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„Muss Ihnen widersprechen“: Landwirtin reagiert mit Unverständnis – Baerbock stolpert bei Milch-Frage

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Von: Cindy Boden

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Eine Landwirtin fragt Annalena Baerbock bei „Klartext“ im ZDF nach der klimafreundlichen Versorgung mit Lebensmitteln. Beim Milchpreis gerät die Grünen-Kanzlerkandidatin ins Schlingern.

Berlin - Annalena Baerbock musste sich am Donnerstagabend noch einmal beweisen. Die Grünen-Kanzlerkandidatin sollte „Klartext“ sprechen - in der gleichnamigen Sendung des ZDF. Dafür wurde sie rund eineinhalb Stunden mit Fragen von Gästen im Studio gelöchert. Darunter eine Frau, die endlich eine klare Antwort wollte: eine Landwirtin aus Nordhessen.

Beim Themenkomplex zum Klimawandel schildert die Dame kurz vor der Bundestagswahl ihre und die Situation in Deutschland. Lebensmittel würden als Importe „klimaschädlichst um die halbe Welt transportiert“. Deshalb ihre Frage: „Was wollen Sie tun, um klimafreundlich die deutsche Bevölkerung zukünftig mit Lebensmitteln zu versorgen?“ Jeden Tag würden Familienbetriebe, „die der Verbraucher ja eigentlich immer haben möchte“, vor Verzweiflung aufgeben.

„Gehen Sie ruhig dazwischen“: Landwirtin widerspricht Baerbock bei „Klartext“-Sendung

„Indem wir regionale und vor allem Bio-Produkte aus der Region stärken“, antwortet Baerbock und verweist auf den Applaus für die Frage. Als die Kandidatin aber über Regionalität und gesunde Lebensmittel spricht, schüttelt die Landwirtin schon lächelnd den Kopf.

„Ich habe gerade mit den Milchbauern in Baden-Württemberg heftigst diskutiert über die Frage, wie schaffen wir es, dass man als Milchbauer eigentlich noch davon leben kann, wenn wir Dumping-Preise habe“, fährt Baerbock unbeirrt fort. „Und auf der anderen Seite exportieren wir ja auch als Europäische Union zum Beispiel Hähnchenschenkel auf afrikanische Märkte und gefährden dort die Kleinbauern.“

Was will Baerbock also tun? „Faire Handelsverträge und vor allem eine EU-Agrarförderung, die dafür sorgt, dass nicht mit der Gießkanne Fördermittel verteilt werden, sondern an Landwirtinnen, Kleinbauern vor Ort, die sich um öffentliche Aufgaben, also um Tiere, um gesunde Lebensmittel und die Böden kümmern“, antwortet die Grünen-Kanzlerkandidatin.

Baerbock bei „Klartext“ im ZDF: Landwirtin widerspricht Grünen-Kanzlerkandidatin

Moderator Peter Frey greift ein und animiert die Landwirtin: „Gehen Sie ruhig dazwischen!“ Das tut sie dann auch prompt: „Ich muss da leider ein bisschen widersprechen. Mit den Verbrauchern ist es leider manchmal so wie mit den Politikern. Die versprechen auch, wenn Sie den Verbrauchern das Mikrofon auf der Straße vor den Mund halten, sie kauften alle Bio und regional.“

Doch angesichts der Fakten scheint sie das nicht zu verstehen: „Doch warum wird dann noch nicht einmal fünf Prozent Bio-Fleisch gekauft? Warum fahren die Milchtanker mit Biomilch kreuz und quer durch Deutschland, werden die Bio-Milch nicht los und die Bio-Erzeuger bekommen nur den konventionellen Preis?“, fragt die Landwirtin.

„Nicht wirklich überzeugt“: Baerbock versucht Landwirtin Antwort zu Lebensmitteln zu geben - doch dringt nicht durch

Scherzend schlägt Baerbock daraufhin eine Umfrage vor, wer alles Bio-Milch kaufen wolle. Um dann im ernsten Ton zu sagen, dass die Kennzeichnung der Produkte wichtig sei - das habe man am Beispiel von Eiern gesehen. „Endlich eine vernünftige Fleischkennzeichnung“, fordert Baerbock. „Weil die Landwirtschaftsministerin es nicht gebacken bekommen hat, zu sagen, welches Fleisch ist eigentlich aus guter Tierhaltung“, teilt sie gegen Julia Klöckner von der CDU aus. „Ich gebe Ihnen recht, da ist noch eine Menge zu tun, weil (...) viele Bäuerinnen und Bauern sagen, von den Preisen kann ich eigentlich nicht leben“, endet die Grünen-Politikerin ihr Statement.

Erneut schaltet sich der Moderator ein: „Überzeugt Sie die Antworten? Gibt sie Ihnen Hoffnung, wenn Frau Baerbock Bundeskanzlerin würde?“ Ohne Umschweife antwortet die Zuschauerin: „Nicht wirklich.“ Baerbock muss reagieren. „Was ist Ihr Vorschlag?“, versucht sie es mit einer Frage an die Landwirtin.

Eine Landwirtin widerspricht Annalena Baerbock in der Sendung 
„Klartext, Frau Baerbock!“
Eine Landwirtin widerspricht Annalena Baerbock in der Sendung „Klartext, Frau Baerbock!“ © Screenshot: ZDF/„Klartext, Frau Baerbock!“

Milch-Quiz für Baerbock: „Wissen Sie, was der Landwirt heute für einen Liter Milch bekommt?“

Schon ein Begriff sei beispielsweise schwierig: „Wann fängt bei Ihnen die Massentierhaltung an?“, will die Landwirtin wissen. Als sie ihren Betrieb übernommen habe, habe sie von 20 Kühen gelebt.

Es folgt eine kurze Quizfrage an Baerbock. „Wissen Sie, was der Landwirt heute für einen Liter Milch bekommt?“ Baerbock überlegt ganz kurz. „Unter den Verkaufspreis...“ setzte sie etwas nuschelnd an. „Wissen Sie es?“, hakt die Landwirtin direkt nach. „Ich würde sagen 50 Cent?“, antwortet Baerbock fragend.

„31 lächerliche Cent“, löst die Frau aus Nordhessen auf. „Eine Kuh gibt 30 Liter Milch, das sind neun Euro, die ich von der Kuh habe. Wovon ich meinen Lohn, Wasser, Strom, und, und, und bezahlen muss. Also dann braucht man sich nicht wundern, wenn dann auch mehr als 20 Kühe im Stall stehen. Dann geht die Diskussion mit der Massentierhaltung los.“

Baerbock vor der Bundestagswahl im ZDF: „Keine Massentierhaltung“

Doch Baerbock sieht das anders. „Aber 20 Kühe im Stall oder auch 100 Kühe im Stall sind keine Massentierhaltung.“ Stattdessen beschreibt sie Ställe, in denen Tausende Hühnchen auf einer Fläche eines DIN-A5-Zettels zusammengepfercht würden. „Das ist für mich industrielle Massentierhaltung.“ Förderung dürfe nicht in solche Betriebe gehen. „Aber ich sehe, es gibt noch Diskussionsbedarf, das müssen wir in Zukunft noch weiterführen.“ Und nicht nur die Politikerin erkennt das. Man sehe der Fragestellerin „die Skepsis“ an, „die bleibt“, endet Moderatorin Bettina Schausten mit dem Themenfeld.

An dem Abend muss sich Baerbock unter anderem auch zur Rentenpolitik, zum CO2-Ausstoß in der Industrie und zur 2G-Regel äußern. Ihre Antworten dazu können Sie in unserem Ticker zur Sendung nachlesen. (cibo)

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