Rückzug als „Weltpolizist“: Drastische Warnung wegen Trump in den „Tagesthemen“

Donald Trump will die USA nicht mehr als „Weltpolizist“ auftreten lassen. Ein „Tagesthemen“-Kommentator warnt aber vor verfehltem „Frohlocken“ über die Ankündigung.
Baden-Baden/München - Üblicherweise sorgt Donald Trump mit morgendlichen Tweets für Aufruhr. Ausgerechnet am zweiten Weihnachtsfeiertag wählte der US-Präsident eine anderen Weg: Bei einem unangekündigten Truppen-Besuch im Irak schüttelte Trump mit einer weitreichenden Ankündigung in flapsigen Worten die Gewissheiten der Weltpolitik durcheinander.
Die USA könnten „nicht weiter der Weltpolizist sein“, erklärte Trump. „Wir sind in Ländern, von denen die meisten Menschen noch nicht einmal gehört haben. Ehrlich gesagt, es ist lächerlich.“
Warnung in den ARD-„Tagesthemen“: Kein falsches „Frohlocken“ wegen Trumps außenpolitischem Kurs
All jene, die nun über den Abschied der Vereinigten Staaten von ihrer bisherigen Interventionspolitik „frohlocken“, warnte der SWR-Journalist Christian Thiels am Donnerstag in den ARD-„Tagesthemen“ aber eindringlich. Richtig sei zwar, dass die USA bislang „knallhart ihre Interessen verfolgt“ und dafür auch „mit Despoten und Diktatoren paktiert“ sowie „politisches Chaos hinterlassen“ hätten, räumte er in seinem Kommentar ein.
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Dennoch solle man sich „nichts vormachen“, mahnte Thiels weiter. „Wenn Trump ernstmacht und sich die USA künftig militärische Zurückhaltung auferlegen, dann werden andere in diese Vakuum stoßen“. Mögliche Kandidaten seien etwa Iran, Russland oder auch China. Thiels‘ klare Prognose: „Die Welt wird nicht sicherer, wenn die Amerikaner dort keine Hauptrolle mehr spielen.“
„Tagesthemen“-Kommentator sieht nach Trumps Ankündigung EU in der Pflicht
In der Pflicht sieht der „Tagesthemen“-Kommentator deshalb nun die EU: „Wenn künftig nicht mehr gilt, dass die USA im Zweifel schon die Kohlen aus dem Feuer holen, dann sind die Europäer gezwungen selbst Hand anzulegen.“
In diesem Lichte betrachtet sei Trumps Ankündigung auch eine „Chance“ - wenn es Europa denn gelänge, künftig effizienter zu agieren und zu kooperieren. Dabei gehe es noch nicht einmal um Aufrüstung, sondern um mehr Selbstbewusstsein und Unabhängigkeit. Die EU hatte zuletzt allerdings vor allem mit dem Brexit zu kämpfen.
Trump will USA nicht mehr „Weltpolizist“ spielen lassen - weitere Stimmen zur Ankündigung
Zumindest die sicherheitspolitische Warnung Thiels‘ hatte in den „Tagesthemen“ auch der CDU-Außenpolitiker Norbert Röttgen geteilt. Trumps außenpolitischer Kurs führe dazu, dass die Welt „unsicherer, instabiler und egoistischer“ wird, sagte er. China und Russland würden in die Lücke stoßen, „aber nicht im Sinne einer Ordnungsrolle.“ Als Weltordnungsmacht seien die „USA nicht ersetzbar“.
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Die Neue Osnabrücker Zeitung wiederum stellte die Lage in einem Kommentar am Donnerstag ambivalenter dar: „Viele US-Bürger sind es leid, Milliarden über Milliarden für den Wiederaufbau fremder Länder auszugeben, wenn im eigenen Land die Brücken bröckeln“, hieß es dort: „Trump will die USA aus der Weltpolitik zurückziehen, wie die Interessen seines Landes es zulassen.“ Der „moralische Eifer, die Welt mit vorgehaltener Waffe mit Demokratie zu beglücken“ sei Trump jedenfalls fremd.
Probleme auch für Deutschland sah am Freitag der Münchner Merkur heraufdämmern: Die deutsche Politik werde Trumps neuen Kurs „schnell drastisch spüren“, nicht zuletzt in Afghanistan, kommentierte dort Politik-Korrespondent Christian Deutschländer: „Ohne Schutz und Hilfe der 14.000 US-Soldaten in Afghanistan könnte das 1100 Mann schwache Bundeswehr-Kontingent nie bleiben.“ Das sei Beleg, dass die Bundeswehr reformiert werden und Europa zusammenrücken müsse, lautete seine Folgerung.
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fn (mit dpa)