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SPD braucht drei Wahlgänge für einen Chef - absurde Klogänge inklusive

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Von: Mike Schier

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Arnold (li.) und von Brunn

Die bayerische SPD hat nach der schweren Niederlage bei der Landtagswahl mit weiteren Problemen zu kämpfen. Die Wahl eines neuen Fraktionsvorsitzenden bot am Donnerstag ein verwirrendes Schauspiel.

München – Um 11.07 wird klar, dass etwas schiefgelaufen ist. Die Journalisten haben sich zur Pressekonferenz vor Saal 3 des Landtags eingefunden. Um 11 Uhr sollte sie beginnen. Aber nach sieben Minuten des Wartens schreitet der Landtagsmitarbeiter zur Tat: Auf Geheiß von drinnen lässt er die Jalousie an der Glaswand zum Sitzungssaal herunter. Die Journalisten draußen sollen nicht sehen, was drinnen passiert.

Es wird noch drei weitere Stunden dauern, bis die neue Fraktionsführung der SPD vor die Presse tritt. Drei Stunden, an die sich alle Beteiligten noch lange erinnern werden. Die Journalisten, weil sie aufgrund einer strikten Nachrichtensperre nicht wissen, was sich drinnen ereignet. Dafür beobachten sie absurde Szenen. Beispielsweise, als die beiden Kontrahenten um den Fraktionsvorsitz, Horst Arnold aus Mittelfranken und Florian von Brunn aus München, gemeinsam auf die Toilette gehen. Mehrfach. Als sie das zweite Mal zurückkehren, sagt Arnold den seltsamen Satz, es sei „jedes Mal ein Prozess der intensiveren Annäherung“.

Von Brunns Vorpreschen hat viele verärgert

So irritierend das Schauspiel draußen, so irritierend ist das, was Teilnehmer hinter den verschlossenen Türen schildern. Schon am Mittwochabend haben sich Arnold und von Brunn den Kollegen vorgestellt. Beide gehen offenbar fest davon aus, eine Mehrheit auf ihrer Seite zu haben. Von Brunn gilt als fleißiger Umweltpolitiker, hat sich aber mit seinem Ehrgeiz nicht nur Freunde gemacht. Sein Vorpreschen mit der Kandidatur für den Fraktionsvorsitz noch vor Auszählung aller Wählerstimmen hatte viele verärgert. Der Jurist Arnold gilt als akribischer Arbeiter, hatte sich vor allem im Untersuchungsausschuss wegen der Haderthauer-Modellbauaffäre bewiesen. Schlagzeilen machte er auch, als er sich 2012 zu seiner Alkoholsucht bekannte und in Therapie begab.

Am Donnerstagmorgen um 9 Uhr erfolgt die Abstimmung. Es werde nicht lange dauern, heißt es vorher. Für 11 Uhr ist die Presse eingeladen. Der erste Wahlgang ergibt ein Patt 11:11. Die Situation erinnert an die SPD-Fraktion im Münchner Stadtrat – auch dort gab es im April ein Patt. Schließlich setzte sich der Amtsinhaber im zweiten Wahlgang durch, sein Konkurrent wurde Stellvertreter.

Im Landtag läuft es nicht so einfach ab. Auch der zweite Wahlgang endet 11 zu 11. Die Sitzung wird unterbrochen. Es bilden sich kleine Grüppchen. Es ist jener Moment, wo die Jalousien zum Sitzungssaal geschlossen werden. Gibt es einen Ausweg? Eine Doppelspitze aus Arnold und von Brunn scheidet aus, weil die Satzung in einem solchen Fall eine Frau vorsieht.

Die Frauen melden plötzlich Gesprächsbedarf an und ziehen sich zurück. Zwei Stunden lang. „Wir hatten festgestellt, dass wir nicht alle auf dem gleichen Informationsstand waren“, sagt eine, die dabei war. Und wenn elf Frauen etwas zu sagen hätten, dann dauere das eben. Es habe aber keinen Beschluss gegeben, wer zu wählen sei. „Bitte keine Verschwörungstheorien!“ Wie dem auch sei: Beim nächsten Durchgang siegt Arnold mit 13:8 Stimmen. Ein Zettel ist ungültig.

Auch die Wahl der Stellvertreter zieht sich. Arnold empfiehlt die Wahl von Brunns. Es gibt aber nur einen männlichen Posten. Von Brunn kandidiert also gegen Klaus Adelt. Wieder Patt. Wieder zweiter Anlauf. Und erneut verliert von Brunn knapp.

Mit drei Stunden Verspätung beginnt schließlich die Pressekonferenz. Horst Arnold spricht von „Selbstfindung, Selbstanalyse und Reflexion“. Auf die Sitzung will er nicht weiter eingehen. Keine Rede von Patt. Die Stellvertreter-Ergebnisse hat er angeblich vergessen. Das sei nicht wichtig. 

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