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ARD-Talk „Anne Will“: Drastische Warnung von Ex-Minister - Söder und Baerbock im Clinch

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Von: Florian Naumann

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War Thüringen nur das erste Beispiel? Steuert Deutschland ins politische Chaos? Beim TV-Talk „Anne Will“ wurden am Sonntag dicke Bretter gebohrt. Mit dabei sind drei Parteichefs.

Update 13.49 Uhr: Der bayerische Ministerpräsident Markus Söder positionierte sich im ARD bei „Anne Will“ gegen eine Wahl der Linken in Thüringen. Söder sagte, er hätte es toll gefunden, wenn man sich auf einen Kandidaten der SPD oder der Grünen hätte einigen können. Die Linke sei für ihn aber unwählbar. Sonst könnte man den Bürgern nicht plausibel erklären, warum man mit dem linken Rand, nicht aber mit dem rechten Rand koalieren solle. Damit passt sich Söder an den Tenor von CDU-Chefin Annegret Kramp-Karrenbauer an. Dafür muss er sich dann aber laute Einwände der anderen Talk-Gäste gefallen lassen.

Am Montag forderte auch SPD-Vize Kevin Kühnert die CDU dazu auf, den Linken-Politiker Bodo Ramleow zumindest, als Interims-Ministerpräsidenten zu unterstützen. 

In den ARD-Tagesthemen erklärte Schleswig-Holsteins Ministerpräsident Daniel Günther (CDU), dass er im Bundestagswahlkampf auf Angela Merkel setze.

TV-Talk „Anne Will“: Söder bekräftigt Aussage am Montag

Update von 11.49 Uhr: Am Montagvormittag knüpft CSU-Chef Markus Söder an seine Programmatik vom Vorabend an. Kanzlerkandidat und CDU-Vorsitz müssten nicht in Personalunion geklärt werden. Die CDU könne sich mit ihrem Vorsitz beschäftigen, die Entscheidung für einen Kanzlerkandidaten falle aber „nicht ohne die CSU“. Deshalb plädiert Söder am Montag vor der CSU-Vorstandsitzung dafür, die Wahl der Union-Kanzlerkandidaten zu verschieben. 

Update vom 17. Februar, 6.15 Uhr: Zuletzt hatte Annegret Kramp-Karrenbauer gefordert, dass Partei-Vorsitz und Kanzlerkandidatur bei der CDU wieder in eine Hand kommen. CSU-Chef Markus Söder sieht das offenbar ein wenig anders. Zumindest sei dies kein Zwang.

Der Parteivorsitz sei das eine. Aber das andere sei die Kanzlerkandidatur, sagte Söder in der ARD-Sendung „Anne Will“. Diese gehe nur mit der CSU. Natürlich müssten Kandidaten für die CDU-Spitze dann auch erklären, ob sie für den Parteivorsitz bereit seien, „selbst wenn sie nicht Kanzler werden“. 

Neben den gehandelten möglichen neuen CDU-Chefs Merz, Laschet und Spahn galt auch Söder als möglicher Kanzlerkandidat der Union. Bislang hatte er sich in diesem Punkt aber sehr zurückhaltend geäußert und darauf verwiesen, dass sein Platz in Bayern liege.

„Anne Will“ am Sonntag: Söder und Baerbock im Clinch - Drastische Warnung von Ex-Minister

Update 22.50 Uhr: Steht Deutschland nicht nur vor einer Krise im Parteiensystem - sondern angesichts des Streits um die Führungsposition in der CDU auch vor der Handlungsunfähigkeit? Diese Frage stellte Anne Will am Sonntagabend gleich drei Parteichefs in ihrem sonntäglichen Talk. 

Die Antwort fiel zwiespältig aus: Neben Mahnungen zur Ruhe hagelte es auch drastische und teils sehr konkrete Warnungen. Vor allem vor der AfD. „Es ist gefährlich, dieses Wording von der ‚Systemkrise‘ zu übernehmen“, sagte Grünen-Chefin Annalena Baerbock schon eingangs der Diskussion. Denn das, eine heraufbeschworene Krise des „Systems“ sei „genau das, was die AfD wollte“.

„Anne Will“ (ARD): „Noch nie so einflussreich und stark wie jetzt“ - Ex-Minister warnt vor Rechtsextremismus

Vor der AfD warnte kurz nach der turbulenten Thüringer Ministerpräsidenten-Kür auch der mittlerweile 87 Jahre alte Innenminister a.D. Gerhart Baum (FDP) eindringlich. „In meiner Lebenszeit ist der Rechtsextremismus nie so einflussreich und stark gewesen wie jetzt“, meinte er: Es habe nach dem Krieg frühere Nazis in führenden Positionen gegeben, es habe Verbrechen und Gewalttaten in den 80er-Jahren gegeben - „aber dass die jetzt in allen Parlamenten sitzen ...“, sagte Baum. „Ich bitte, das nicht zu leicht zu nehmen“, betonte er. „Meine lange Lebenszeit bringt mich jetzt zu einer eindringlichen Warnung.“

Turbulent geriet die Debatte bei der Frage nach dem weiteren Vorgehen in Thüringen - allerdings eher im Ringen um Redezeit. CSU-Chef Markus Söder und Baerbock fielen sich gleich mehrfach ins Wort, schienen die Hitzigkeit allerdings beide eher amüsant zu finden.

Söder verteidigte einen Verzicht auf eine Zusammenarbeit mit dem populären Linke-Ex-Ministerpräsidenten Bodo Ramelow. Die Linke sei immer noch eine Partei, die für „Mauer und Stacheldraht“ stehe, auch wenn er sie nicht mit der AfD gleichsetzen wolle. „Wenn die CDU mit der Linke zusammenarbeitet, dann gibt es kaum ein Halten nach rechts“, mahnte Söder. Auch der Verfassungsschutz sei „auf beiden Seiten dabei.“

„Anne Will“ (ARD): Baerbock kritisiert AKK - und findet doch noch gemeinsamen Nenner mit Söder

Baerbock hielt dem CSU-Politiker entgegen, mit der Verweigerung einer Zusammenarbeit mit der Linken spiele die CDU „weiter das Spiel der AfD“. „So geht es nicht weiter. Wenn sie sich enthalten, droht ja wieder die Gefahr, dass die AfD dazwischengeht“, erklärte sie mit Blick auf die Lage in Thüringen. Es gebe Momente, in denen „Demokraten dafür sorgen müssen, dass das Land regierbar ist“.

Kritik übte die Grüne auch am Rückzug ihrer Noch-Amtskollegin Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU). Diese habe bei ihrem Rückzug „schwere strategische Fehler gemacht“ - es gehe scheinbar immer um die kurzfristigen Effekte. Wie auch Baum warnte Baerbock vor einer ausufernden Selbstbeschäftigung der Spitzenpolitik mit sich selbst. 

In einem Punkt waren sich Baerbock und Söder dann aber doch noch einig: Beide sprachen sich vor einem schnellen Wechsel an der Spitze der CDU aus. Eine möglicherweise resultierende Neuwahl wäre ein verheerendes Zeichen „mitten in der EU-Ratspräsidentschaft“, das sogar den Euro in einen Sinkflug bringen könnte, warnte Baerbock: „Ich rate dringend davon ab!“ 

Vorschau: „Anne Will“ am Sonntag: Drei Parteichefs - und ein böser Verdacht

Markus Söder ist zu Gast bei „Anne Will“. (Archivbild)

«Anne Will» vom 01.10.2017
Markus Söder ist zu Gast bei „Anne Will“. (Archivbild) © dpa / Wolfgang Borrs

Berlin - Es gab schon Zeiten, in denen die Redaktionen der großen deutschen Polit-Talks so ihre liebe Mühe hatten, packende Themen zu finden. Für die Ausgabe von „Anne Will“ am Sonntag (16. Februar) im Ersten dürften in dieser Hinsicht keine langen Debatten nötig gewesen sein. Nach dem Wahl-Eklat von Thüringen sucht die CDU eine neue Parteispitze - und die Republik steht vor einigen gravierenden Fragen.

Die Macher der ARD-Sendung packen diese in drastische Formulierungen. „Steckt das Parteiensystem in einer Krise?“, heißt es da etwa. Oder auch: „Drohen Union und damit auch die Große Koalition, handlungs- und regierungsunfähig zu werden?“. Es ist ein ungewöhnlich düsterer Verdacht, den der Sender in den Raum stellt.

Ob es gleich so schlimm kommt, bleibt abzuwarten. Klar scheint aber: Die Koalitionsfindung wird immer schwieriger. Ausnahmen wie die nahende Bürgerschaftswahl in Hamburg bestätigten die Regel.

„Anne Will“ in der ARD: Diese Gäste diskutieren über die Thüringen-Wahl

Offenbar wollen sich zu diesen Fragen auch die führenden Köpfe der Parteien äußern - das Thema ist Chefsache, ließe sich bei einem Blick auf die Gästeliste des Talks konstatieren. Mit dabei sind die Co-Vorsitzenden von SPD und Grünen, Saskia Esken und Annalena Baerbock. Nach Berlin reist zudem CSU-Chef und Bayern-Ministerpräsident Markus Söder. Es sind also zwei Drittel Spitzen der GroKo-Parteien vertreten.

Pointierte Beiträge sind auch von den beiden Diskutanten abseits der aktuellen Spitzenpolitik zu erwarten. Vor Ort ist auch der frühere Bundesinnenminister Gerhart Baum (FDP), ein prominenter Fürsprecher für die Wahrung der Bürgerrechte. Die journalistische Zunft vertritt der Zeit-Chefredakteur Giovanni di Lorenzo.

„Anne Will“: Talk im Ersten zu Thüringen und den Folgen - Twitter-User bemängeln Fehlen von Linke, CDU und AfD

Eine hochkarätige Runde also - der auch einige Fragen zu künftigen Koalitionen auf Bundesebene blühen könnten, etwa zu Schwarz-Grün oder „Kenia“, dem Bündnis aus Union, SPD und Grünen. Ein solches war bereits mehrfach ins Gespräch geraten - und ist in Sachsen schon Realität.

Verzichten müssen die Zuseher allerdings auf Statements jener Parteien, die am Wahleklat in Thüringen aktiv beteiligt waren: Weder CDU noch AfD sitzen in der Runde; auch Baum dürfte beinahe 40 Jahre nach seiner aktiven Ministerarbeit wenige Einsichten zu den Vorgängen beizusteuern haben. Möglicherweise hat der Linksliberale dafür aber Kritik am Kurs seiner Parteifreunde parat.

An genau dieser Konstellation gab es vorab bereits auf Twitter Kritik - und zwar aus mehreren politischen Lagern. Eine große Gruppe User bemängelt das Fehlen der AfD. Andere Kommentatoren vermissten Vertreter der Linke. Die hatte in Person von Bodo Ramelow schließlich auch eine gewichtige Rolle in Thüringen gespielt.

ARD-Talk am 8. März 2020: „Anne Will“ über das Coronavirus - „Wie berechtigt ist die Angst?“

Einen bemerkenswerten TV-Moment zum Thema Thüringen gab es bei einem Gespräch zwischen Marietta Slomka und Kurzzeit-Ministerpräsident Thoma Kemmerich im ZDF. Einen Rückblick auf den turbulenten Wahltag in Thüringen lesen Sie bei Merkur.de*.

fn

*Merkur.de ist Teil des bundesweiten Ippen-Digital-Redaktionsnetzwerks.

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