Die digitale Identität, unsere „Bayern-ID“, nutzen im Moment mehr als 700 000 Bayern. Pro Monat kommen etwa 25 000 neue Konten dazu.
Also nur ein kleiner Teil, in Bayern wohnen 13 Millionen Menschen.
Die Zahl der Konten wächst aber beständig, weil immer mehr Leistungen mit der ID beantragt werden können. In Kürze werden außerdem die Elster-Zertifikate in der Bayern-ID freigeschaltet. Alle, die beispielsweise ihre Steuererklärung online machen, haben ein solches Zertifikat. Sie können sich für die Bayern-ID noch einfacher registrieren und alle Vorteile von Elster nutzen. Dazu gehört zum Beispiel die digitale Unterschrift auf Anträgen.
Wo kann man in Bayern schon online seinen Wohnsitz ummelden?
Den Umzug innerhalb einer Gemeinde kann man bei 1110 Behörden in Bayern online melden, also bei etwa der Hälfte aller Kommunen. Die Kommunen sind digital unterschiedlich gut aufgestellt. Aber wir sehen gerade eine große Dynamik in Bayern. Welche Dienste die eigene Kommune bereits digital anbietet, kann jeder Bürger übrigens direkt auf unserem „Dashboard Digitale Verwaltung“ auf der Internetseite des Staatsministeriums für Digitales nachschauen.
Unternehmen haben noch mehr Behördenkontakte als die Bürger, rund 200 im Jahr. Gibt es auch für sie eine digitale Identität?
Die Wirtschaft braucht ein gutes digitales Angebot. Bayern hat zusammen mit Bremen ein Unternehmenskonto entwickelt, das auch auf der Elster-Technologie aufsetzt und in ganz Deutschland als Nutzerkonto für Organisationen ausgerollt wird. Gleichzeitig arbeiten wir an einem Unternehmensportal, in dem die Firmen zentral alle Anträge finden.
Der Bund fordert, dass bis Jahresende rund 600 Verwaltungsleistungen für Bürger im Netz sein müssen. Wie ist der Stand?
Hier gibt es zwei unterschiedliche Arten von Leistungen: Staatliche Leistungen sind bereits zu 78 Prozent digital. Dazu gehören zum Beispiel das Pflegegeld oder das Familiengeld. Hier bin ich guter Dinge, dass bis Jahresende in Bayern alle staatlichen Leistungen digital verfügbar sind. Von den kommunalen Leistungen wie etwa den Antrag für eine Parkerlaubnis kann man bisher etwa zwei Drittel im Internet in Anspruch nehmen. Verglichen mit den anderen Bundesländern ist Bayern bei der Zahl der online verfügbaren Leistungen auf Platz 2 hinter Nordrhein-Westfalen. Wir sind hier also vorbildlich unterwegs.
Trotzdem hängt es sehr davon ab, wo man wohnt, ob man Behördengänge online erledigen kann. In München oder Nürnberg ist das oft kein Problem, in Freising, Garmisch oder Landshut schon. Wieso?
Die großen Städte verfügen natürlich über größere IT-Abteilungen, aber das ist nicht der einzige Grund. Es kommt sehr darauf an, ob die Städte und Gemeinden auch bereit sind, das Thema wirklich anzugehen. Auch kleinere Gemeinden wie zum Beispiel Valley im Landkreis Miesbach mit knapp 3000 Einwohnern sind digital schon sehr weit, andere lassen sich da leider etwas mehr Zeit.
Vielleicht liegt das daran, dass sich die Gemeinden selbst um viele einzelne Förderungen und Programme kümmern müssen. Wäre es nicht besser, ein komplettes Rundum-Sorglos-Paket für Digitalisierung anzubieten?
So einfach ist es nicht. Die Kommunen entscheiden in Selbstverwaltung und tragen damit Eigenverantwortung, auch in der Digitalisierung. Wir können da als Ministerium also nichts von oben überstülpen. Stattdessen bieten wir einen großen Strauß an Förderprogrammen und Digitalpaketen, die die Kommunen einfach und oft kostenlos übernehmen können. Im Bayern-Store können viele digitalisierte Leistungen wie der Antrag auf einen Parkausweis für Schwerbehinderte, der Wohngeldantrag oder die Gewerbeanzeige mit wenigen Klicks übernommen werden. Es ist enorm viel da, die Kommunen müssen nun zugreifen. Und ich erwarte auch, dass sie das tun.
Viele Gemeinden berichten, dass sie nicht genug Personal dafür haben.
Ich kann kein neues Personal für die Kommunen einstellen. Wir helfen aber dabei, die Kommunen auch personell gut aufzustellen. Wir haben zum Beispiel die kostenlose Ausbildung einzelner kommunaler Mitarbeiter zu Digitallotsen angeboten. Wir vermitteln nicht nur technisches Grundwissen, sondern auch, welche Fördermaßnahmen es gibt und wo man diese abrufen kann. Im Übrigen halte ich die Bürgermeister regelmäßig persönlich über unsere Angebote auf dem Laufenden und motiviere sie, die angebotenen Maßnahmen auch umzusetzen. Mir hilft die schönste digitale Verwaltungsanwendung nichts, wenn sie im Keller des Ministeriums verstaubt.
Bei der Digitalisierung sind viele Ministerien, der Bund und die Kommunen involviert. Oft scheint das alles schlecht verzahnt, Stichwort Zensus.
Das lag aber nicht an Bayern: Wir haben die Daten beim Zensus mit Tablets erfasst, es fehlte aber vonseiten des Bundes die nötige Schnittstelle, um die Daten digital weiterzugeben. Deshalb musste alles händisch abgetippt werden. In das System vom Bund hätte man die Daten ohnehin per Hand eingeben müssen, egal ob man sie nun vom Tablet oder vom Zettel abtippt. Da finde ich das Tablet immer noch moderner.
Das geht doch besser.
Definitiv! Es muss sich aber jemand dafür verantwortlich fühlen. Deshalb bin ich ein großer Fan eines Digitalministeriums auf Bundesebene, wo alle Fäden zusammenlaufen. Dann könnte man die Prozesse komplett durchdenken und ganzheitlich organisieren – ohne das bestehende Zuständigkeitschaos, das in Berlin vorherrscht. Das hat die Ampel aber leider verschlafen. Bisher ist die Digitalisierung nur ein Anhängsel des Verkehrsministeriums, viele Themen liegen irgendwo in den anderen Ressorts. Das kann so nicht bleiben.
Interview: Andreas Höß
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