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Bamf-Skandal: Mitarbeiter machen Seehofer Vorwürfe - ein Zitat sorgt für tosenden Applaus

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Von: Maximilian Kettenbach

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Horst Seehofer.
Horst Seehofer. © dpa / Michael Kappeler

Von einem „Tribunal“ war vorab die Rede, doch es kam anders. Auf der Personalversammlung des Bamf gingen Mitarbeiter Innenminister Seehofer und Ex-Chef Weise an. Ein Napoleon-Zitat dürfte Chefin Cordt nicht schmecken.

Nürnberg/München - Schon im Vorfeld war klar: Dieser Tag würde für die Führungsriege des Bundesamts für Migration und Flüchtling (Bamf) kein leichter werden. Von einem „Tribunal“ gegen Präsidentin Jutta Cordt gingen einige aus. Doch ganz so schlimm wurde es bei der Personalversammlung am Mittwoch dann doch nicht. Teilnehmer berichten, die Veranstaltung emotionaler erwartet zu haben. Dennoch setzten die Führungskräfte des Personalrats deutliche Statements.

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Die Mitarbeiter des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge (Bamf) übten in der Versammlung in Nürnberg deutliche Kritik an Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU). Das erfuhr die Onlineredaktion des Münchner Merkur aus Teilnehmerkreisen. Die Vorsitzende des örtlichen Personalrats, Angelika Wenzl, machte dem CSU-Chef dabei den Vorwurf, er habe sich im Innenausschuss nicht vor die Bediensteten seiner Behörde gestellt, die „Opfer politischer Untätigkeit und unrealistischer Vorgaben“ geworden sei. Alle Mitarbeiter seien seit dem Skandal in der Bremer Außenstelle pauschal unter Korruptionsverdacht gestellt worden, beklagte sie. Seehofer hatte im Innenausschuss versprochen den Bamf-Skandal vollständig aufzuklären - mit den notwendigen Konsequenzen. Auch auf die Stimmung unter den Mitarbeitern wurde eingegangen: In Sachen „Wertschätzung und Respekt“ sei noch Luft nach oben.

Video: Bamf muss erfahrene Mitarbeiter entlassen

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Vorsitzende Wenzl griff zudem Ex-Bamf-Chef Frank-Jürgen Weise an

Beispielhaft für die schlechte Stimmung unter den Mitarbeitern zitierten mehrere Redner, unter anderem Wenzl, den Bericht von Merkur.de vom Dienstagabend. Darin erzählten anonyme Mitarbeiter von "Stasi-Methoden" der Führung. Mit diesen wolle man die undichten Stellen in der Behörde finden, ist unter den zitierten Mitarbeitern die vorherrschende Meinung. 

Frank-Jürgen Weise.
Frank-Jürgen Weise. © dpa / Klaus-Dietmar Gabbert

Die Vorsitzende Wenzl griff zudem Ex-Bamf-Chef Frank-Jürgen Weise an und warf ihm vor, er verbreite „alternative Fakten“. Zuletzt war ein Brief Weises an das Innenministerium aufgetaucht. Darin schrieb er, vor seinem Amtsantritt im Herbst 2015 "noch nie einen so schlechten Zustand einer Behörde erlebt“ zu haben.

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Napoleon-Zitat sorgt für Aufsehen - und tosenden Applaus

Der Vorsitzende des Gesamtpersonalrats, Rudolf Scheinost, sorgte mit einem Napoleon-Zitat für Aufsehen und ging damit die Bamf-Führung um Präsidentin Cordt an: "Es gibt keine schlechten Mannschaften. Es gibt nur schlechte Offiziere", erklärte er und erntete angeblich tosenden Beifall. Zudem verteidigte er die Behörde: Das Bamf sei keine Chaos- und Durchwinktruppe. Der Skandal sei mehrschichtig, denn er reiche von nicht geprüften Bescheiden über strukturelle Probleme bis hin zur politischen Aufarbeitung.

Bamf-Präsidentin Jutta Cordt sicherte offenbar zu, alle Anhaltspunkte auf Unregelmäßigkeiten genau zu prüfen. Gleichzeitig wolle man nun die Untersuchungen der Staatsanwaltschaften abwarten.

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Bamf-Personalrat setzt noch einen drauf und klagt gegen Josefa Schmids Versetzung

In der Bremer Asyl-Affäre zieht der Personalrat des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (Bamf) erneut gegen die eigene Behörde vor Gericht. Es geht dabei um die Abordnung der zeitweiligen Leiterin der dortigen Bamf-Außenstelle, Josefa Schmid, von Bayern nach Bremen, die Verlängerung der Abordnung sowie um die Rückkehr von Schmid in ihre frühere Dienststelle im bayerischen Deggendorf. Diese Entscheidungen seien mitbestimmungspflichtig gewesen, kritisiert die Personalvertretung und reichte deswegen Klage vor dem Verwaltungsgericht in Ansbach ein. Dies sagte ein Sprecher des Gerichts am Mittwoch. In der Sache sei ein Eil- und ein Hauptverfahren anhängig. Wann das Gericht eine Entscheidung trifft, sei unklar.

In Bremen soll Schmids Vorgängerin nach Ermittlungen der Staatsanwaltschaft zwischen 2013 und 2016 mindestens 1200 Menschen ohne ausreichende Grundlage Asyl gewährt haben. In die Affäre sollen noch weitere Beschuldigte verstrickt sein, darunter Anwälte und ein Dolmetscher.

Josefa Schmid war Anfang des Jahres als vorübergehende Leiterin der Außenstelle nach Bremen geschickt worden. Sie listete in den folgenden Wochen Unregelmäßigkeiten bei der Bearbeitung von Asylanträgen in Bremen auf und kritisierte auch die Bamf-Zentrale in Nürnberg. Nach gut vier Monaten zog das Amt Schmid wieder aus Bremen ab - laut Bamf, um sie zu schützen.

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