„Anne Will“: Merkel-Insider äußert pikante These über die Kanzlerin

Bei „Anne Will“ diskutiert politisches Spitzenpersonal über die neue GroKo. Richtig interessant wird es aber erst, als ein Merkel-Insider eine pikante These aufstellt. Die Reaktionen der Gäste überraschen.
München - „Kabinett komplett – wofür steht diese neue Regierung?“ Der Titel des ARD-Talks „Anne Will“ hielt, was er versprach - eine Opposition, die die Regierung zu attackieren versuchte und eine Regierung, die sich dagegen verteidigte, indem sie die Stärken des erneuten GroKo-Zusammenschlusses hervorhob.
Dazu lud die ARD die SPD-Vize und Ministerpräsidentin von Mecklenburg-Vorpommern, Manuela Schwesig, die neue CDU-Generalsekretärin Annegret Kramp-Karrenbauer, dazu Sahra Wagenknecht (Linke), Christian Lindner (FDP) und Welt-Journalist Robin Alexander. In seinem Buch “Die Getriebenen” lieferte der einen detaillierten Einblick über die Entscheidungen von Angela Merkel in der Flüchtlingspolitik seit 2015.
„Anne Will“: Kramp-Karrenbauer stellt sich hinter Seehofer
Neben Wirtschaftsfortschritt und Bildung ging es gleich zu Beginn um den möglicherweise neuen Kurs in der Flüchtlingspolitik, den Bald-Innenminister Host Seehofer (CSU) angekündigt hatte. Der CSU-Chef hatte sich zuletzt für konsequentere Abschiebungen ausländischer Straftäter und Gefährder ausgesprochen.
Kramp-Karrenbauer begrüßte das: „Wenn er das mit einem Masterplan angehen will, ist das ein gutes Zeichen für Deutschland und für die Akzeptanz des Asylrechts“, sagte sie am Sonntagabend.
Auch SPD-Frau Schwesig widersprach nur leicht. Ihr sei diese Darstellung zu einseitig, aber klar sei auch: „Schutz für die, die ihn brauchen. Abschieben die, wo wir kein dauerhaftes Bleiberecht sehen. Und dafür sorgen, dass die Integration gelingt - und nicht zu Lasten derjenigen, denen es jetzt auch schon schlecht geht.“
Lesen Sie auch: CDU-Generalin Kramp-Karrenbauer warnt Spahn
„Merkel hat sich doch auch an die letzten Koalitionsverträge nicht gehalten“
Der eigentliche Höhepunkt kam aber erst mit einer These Alexanders kurz vor dem Ende der Sendung. Der bestens vernetzte Berlin-Korrespondent der Welt erklärte dabei: „Das Papier ist ganz eindeutig eine Mischung aus SPD und CSU. Diese beiden Parteien haben Schnittpunkte gefunden, sie sind beide sozialpaternalistisch. Wir bekommen einen starken Staat und mehr Umverteilung.”
Das interessante aber sei daran, „dass ich glaube, dass Angela Merkel fest entschlossen ist, sich nicht daran zu halten”, sagte Alexander. Für ihn sei es daher auch eine gute Nachricht, dass es kein Digital-Ministerium gebe, denn das bedeute, dass Merkel das Thema ernst nehme und es aus dem Kanzleramt vorantreiben möchte. Tatsächlich soll die CSU-Politiker Dorothee Bär als Staatsministerin aus dem Kanzleramt das Thema anschieben.
Was Merkel in den vergangenen Regierungsjahren wichtig gewesen sei, habe sie “aus dem Kanzleramt gemacht”, erklärte Alexander bei „Anne Will“ weiter. Er nannte dabei unter anderem an die Europapolitik und die Flüchtlingspolitik. Und: „Frau Merkel hat sich doch auch an die letzten Koalitionsverträge nicht gehalten. Die Energiewende stand in keinem Koalitionsvertrag, von der Grenzöffnung ganz zu schweigen. Die Idee, dass sich Angela Merkel an dieses Dokument hält, ist komplett naiv“, glaubt er.
Talk bei „Anne Will“: Merkel wird sich ab Montag auch an den Aussagen messen lassen müssen
Interessant dabei auch die Reaktionen der Gäste während Alexanders Monolog. Wagenknecht schüttelte zunächst leicht den Kopf, musste dann grinsen, auch Lindner schaute ein wenig verdutzt, ehe er laut zu lachen begann. Schwesig grinste ebenfalls und Kramp-Karrenbauer reagierte auf diese Vorhersagen mit Sarkasmus:
„Ich finde es auch wirklich einen Skandal, dass sich Fukushima (Anm.d.Red.: Reaktorunglück vor sieben Jahren) nicht an den Koalitionsvertrag in Deutschland gehalten hat. Also sorry: Regierung heißt auch auf etwas zu reagieren, was uns die Realität gibt.“ Ihr Vorwurf an Alexander: „Diese Sicht auf Politik ist mehr als naiv.“
An diesem Montag wird der Koalitionsvertrag zwischen SPD, CDU und CSU in Berlin unterschrieben. Dann wird sich Angela Merkel auch an diesen Aussagen Alexanders messen lassen müssen.