Corona-Talk bei Anne Will: Wirtschaftsexperte warnt vor Shutdown-Folgen: „Nur eine Woche länger kostet...“

Was tun in der Corona-Krise? Das debattiert Anne Will (ARD) erneut - der Gast aus dem Medizinbereich ist weder Drosten noch Kekulé. Ein Wirtschaftsexperte warnt vor immensen Schäden.
- Die Corona-Krise* ist weiter das bestimmende Thema der Talk-Sendungen.
- Anne Will (ARD) lädt in ihre aktuelle Ausgabe unter anderem Peter Altmaier (CDU).
- Mit Gérard Krause vom Helmholtz-Zentrum ist auch ein Epidemiologe in der Runde.
- Ein Wirtschaftsexperte warnt vor immensen Schäden.
Update vom 30. März 2020: In der Sendung von Anne Will wurden am Sonntag die derzeitigen Maßnahmen zur Bekämpfung der Coronavirus-Pandemie diskutiert. Während Epidemiologe Gérard Krause vor allem die gesundheitlichen und medizinischen Aspekte in den Vordergrund stellte, warnte Wirtschaftsexperte Clemens Fuest vor den wirtschaftlichen Folgen. Der Leiter des Wirtschaftsforschungsinstitut Ifo dringt darauf, die deutsche Wirtschaft wieder „hochzufahren“. Sein Institut hatte berechnet, dass die Corona-Krise Deutschland 729 Milliarden Euro kosten würde. Die Bundesregierung gibt im Ergebnis sogar 21 Milliarden mehr aus.
Jede zusätzliche Woche des Shutdowns* drücke auf das Budget der Unternehmen. „Ein Monat im Shutdown, wenn die Hälfte der Wirtschaft zugemacht wird, kostet vier Prozent des Bruttoinlandsprodukts“, sagte Fuest.
Experte warnt: „Wenn wir das um nur eine Woche verlängern, kostet es...“
„Wenn wir das Ganze um nur eine Woche verlängern, kostet es in einem mittleren Szenario 40 Milliarden Euro. Das ist so viel wie der Verteidigungshaushalt dieses Landes.“
Es sollten zwar nicht alle Betriebe von heute auf morgen wieder öffnen und die Arbeit aufnehmen, aber man müsse auf Dauer eine langfristige Strategie überlegen, damit der Schaden nicht immens werde.
Coronavirus-Experte bei Anne Will: „Werden wahrscheinlich noch mehrere Wellen vor uns haben“
Update von 22.58 Uhr: In Südkorea zum Beispiel hat man die Maßnahme schon eingesetzt und auch Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) brachte die Idee vor - scheiterte aber im ersten Anlauf: Wer Kontakt hatte zu einem Infizierten, könnte über die Standortdaten seines Mobiltelefons ermittelt und informiert werden.
Krause ist auf Wills Nachfrage überdeutlich gegen diese Maßnahme, und zwar „aus drei Gründen": Die räumliche Nähe sei für eine Infektion nicht allein maßgeblich und nichts anderes würde bei der Handyortung gemessen, die Menschen könnten „verängstigt“ werden und insgesamt sei die Ortung ein Eingriff in die Persönlichkeitsrechte und gemessen am zu erwartenden Erfolg „unverhältnismäßig“.
Corona-Experte bei Anne Will: „Werden wahrscheinlich noch mehrere Wellen vor uns haben“
Update von 22.37 Uhr: Epidemiologe Gérard Krause bringt einen weiteren Aspekt in die Debatte ein: Man müsse dringend den öffentlichen Gesundheitsdienst stärken, der verhindert hatte, dass sich die ersten Corona-Fälle in Deutschland deutlich schneller ausbreiteten. Denn „wir werden wahrscheinlich noch mehrere Wellen vor uns haben“, warnt er.
Dabei bringt er eine lokale Eindämmung als Taktik ins Spiel. Man könne die Maßnahmen in Deutschland „sehr sachte lockern“ - und bei einem erneuten lokalen Ausbruch des Virus „sehr massiv“ intervenieren. Regionale Defizite ließen sich leichter ausgleichen als ein deutschlandweiter Lockdown.
Corona-Talk bei Anne Will: SPD-Politiker zu Schutzkleidungs-Engpässen - „Nervenspiel“
Update von 22.19 Uhr: Susanne Johna von der Ärztegewerkschaft Marburger Bund plädiert dafür, dass Deutschland Atemschutzmasken selbst herstellt. Altmaier betont, vieles sei da schon auf dem Weg gebracht, doch es dauere „einige Tage, bis Unternehmen ihre Produktion auf Textil umstellen und hochfahren“.
Peter Tschentscher (SPD) ergänzt wenig später zu den Schutzkleidungs-Engpässen: „Wir arbeiten auf Tag, dann wieder Vorräte - das ist schon ein Nervenspiel“. Der Vorschlag sei gut, zu sehen, was man in Deutschland selbst produzieren könne, aber: „Zu sagen, wir machen mal eben Millionen Masken mit 3-D-Druck - das kann man sich als Laie nicht so einfach vorstellen.“
Update von 22.05 Uhr: Es wäre „falsch“, den Menschen jetzt schon einen Zeitpunkt für Lockerungen des Lockdowns zu nennen, geht Peter Altmaier (CDU) die Runde. „Weil die Wirkungen der Maßnahmen aktuell noch nicht abzusehen sind - in 14 Tagen kann man über die Perspektive reden“, so Altmaier.
Epidemiologe Gérard Krause, der per Videoschalte an der Runde teilnimmt, ist da mit ihm auf einer Linie. Er berechnet in Modellen, wie sich das Virus ausbreiten wird - doch man könne jetzt noch „keine Kriterien und Zeitpläne“ festlegen: „Wir müssen wirklich auf Sicht fahren“. Ist es eine funktionierend Strategie?, hakt Anne Will nach. Krause antwortet zögerlich: „Es ist zu früh, das jetzt zu bewerten.“
Corona-Talk bei Anne Will: Wie hart trifft die Krise Deutschland?
Berlin - „Der Corona-Ausnahmezustand – wie geht es weiter in Deutschland?“, lautet der Titel der aktuellen Talk-Sendung von Anne Will in der ARD. Das Leben in Deutschland ist durch die Pandemie lahmgelegt. „Zeitgleich werden bereits Rufe nach einer Lockerung der Maßnahmen und einer „Exit-Strategie“ für den Ausnahmezustand laut. Sind Krankenhäuser und Arztpraxen nun ausreichend vorbereitet? Wie lange müssen die Einschränkungen aufrechterhalten werden? Und welche nachhaltigen Auswirkungen hat die Krise auf die Wirtschaft?“, lauten die Fragen auf der Sendungs-Webseite.
Corona-Talk bei Anne Will (ARD):
Folgende Gäste sind zur Erörterung dieser Fragen dieses Mal im Studio:
- Peter Altmaier (CDU, Bundesminister für Wirtschaft und Energie)
- Peter Tschentscher (SPD, Erster Bürgermeister von Hamburg)
- Susanne Johna (1. Vorsitzende des Marburger Bundes - Bundesverband)
- Clemens Fuest (Präsident des ifo Instituts - Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung an der Universität München e.V.)
- Gérard Krause (Abteilungsleiter Epidemiologie am Helmholtz-Zentrum für Infektionsforschung, Braunschweig)Kurzbiografie
ARD-Talk mit Anne Will zu Corona-Krise
Bislang sah man häufiger den Chef-Virologe der Berliner Charité, Christian Drosten, zum Thema Corona in den Medien. Er macht einen vielbeachteten Podcast beim NRD zu der Pandemie. Sein Kollege, der Virologe Alexander Kekulé hat mit „Kekules Corona-Kompass“ beim MDR einen vergleichbaren Podcast.
Gérard Krause nun ist bislang weniger medienwirksam aufgetreten als die beiden. Er hat einen Doktor der Medizin in Tropenhygiene, war von 2005 bis 2013 Abteilungsleiter für Infektionsepidemiologie am Robert-Koch-Institut (RKI) und leitet aktuell unter anderem die Abteilung „Epidemiologie“ am Helmholtz-Zentrum für Infektionsforschung - beste Voraussetzungen, um die wissenschaftliche Perspektive in diese Talk-Runde zu bringen.
Bei Markus Lanz (ZDF) zeigt sich ein Virologe enttäuscht vom RKI - er startet jetzt selbst eine Studie.
Die Corona-Krise hat Deutschland im Griff - und ist Thema beim Talk von Anne Will (ARD). Es geht um die Frage, wie es weitergeht - unter anderem mit Peter Altmaier.
Einen denkwürdigen Auftritt gab es bei ARD-Kollegin Sandra Maischberger. In ihrer Talk-Runde war Reiner Calmund einfach nicht mehr zu bremsen. Wütet, plauderte und sinnierte über die Corona-Krise in der Bundesliga, ohne dass ihn jemand aufhalten konnte.
frs
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