Anschläge "könnten auch in Berlin oder München passieren"

München - Nach der verheerenden Terrorserie in Paris hat Bayerns Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU) Trauerbeflaggung angeordnet. Auch Joachim Herrmann äußerte sich.
Verfolgen Sie die aktuellen Ereignisse nach dem Terror in Paris in unserem News-Ticker.
Die Trauerbeflaggung gelte am Samstag für alle staatlichen Dienstgebäude des Freistaats, teilte die Staatskanzlei in München mit. Die Gemeinden, Landkreise und Bezirke sowie andere Körperschaften, Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts würden gebeten, „in gleicher Weise“ zu verfahren. Der Terrorserie in der französischen Hauptstadt waren mehr als 120 Menschen zum Opfer gefallen.
Im Zusammen

hang mit den Terroranschlägen von Paris und der Flüchtlingskrise fordert Bayerns Ministerpräsident Horst Seehofer eine Verschärfung der Kontrollen an der deutschen Grenze. Seehofer will am Sonntag bei der Sondersitzung eines Kabinettsausschuss erörtern, was die Staatsregierung zusätzlich für die Sicherheit in Bayern tun kann. Das veröffentlichte Seehofer am Samstag im Internet.
„Eines ist für mich klar: Wir müssen uns umgehend wieder Klarheit verschaffen, wer in unser Land kommt, wer durch unser Land fährt und wer sich hier aufhält“, schrieb der CSU-Chef. „Es müssen wieder die Regeln des Rechts zur Geltung kommen, die leider seit vielen Wochen nicht mehr eingehalten werden.“ Beim Parteitag der sächsischen CDU in Neukieritzsch sagte Seehofer, es sei zu überlegen, wieder durchgehende Kontrollen an den deutschen Grenzen einzuführen.
An der Sondersitzung in der Staatskanzlei teilnehmen werden voraussichtlich Innenminister Joachim Herrmann, Staatskanzleichef Marcel Huber und Justizminister Winfried Bausback. Kontrollen an der österreichischen Grenze gibt es seit Mitte September wieder, doch werden viele kleine Übergänge von der Bundespolizei nach wie vor nicht oder nur zeitweise kontrolliert.
Anlass der Überlegungen für schärfere Grenzkontrollen ist unter anderem die Festnahme eines Mannes auf der A8 am 5. November, der mit einem Auto aus Montenegro eingereist war und eine Ladung Waffen und Sprengstoff mutmaßlich nach Frankreich transportieren wollte. Unklar ist bislang, ob der Mann Beziehungen zu den Attentätern von Paris hatte.
Nach dem Fund des umfangreichen Waffenarsenals prüfen die Ermittler einen möglichen Zusammenhang mit der verheerenden Terrorserie in Paris. Das teilte Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) am Samstag der Deutschen Presse-Agentur in München mit. „Wenn jemand mehrere Kalaschnikows, Handgranaten und Sprengstoff transportiert, könnte das jemand aus dem Bereich der Schwerkriminalität sein. Der Verdacht liegt aber nahe, dass es sich um terroristische Absichten handelt, beziehungsweise jemand den Terroristen Waffen liefert“, sagte der CSU-Politiker. „Wir prüfen in Zusammenarbeit mit den französischen Behörden intensiv, ob es einen Zusammenhang mit den Ereignissen von Paris gibt“, so Herrmann.
Aufgrund der Daten des Navigationssystems des Mannes und seines Handys gebe es „deutliche Hinweise, dass der Mann nach Frankreich wollte“. Nach Angaben des Bayerischen Landeskriminalamtes (LKA) und der Staatsanwaltschaft Traunstein wurden bei dem Mann am Donnerstag vergangener Woche bei Bad Feilnbach unter anderem acht Kalaschnikow-Gewehre, zwei Handgranaten und 200 Gramm TNT-Sprengstoff sichergestellt.
Herrmann: "Das Risiko ist da"
Herrmann sagte dem BR, er halte das Anschlagsrisiko für vorhanden. Bayerns Innenminister: "So ein Anschlag wie in Paris kann natürlich morgen in Rom oder Madrid, aber auch in Berlin oder München stattfinden. Das Risiko ist da." Herrmann weiter: "Wir müssen in Zusammenarbeit mit den Landes- und Bundesbehörden analysieren, inwieweit ein Bezug zu Deutschland da ist."
Der Innenminister betonte weiter, dass es bereits seit den Terrorakten von Paris und Kopenhagen zu Beginn des Jahres ein erhöhtes Anschlagrisiko gebe. „Deshalb haben wir seitdem die Überwachung islamistischer Gefährder noch einmal verstärkt, auch personell“, sagte er der Deutschen Presse-Agentur. Derzeit seien im Freistaat 80 Personen „im engen Fokus der Sicherheitsbehörden“.
Nach den Terroranschlägen in Paris ist die Polizei nach Angaben des Vorsitzenden der Innenministerkonferenz, Roger Lewentz (SPD), in erhöhte Alarmbereitschaft versetzt worden. Dies gelte unter anderem für den Schutz französischer Behörden und die Grenze zu Frankreich, sagte der rheinland-pfälzische Ressortchef am Samstag in Ludwigshafen. Er sieht für Deutschland keine akute Gefahr: „Wir haben keine konkreten Hinweise.“
Angesichts der Anschläge in Paris hat die Bundespolizei in Deutschland an der Grenze zu Frankreich wieder selektive Grenzkontrollen eingeführt. Dies sei bereits in der Nacht zum Samstag geschehen, sagte ein Sprecher der Bundespolizei in Potsdam. Zudem seien seit Samstagmorgen um 07.00 Uhr die Kontrollen auf den deutschen Flughäfen und in internationalen Zugverbindungen verstärkt worden. Die Bundespolizei überprüfe bei Landungen von Flügen aus Frankreich "gegebenenfalls selektiv" die Passagiere, sagte der Sprecher. In den internationalen Zügen seien Bundespolizisten präsent. Dies sei mit den französischen Kollegen abgestimmt. Bei diesen drei verschärften Sicherheitsmaßnahmen werde es vorerst bleiben, sagte der Sprecher weiter.
Bayerische Politiker sprachen den Familien der Opfer ihr Beileid aus, darunter Seehofer, Europaministerin Beate Merk, der bayerische SPD-Landesvorsitzende Florian Pronold und die Grünen-Fraktionschefs Margarete Bause und Ludwig Hartmann.
dpa/AFP
Terror in Paris: News-Ticker und die wichtigsten Fakten
Das Wichtigste im Überblick: Wir haben bereits einen Artikel mit den wichtigsten Fakten zum Terror in Paris. Die aktuellen Enwicklungen finden Sie im News-Ticker zum Terror in Paris.