Söder kontert Scholz‘ Veto zur AKW-Verlängerung: „Das ist fachlicher Blödsinn“

Olaf Scholz hält eine Laufzeitverlängerung von Atomkraftwerken für falsch. Markus Söder sieht das anders - und wirft dem Kanzler „Sturheit“ vor.
München - Deutschland fährt die Atomkraftwerke herunter. Aktuell sind nur noch drei AKWs in der Bundesrepublik in Betrieb, eines davon in Bayern. Wegen der unsicheren Energielage durch den Ukraine-Krieg gibt es politische Stimmen, die die Laufzeiten verlängern wollen. Die FDP ist dafür – SPD und Grüne dagegen. CSU-Chef Markus Söder positionierte sich nun ebenfalls deutlich.
Atomkraft-Debatte: Söder sieht „ideologische Debatte“ - Scholz spricht AKW-Klartext
„Neue Gutachten haben belegt, dass alles fortsetzbar ist“, sagte Söder am Montag auf einer Pressekonferenz in München. „Das ist eine rein ideologische Debatte. Die Grünen und die SPD verweigern sich einer notwendigen Diskussion.“ Der bayerische Ministerpräsident wisse nicht, „wie ich das Interview des Bundeskanzlers im Münchner Merkur interpretieren soll“.
Scholz hatte im Gespräch mit unserer Redaktion gesagt, eine Laufzeitverlängerung werde nicht funktionieren. „Das sagen uns Fachleute: Der Atomausstieg ist lange beschlossen, die Brennelemente und nötigen Wartungsintervalle der Anlagen sind genau auf den Ausstieg abgestimmt worden. Die Brennstäbe reichen bis Jahresende.“ Neue Brennstäbe zu besorgen, dauere zwölf bis 18 Monate. „Mindestens.“ Scholz ergänzte: „Deshalb hilft uns die Atomkraft jetzt nicht weiter, nicht in den beiden nächsten Jahren, auf die es ankommt.“
Atomkraft: Söder kontert Scholz - „Diese Sturheit macht keinen Sinn“
„Egal, wie man dazu ideologisch gestanden hat“, konterte Söder. „Es macht doch keinen Sinn, diesen Ausstieg so durchzusetzen. Es ist reine Sturheit zulasten ganz vieler Menschen.“ Der Ministerpräsident wolle nicht von einem „Blackout“ sprechen. „Aber es wird die Energieknappheit massiv verstärken. Das ist einfach unsinnig.“ Söder ergänzte mit Blick auf die Argumentation des Kanzlers„: Es ist machbar. Brennstäbe können in ganz Europa besorgt werden.“ Scholz‘ Argumentation sei „fachlicher Blödsinn“. Er forderte „energiepolitische Vernunft“. Sprich: eine Laufzeitverlängerung über mehrere Jahre. „Bis 2025 sollte es auf jeden Fall sein.“
Söder sei „selber kein übertriebener Fan der Kernenergie mehr“. Die Laufzeitverlängerung sei allerdings „jetzt ein Gebot der Stunde“. Das sieht auch die FDP so. Deren Generalsekretär Bijan Djir-Sarai forderte Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) am Montag dazu auf, „die drei verbliebenen Kernkraftwerke länger laufen zu lassen“. „Das ist ein Fakt, was der Wirtschaftsminister so nicht ignorieren kann.“
Atomkraft in Deutschland: Diese Kernreaktoren sind noch bis 31.12.2022 in Betrieb
- Isar 2: Bayern
- Emsland: Niedersachsen
- Neckarwestheim: Baden-Württemberg
Atomkraft-Verlängerung? Grüne wollen „keinen Ausstieg vom Ausstieg“
Habeck verwies dagegen darauf, dass die weitere Nutzung der Atomkraft zu Beginn der Legislaturperiode noch einmal „ideologiefrei fachlich“ geprüft worden sei, mit negativem Ergebnis. „Zur Atomenergie ist nicht mehr viel zu sagen.“ Ähnlich äußerte sich Grünen-Fraktionschefin Britta Haßelmann. „Es wird keinen Ausstieg vom Ausstieg geben. Da bin ich mir ganz sicher“, schrieb sie auf Twitter. SPD-Chef Lars Klingbeil sagte: „Es bringt nichts, wenn wir jetzt Technologien der Vergangenheit wieder ins Spiel bringen.“
Auch die Betreiber der letzten drei laufenden Atomkraftwerke in Deutschland reagierten irritiert auf den Vorstoß der FDP. Ein Weiterbetrieb über das festgelegte Enddatum für deutsche Atomenergie am 31. Dezember 2022 hinaus „wäre mit hohen Hürden technischer als auch genehmigungsrechtlicher Natur verbunden“, sagte ein Sprecher der RWE AG der Neuen Osnabrücker Zeitung.
Die Debatte um die Laufzeitverlängerung wird wohl für Zündstoff in der Bundesregierung sorgen. Einmal mehr scheint die Ampel gespalten. FDP dafür, Grüne und SPD dagegen. Nun positioniert sich also auch die CSU. (as)
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