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Beim Artenschutz auf Versöhnungskurs: Voller Erfolg für Volksbegehren

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Von: Dominik Göttler

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Schwarz-orange Einigkeit: Markus Söder (CSU) und Hubert Aiwanger (FW) erklärten gestern im Landtag, dass sie das Artenschutz-Volksbegehren annehmen und um ein „Versöhnungsgesetz“ erweitern wollen. © Kneffel/dpa

Mehr Geld, mehr Stellen und ein „Versöhnungsgesetz“ – Ministerpräsident Markus Söder kündigt ein umfassendes Artenschutz-Paket an. Den Gesetzentwurf des Volksbegehrens wollen die Regierungsfraktionen „eins zu eins“ übernehmen.

Die Initiatoren jubeln. Und sogar der Bauernverband ist vorsichtig optimistisch.

Um bildhafte Sprache ist Hubert Aiwanger nie verlegen. Als der Freie-Wähler-Chef gestern Nachmittag nach der gemeinsamen Fraktionssitzung mit der CSU vor die Mikrofone trat, verglich er den Gesetzentwurf aus dem Volksbegehren mit einem Kartoffelsack. „Diesen Kartoffelsack müssen wir umschneidern zu einem Arbeitsanzug.“ Denn bislang sei der Entwurf für ein neues Naturschutzgesetz nicht praxistauglich. Doch Aiwanger scheint von den Schneiderfähigkeiten der Staatsregierung überzeugt. „Wir werden ein Gesamtpaket schnüren, das sich gewaschen hat.“

Auch Söder spricht von einem „historischen Tag“  

Markige Worte, die da gestern fielen. Denn auch Ministerpräsident Markus Söder (CSU) sprach von nicht weniger als einem „historischen Tag“ und „dem größten nationalen Entwurf für den Artenschutz in Deutschland“. Nachdem in Bayern mehr als 1,7 Millionen Menschen für insektenfreundliche Änderungen im Naturschutzgesetz unterschrieben haben, erklärten Söder und Aiwanger gestern, wie der angekündigte große Wurf für mehr Artenvielfalt aussehen soll.

Der Gesetzentwurf aus dem Volksbegehren soll vom Landtag „eins zu eins“ angenommen werden, kündigte Söder an. „Es gibt eine tiefe Sehnsucht der Menschen, dass wir uns diesem Thema stärker widmen.“ Diesen Wunsch wolle er ernst nehmen, deshalb werde es von der Staatsregierung keinen Gegenentwurf zu dem Gesetzesvorschlag geben. Stattdessen kündigte Söder ein „Versöhnungsgesetz“ an. „Unser Motto lautet: Annehmen, verbessern, versöhnen.“

Aiwanger: „Müssen Landwirte aus der Sünderrolle rausbringen“

Mithilfe von Begleitgesetzen und Ausführungsbestimmungen sollen kritische Punkte in dem Entwurf, etwa bei den starren Walzzeitpunkten oder bei Fragen der künftigen Förderung, aufgefangen werden. „Wir müssen die Landwirte aus der Sünderrolle rausbringen“, sagte Aiwanger. Der Naturschutz sei eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe. Und deshalb soll außerdem mit dem „Versöhnungsgesetz“ die gesamte Gesellschaft mit eingebunden werden. Söder nannte Beispiele für das geplante Paket, das noch bis Anfang Mai festgezurrt werden soll und bis zu 75 Millionen kosten könnte. „Wir wollen grüne Bänder durch Bayern, etwa durch Blühstreifen an den Straßen.“ Der Ökolandbau soll stärker gefördert werden, Bauern für Umweltmaßnahmen finanziell besser entlohnt und Jungbauern eine bessere Perspektive geboten werden. Auch im Schulunterricht sollen die Themen Natur und Landwirtschaft eine größere Rolle spielen.

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In das Gesetz sollen auch die Ergebnisse des Runden Tisches einfließen. Das von Alois Glück moderierte Gremium wird damit aufgewertet, nachdem sich Teilnehmer zuletzt immer wieder beschwert hatten, sie wüssten gar nicht so recht, woran sie hier eigentlich arbeiteten.

Die CSU-Fraktion, in der eine zu grüne Politik ihres Ministerpräsidenten zuletzt mitunter skeptisch beäugt wurde, präsentierte sich gestern geschlossen. Die Entscheidung sei einstimmig und ohne Enthaltungen gefallen, erklärte Fraktionschef Thomas Kreuzer. Sein Pendant bei den Freien Wählern, Florian Streibl, gab zu, dass vielen in seinen Reihen die Entscheidung nicht leicht gefallen sei. Einige seien unglücklich darüber, wie mit den Landwirten umgegangen wurde. Fünf Abgeordnete hatten gegen die neue Linie gestimmt.

Während beim Bauernverband vorsichtiger Optimismus herrscht, jubelten die Initiatoren des Volksbegehren. „Wir freuen uns über einen Sieg der Vernunft“, sagte Agnes Becker von der ÖDP. Norbert Schäffer vom Landesbund für Vogelschutz glaubt, dass mit der Entscheidung der negative Trend bei der biologischen Vielfalt umgekehrt werden könnte. Ludwig Hartmann (Grüne) lobte den Ansatz eines gesamtgesellschaftlichen Auftrags und nutzte die Gelegenheit, um die Schaffung eines dritten Nationalparks ins Spiel zu bringen. Martin Geilhufe vom Bund Naturschutz regte an, das „Versöhnungsgesetz“ gleich noch um ein neues Klimaschutzgesetz zu erweitern. Es scheint, als wollen Opposition und Naturschutzverbände die Schneiderkünste der Staatsregierung noch auf die Probe stellen.

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