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„Professionelle“ Bahn-Sabotage? BKA-Papier sickert durch - Terrorexperte glaubt an „neue Tätergruppe“

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Von: Victoria Krumbeck

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Eine staatlich gesteuerte Sabotage könnte laut einem BKA-Dokument für die Bahn-Störung verantwortlich sein. Experten gehen von einer neuen Tätergruppe aus.

München - Am Samstagmorgen standen die Züge in Norddeutschland still. Was zunächst nach einer „typischen“ Bahn-Panne aussah, entwickelte sich mit wachsendem Erkenntnisstand zu einem möglichen Politikum. Zwei Kabel in Berlin und Nordrhein-Westfalen wurden „mutwillig und vorsätzlich durchtrennt“, wie Verkehrsminister Volker Wissing (FDP) mitteilte. In Berlin nahm der Staatsschutz des LKA Ermittlungen auf.

Eine Gefährdungseinschätzung des Bundeskriminalamts (BKA) schließt laut einem internen Papier eine gesteuerte staatliche Sabotage nicht aus. Derweil geht ein Terrorismusexperte aufgrund des gezielten Vorgehens von einer neuen Tätergruppe aus.

Bahn-Störung: BKA schließt eine staatlich gesteuerte Sabotage nicht aus

„Im Zusammenhang mit den räumlich weit auseinanderliegenden Tatorten (Herne/NRW und Berlin/BE) sowie der zeitlichen Nähe zu den Leckagen an den Gaspipelines Nordstream 1 und 2 wäre eine staatlich gesteuerte Sabotage zumindest denkbar“, hieß es in dem Schreiben des BKA, aus dem die Bild zitiert. Kritische Infrastruktureinrichtungen sowie der Transportsektor mit dem Schienenverkehr seien potenziell von Angriffen und Sabotageaktionen gefährdet, heißt es in dem Dokument. Die Anschläge auf die Nordstream-Pipelines und auf die Bahn-Kabel hätten diese These konkretisiert.

An zwei Stellen wurden bei Bahn-Kabel getrennt. Das BKA schließt staatlich gesteuerte Sabotage nicht aus. Ein Terrorexperte sieht eine neue Tätergruppe.
Eine Kriminaltechnikerin steht in der Nähe vom S-Bahnhof Hohenschönhausen. © John Boutin/dpa

„Darüber hinaus wäre eine Urheberschaft aus dem Bereich der politisch motivierten Kriminalität ebenfalls vorstellbar. Die Deutsche Bahn steht unter anderem für den Transport fossiler Energiestoffe im Fokus der linken Szene. Regelmäßig versuchen Akteure, den Bahnverkehr zu stören“, hieß es in dem BKA-Dokument weiter. Allerdings brauche man als Täter neben geeignetem Werkzeug auch „sensible Informationen über das Streckennetz der Deutschen Bahn AG“.

Bahn-Sabotage: Terrorismusexperte schließt neue Tätergruppe nicht aus

Über die Täter oder die Tätergruppe ist aus den laufenden Ermittlungen noch nichts bekannt. Eingrenzen könne man die Akteure nicht, da es „nicht wirklich Klarheit“ gibt, erklärte der ARD-Terrorismusexperte Holger Schmidt in den „Tagesthemen“. „In der Vergangenheit gab es immer wieder Anschläge gegen die Infrastruktur der Deutschen Bahn - ganz häufig aus dem linksextremen Bereich“, sagte auch Schmidt. Als Beispiel zählte er Anschläge im Zuge der G20-Proteste auf.

An einen Anschlag von Linksextremen glaubt der Terrorexperte dennoch nicht. Er erkennt einen Unterschied im Vorgehen der Täter. „Vieles deutet auf eine neue Tätergruppierung hin, die vielleicht bessere Möglichkeiten haben“, sagte Schmidt am Samstagabend. „Das, was heute passiert ist, ist auf eine gewisse Weise professioneller.“

Der Bundeswehr-General Carsten Breuer warnte vor Anschlägen auf die Infrastruktur in Deutschland. „Jede Umspannstation, jedes Kraftwerk, jede Pipeline“ könne angegriffen werden und ein mögliches Ziel sein, sagte der Befehlshaber des neuen territorialen Führungskommandos der Bundeswehr der Bild am Sonntag. Die Bundeswehrführung stelle sich daher „vor allem auf hybride Bedrohungen ein“. Dazu zählen Cyberangriffe sowie Drohnen-Aufklärungsflüge über Kasernen, wie Breuer weiter erklärte.

Forderung aus der Politik: Kritische Infrastruktur besser schützen

Derweil werden die Forderungen aus der Politik größer, die Infrastruktur besser zu schützen. So verlangte der SPD-Fraktionsvize und Verkehrspolitiker Detlef Müller von der Bahn, von Wissing und von den Sicherheitsbehörden ein Konzept. Neben den Schienen gehören auch digitale Leit- und Sicherungstechnik zur kritischen Infrastruktur und müssten vor externen Zugriffen geschützt werden, wie Müller dem Redaktionsnetzwerk Deutschland sagte. Die Grünen erneuerten ihre Forderung, Mittel aus dem Bundeswehr-Sondervermögen für den Schutz der kritischen Infrastruktur zu verwenden.

Ähnliche Stimmen kamen auch von der CDU/CSU. „Unabhängig von diesem Fall müssen wir über die Sicherheitsarchitektur Deutschlands und der EU neu nachdenken“, sagte der parlamentarische Geschäftsführer der Unions-Bundestagsfraktion, Thorsten Frei, dem RND. „Das neue Zeitalter hybrider Kriegsführung verlangt eine Anpassung unserer Konzepte.“ Gleichzeitig rief er dazu auf, die Ergebnisse der Ermittlungen erst einmal abzuwarten. (vk/AFP)

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