Laschet kündigte nach Angaben von mehreren Teilnehmern eine personelle Neuaufstellung auf einem Parteitag an - von der Spitze bis in die Gremien. Die Partei brauche keine Schlacht mehr zwischen Personen, sondern einen gemeinsamen Konsensvorschlag. So wie er es in Nordrhein-Westfalen jetzt mit Henrik Wüst gemacht habe. Laschet hatte den nordrhein-westfälischen Verkehrsminister Wüst am Dienstag als Nachfolger vorgeschlagen - als Ministerpräsident und als CDU-Landesparteichef.
Laschet sagte demnach über die Verhandlungen mit Grünen und FDP am Sonntag und Dienstag, man sei sehr gut vorbereitet gewesen. Dass keine Vertraulichkeit habe geleistet werden können, sei kein gutes Zeichen. Viele Menschen würden noch auf eine Jamaika-Koalition aus Union, Grünen und FDP warten. „Wir müssen bis zur letzten Sekunde bereit sein und niemanden beschimpfen“, wurde Laschet zitiert. Er wisse nicht, wie SPD, Grüne und FDP ihre Themen in einer Ampel zusammenbringen wollten.
Update vom 7. Oktober, 15.02 Uhr: Wie lange ist Armin Laschet noch CDU-Chef? Innerhalb der Union wird diese Frage derzeit wohl ausführlich diskutiert. Neben einer internen Unionsfraktionssitzung (siehe Erstmeldung) steht am Donnerstag offenbar auch ein Treffen der Unions-Ministerpräsidenten auf dem Programm.
Wie die Bild berichtet, steht um 19.30 Uhr ein „Kamingespräch“ mit den sieben Ministerpräsidenten an. Ob es bei dem Treffen nur um das weitere Sondierungsvorgehen nach der „de-facto-Absage an Jamaika“ (Söder) geht oder auch die Fehleraufbereitung nach der Bundestagswahl eine Rolle spielt, ist nicht klar. Dann könnte allerdings auch die Personalie Laschet zum Gesprächsthema werden. Ausgang offen.
Bayern: Markus Söder
Hessen: Volker Bouffier
Nordrhein-Westfalen: Armin Laschet
Saarland: Tobias Hans
Sachsen: Michael Kretschmer
Sachsen-Anhalt: Reiner Haseloff
Schleswig-Holstein: Daniel Günther
Erstmeldung vom 7. Oktober: Berlin - Ist Armin Laschet als CDU-Chef noch haltbar? Nach dem desaströsen Abschneiden der Union bei der Bundestagswahl (-8,9 Prozent im Vergleich zu 2017) gerät der Kanzlerkandidat immer mehr unter Druck. Die Rücktrittsforderungen kommen nun auch aus der eigenen Partei. Eine Krisensitzung scheint sogar geplant.
Zahlreiche CDU-Politiker fordern eine Neuaufstellung der eigenen Partei. CDU-Urgestein Wolfgang Bosbach hat Laschet den Rücktritt nahegelegt. Es wäre „ein gutes Zeichen“, wenn er den Parteivorsitz aufgibt und einen Generationswechsel in der Partei einläuten würde, sagte Bosbach bei Bild TV. Das habe Laschet gerade in Nordrhein-Westfalen gezeigt. Der 60-Jährige kündigte schon vor der Bundestagswahl an, nicht mehr als Ministerpräsident fungieren zu wollen. Mit Hendrik Wüst (46) soll bald ein jüngeres Gesicht die Geschicke leiten.
Auch die rheinland-pfälzische CDU-Vorsitzende Julia Klöckner forderte eine Erneuerung der Partei. Man stehe vor einer Zäsur und müsse sich „inhaltlich und personell“ überprüfen, sagte sie der Rheinischen Post. Ein Rückzug würde Laschet nicht schaden, meint Bosbach. Es gehe „um Würde und Achtung für Armin Laschet selber“. Es brauche „keine wochenlange Demontage“ innerhalb der Partei. „Das sind wir Armin Laschet schuldig, dass wir anständig mit ihm umgehen.“ In jüngster Vergangenheit wurden allerdings Zweifel hinsichtlich des Anstands innerhalb der langjährigen Kanzlerpartei laut. Laschets eigene Leute fielen ihm in den Rücken.
Da wären etwa Jens Spahn oder Norbert Röttgen. Gesundheitsminister Spahn scheint den Schuldigen für die herben Verluste der Union bereits gefunden zu haben. „Dass im Wahlkampf Fehler passiert sind und unser Spitzenkandidat nicht richtig gezogen hat, kann niemand leugnen. Allein das hat viele Prozente gekostet“, sagte er jüngst der Welt am Sonntag. Röttgen forderte im Tagesspiegel ein ehrliches Aussprechen von dem, was ohnehin alle denken. Konkret: „Die fehlende Akzeptanz des Kandidaten war der Hauptgesprächsgegenstand im Wahlkampf. Das weiß auch Armin Laschet.“ Auch Friedrich Merz ging auf die eigene Partei los.
CDU-Politikerin Diana Kinnert kritisierte das öffentliche Mit-dem-Finger-Zeigen. Man dürfe nicht vergessen, dass viele der Unionspolitiker, die nun die Schuld bei Laschet abladen, selbst Fehler gemacht hätten und genauso am Wahlergebnis beteiligt seien. „Norbert Röttgen ist im CDU-Präsidium, Friedrich Merz war im Zukunftsteam. Warum man direkt nach der Wahl so tut, als hätte man mit dem Ergebnis nichts zu tun und Armin Laschet ist der alleinige Schuldige, erschließt sich mich mir nicht“, sagte Kinnert im Polittalk Markus Lanz. Sie nannte das Vorgehen in ihrer eigenen Partei „in Teilen charakterlos“.
Am Mittwoch (6. Oktober) gaben Grüne und FDP bekannt, Sondierungsgespräche mit der SPD hinsichtlich einer Ampel-Koalition führen zu wollen. Das bedeute aber „keine Komplett-Absage an Jamaika“ (Grünen-Co-Chef Habeck). Ein Bündnis aus CDU/CSU, Grünen und FDP sei weiterhin „eine inhaltlich tragfähige Option“ (FDP-Chef Lindner). Um 12.50 Uhr war dann Armin Laschet vor die Kameras getreten, nahm die Entwicklungen zur Kenntnis und stellte klar: „Wir stehen zu weiteren Gesprächen bereit.“
Nur wenige Minuten später wurden diese Hoffnungen und damit Laschets letzte Chance auf die Kanzlerschaft jedoch beerdigt - von Dauerrivale Markus Söder. Der CSU-Chef sah in der Positionierung von Grünen und FDP eine „klare Vorfestlegung“ sowie eine „de-facto-Absage“ an Jamaika. Die Union müsse sich „nach dem heutigen Tag mit der Realität konfrontiert sehen“. Das heißt: „Wahrscheinlich und zwar sehr wahrscheinlich gibt es eine Regierungsbeteiligung ohne die Union.“ Der Abgesang von Laschet aus den eigenen Reihen war damit um eine Episode reicher.
Der Druck auf den Kanzlerkandidaten wird immer größer, sein Ende rückt näher. Da nun vieles darauf hin deutet, dass es eben keine Jamaika-Koalition gibt, hat Laschet seinen letzten Trumpf verloren. Das wissen auch Laschets Kritiker. Am Nachmittag kommt die Unionsfraktion nach Informationen der Deutschen Presse Agentur zu einer Schaltkonferenz über die aktuelle Lage zusammen. In der Sitzung ab 16 Uhr soll unter anderem über den aktuellen Stand der Sondierungsbemühungen beraten werden. Zudem gebe es mit der neuen Fraktion noch „technische Fragen“ für die bevorstehende Legislaturperiode zu besprechen. Der wiedergewählte Fraktionschef Ralph Brinkhaus soll der Initiator des Treffens sein. Bei seiner Wiederwahl wurden bereits Rücktrittsforderungen aus der Fraktion laut.
Brinkhaus selbst besiegelte zudem indirekt Laschets politisches Schicksal. „Er wird bestimmt nicht als Fraktionsvorsitzender kandidieren, wenn wir in die Opposition gehen.“ Danach sieht es aktuell allerdings aus. Der Fraktionschef und damit Oppositionsführer wäre das einzige verbliebene prestigeträchtige Amt. Und das des CDU-Chefs? Brinkhaus sagte bei seiner Wiederwahl, er gehe davon aus, dass sich Laschet um die Partei kümmern werde, sollte die Union nicht regieren: „Als Parteivorsitzender ist man dann ganz gut beschäftigt.“ Voraussetzung dafür: Man ist auch tatsächlich noch Parteivorsitzender. Dass Laschet CDU-Chef bleibt, ist nach den aktuellsten Entwicklungen aber mehr als fraglich. In diesem News-Ticker halten wir Sie zu allen Entwicklungen rund um den - auch wegen mangelndem Rückhalt aus den eigenen Reihen - taumelnden Kanzlerkandidaten auf dem Laufenden. (as)