert es wohl noch einige Zeit. Man werde „in den nächsten Wochen“ an einer Lösung arbeiten.

„Ich hatte dreieinhalb brutal harte Jahre und wurde auch von der Opposition ziemlich unsanft angepackt, das wird sicherlich seine Auswirkung gehabt haben“

Andreas Scheuer über sein Wahlergebnis bei der Bundestagswahl

Digitaler Führerschein: Probleme bei Sicherheit und Rechtslage - Scheuer will Minister bleiben

Darüber hinaus könnte auch das Thema Sicherheit ein Grund für das temporäre Aus der App sein. Die Bundesregierung spricht von Anfragen einiger Nutzer, „die sich intensiv mit Sicherheits- und Vertrauensfragen befassen“. Der IT-Sicherheitsexperte Manuel Atug bemängelte in der Süddeutschen Zeitung, dass auf Software statt Hardware und damit eher auf Nutzerfreundlichkeit statt Sicherheit gesetzt worden sei. Die technischen Entscheidungen zur Sicherheit seien insgesamt „unsinnig“. Es gibt außerdem noch ein weiteres Problem, das den digitalen Führerschein in ein schlechtes Licht rückt: Ihm fehlt momentan die gesetzliche Grundlage.

Andreas Scheuer ist seit 2018 Bundesverkehrsminister. Wie lange er das Amt noch innehaben wird, ist nach dem schlechten Abschneiden der Union offen. Im Wahlkampf zur Bundestagswahl machte der Niederbayern seine Ambitionen aber bereits deutlich: „Mir macht es viel Freude. Ich werde hart kämpfen, in meinem Wahlkreis und dann bei den Koalitionsverhandlungen, dass dieses Investitions- und Innovationsministerium gut in die Zukunft geht. Ich habe noch viel vor.“ In seinem Wahlkreis Passau sicherte sich Scheuer zwar erwartungsgemäß das Direktmandat. Gleichzeitig hat der 47-Jährige aber auch deutlich an Zuspruch verloren. Bei den Erststimmen kam Scheuer auf 30,7 Prozent. Das sind 16,8 Prozentpunkte weniger als bei der Bundestagswahl 2017.

Scheuer steht in der Kritik, weil die gescheiterte Pkw-Maut in seine Amtszeit fällt. Im BR-Fernsehen führte der CSU-Politiker die Kritik an seiner Position indirekt auf das Wahlergebnis zurück: „Ich hatte dreieinhalb brutal harte Jahre und wurde auch von der Opposition ziemlich unsanft angepackt, das wird sicherlich seine Auswirkung gehabt haben.“ (as)

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