Nächster Plagiatsjäger meldet Fund in Baerbock-Buch - Kanzlerkandidatin gerät weiter in die Kritik

Die Plagiatsvorwürfe häufen sich: Annalena Baerbock gerät weiter in die Kritik – erhält aber Rückendeckung aus der eigenen Partei.
Berlin - Annalena Baerbock muss derzeit viel Gegenwind einstecken. Während die Kanzlerkandidatin der Grünen aus der eigenen Partei gestärkt wird, gibt es neuen Wirbel um ihr Buch. Der nächste Plagiatsjäger will verdächtige Stellen gefunden haben.
Annalena Baerbock: Plagiatsjäger findet „aus Neugier“ weitere verdächtige Passagen
Wie das Nachrichtenportal T-Online berichtet, hat auch der Plagiatsjäger Martin Heidingsfelder verdächtige Passagen in Baerbocks Buch „Jetzt. Wie wir unser Land erneuern“ entdeckt. Der Nürnberger gründete die Internet-Rechercheplattform VroniPlag.
Heidingsfelder sei vor Kurzem bereits angefragt worden, den Lebenslauf der 40-Jährigen zu überprüfen. An einer derartigen Kampagne wolle sich der gelernte Diplomkaufmann jedoch nicht beteiligen. Was im Zusammenhang mit Baerbocks Lebenslauf publik geworden sei, sei übertrieben und mit dem amerikanischen Wahlkampf vergleichbar. „Ich bin froh, da nicht mitgemacht zu haben.“ Mit Baerbocks Buch hätte er sich nun „aus Neugier“ beschäftigt – und dabei die nächsten Unstimmigkeiten entdeckt. Es geht um eine Studie der Denkfabrik Agora Energiewende und des Wuppertal Instituts.
Annalena Baerbock: Buch weist Parallelen zu Energiewende-Studie auf
Baerbock schreibt auf den Seiten 97 und 98 ihres Buches: „Sollte der europäische CO2-Preis über die vertraglich festgelegten Vermeidungskosten steigen, muss das Unternehmen die Differenz an den Staat zurückzahlen. Eine Überförderung ist somit sehr unwahrscheinlich. Bei einer ambitionierten EU-Klimapolitik, die eine Steigerung des CO2-Preises nach sich ziehen würde, und hinreichend langer Vertragsdauer könnten dem Staat als geduldigem Investor über diesen Rückzahlungsmechanismus sogar zusätzliche Mittel zufließen.“
Etwas technischer formuliert, laut Heidingsfelder aber doch sehr ähnlich, liest sich eine Passage auf Seite 112 der besagten Studie: „Wenn der CO2-Preis im EU-ETS über den im CfD festgelegten Preis (strike price) steigt, muss das Unternehmen die Differenz an den Staat zurückzahlen. Eine Überförderung ist somit sehr unwahrscheinlich. Bei einer ambitionierten EU-Klimapolitik und hinreichend langer Vertragsdauer könnten dem Staat als geduldigem Investor sogar zusätzliche Mittel zufließen.“
Annalena Baerbock im Fokus: „Wenn man so agiert, wirft das sehr viele Fragen auf“
Heidingsfelder erklärte dahingehend gegenüber T-Online: „Baerbock hat sich zusätzlich für ihre politischen Zwecke bei einer Studie von zahlreichen Wissenschaftlern bedient, und das geht einfach nicht. Sie sollte in Sack und Asche gehen.“ Zuvor hatte bereits der österreichische Plagiatsjäger Stefan Weber Baerbock vorgeworfen, an mehreren Stellen abgeschrieben zu haben.
Insgesamt lässt der Plagiatsjäger kein gutes Haar an der Kanzlerkandidatin: „Wenn man nach den Plagiatsaffären der vergangenen Jahre so agiert, wirft das sehr viele Fragen auf. Sie hat ganz klar abgekupfert.“ Es könne zwar auch sein, dass die entsprechenden Passagen Mitarbeiter von ihr angefertigt hätten, doch „dann muss man sich auch sorgen, welche Personalauswahl sie als Bundeskanzlerin treffen würde.“
Annalena Baerbock: Bayerns Grüne bedient - „die Fehler ärgern mich“
In der grünen Parteizentrale wird man die neuen Enthüllungen wohl mit Unbehagen zur Kenntnis nehmen. Die ersten Grünen-Politiker zeigten sich bereits wenig begeistert von Baerbocks Schnitzern. Nachdem die Grünen mit famosen Umfragewerten glänzen konnten und sich die Union mit der Maskenaffäre selbst geschwächt hatte, schienen die Chancen aufs Kanzleramt wahrscheinlicher zu werden. Zumal CDU und CSU recht lange dafür brauchten, ein Wahlprogramm zu präsentieren und vielmehr mit Schlammschlachten im eigenen Lager (Söder/Laschet) beschäftigt waren. Daraufhin verschlechterte sich jedoch das Bild der Grünen – und das von Annalena Baerbock: falsche Angaben beim Lebenslauf, zu spät gemeldete Nebeneinkünfte und sinkende Umfragewerte. In einer aktuellen Meinungserhebung zur Bundestagswahl* liegen die Grünen nur noch haudünn vor der SPD*.
Ludwig Hartmann*, Fraktionsvorsitzender von Bündnis 90/Die Grünen* im bayerischen Landtag, ärgert sich gegenüber Merkur.de über diese Entwicklung: „Es war ja zu erwarten, dass bei einer für deutsche Verhältnisse jungen Kandidatin, die für das Amt der Kanzlerin antritt, mit anderen Augen darauf geschaut wird und die Frage nach der Regierungserfahrung gestellt wird.“ Aber: „Die Fehler ärgern mich, weil diese Fehler einen solchen Unions-Schlafwagen-Wahlkampf erst ermöglichen.“ Hartmanns Devise für die kommenden Wochen: „Jetzt geht’s darum, dass wir wieder in die Offensive kommen. Inhaltliche Debatten führen, wie der Weg aussehen kann – um Ökologie und Ökonomie zusammenzubringen.“ Dieses Ziel soll mit Annalena Baerbock* gelingen.
Grünen-Bundesgeschäftsführer: Baerbock bleibt Kanzlerkandidatin
Baerbock soll weiterhin Grünen-Kanzlerkandidatin bleiben. „Wir gehen als Team, als grünes Team, gemeinsam in diesen Wahlkampf mit Annalena Baerbock an der Spitze“, sagte Bundesgeschäftsführer Michael Kellner am Montag. „Daran ändert sich nichts.“ Junge Frauen seien Attacken in einem stärkeren Maß ausgesetzt als Männer, meinte Kellner. Logisch sei aber auch, dass jeder Kanzlerkandidat* hart angegriffen werden würde – unabhängig von Alter, Geschlecht oder Parteizugehörigkeit.
Zudem würden „Bagatellen aufgebauscht, um von den inhaltlichen Auseinandersetzungen, von den großen Fragen abzulenken“. Dahinter könnte laut Kellner die Sorge stecken, dass andere Parteien hier „blasser“ dastehen könnten als die Grünen. Baerbock war im April vom Bundesvorstand der Grünen als Kanzlerkandidatin vorgeschlagen worden. Co-Parteichef Robert Habeck hatte ebenfalls Ambitionen auf die Kanzlerkandidatur angemeldet, ließ Baerbock dann aber den Vortritt. (as) *Merkur.de ist ein Angebot von IPPEN.MEDIA