Die Streikbereitschaft dürfte sich durch die neuen Gewaltexzesse der Uniformierten gegen Demonstranten am Sonntag in Minsk noch einmal deutlich verstärken. Es gab mehr als 200 Festnahmen und mehrere Verletzte, als Truppen des Innenministeriums Leucht-, Nebel- und Lärmgranaten einsetzten. In einem Stadtteil von Minsk waren schwere Detonationen zu hören, wie ein Augenzeuge der Deutschen Presse-Agentur sagte.
„Das Regime hat den Menschen in Belarus noch einmal gezeigt, dass Gewalt das einzige ist, wozu es in der Lage ist“, sagte Tichanowskaja. Es zeuge nicht von Stärke, wenn solche Granaten in die Menschenmenge geworfen und unter einer Geburtsklinik gezündet würden, sagte sie in ihrem Exil in der EU. Sie werde dafür kämpfen, dass in dem Land die Gesetzlosigkeit ende. „Und dabei hilft uns unsere wichtigste friedliche Waffe: die Solidarität.“
Die Opposition bereitet den Arbeitsausstand schon seit Tagen vor - und hat etwa auch einen Hilfsfonds für Bedürftige eingerichtet. Mehrere Betriebe wollen sich an dem Streik beteiligen. Die Staatsmedien belächelten Tichanowskaja, die aus ihrem Exil in der EU zum Generalstreik aufrief. Experten wie der Minsker Analyst Artjom Schraibman betonte aber, dass das Ergebnis gar nicht so wichtig sei - entscheidend sei es, in der politischen Krise die Initiative zu ergreifen. Und da sei Lukaschenko in der Defensive.
Update vom 25. Oktober, 13.55 Uhr: Mehr als 100.000 Menschen haben ungeachtet eines massiven Polizei- und Militäraufgebots den elften Sonntag in Folge in Belarus (Weißrussland) gegen Machthaber Alexander Lukaschenko protestiert. Die Menschen strömten aus verschiedenen Richtungen über den Prospekt der Sieger zur „Stele“, einem Platz zur Erinnerung an den Zweiten Weltkrieg. Dort sei schon kein Platz mehr, der Zug bewege sich deshalb weiter, berichtete der Oppositionskanal Strana dlja Schisni (zu Deutsch: Ein Land zum Leben) in einer Live-Sendung am Sonntag. Einzelne Journalisten wurden festgenommen. Unabhängige Zahlen für die Demonstration gibt es nicht.
Das Menschenrechtszentrum Wesna berichtete von mehr als 40 Festnahmen in verschiedenen Städten des Landes, wo es ebenfalls Proteste gab. In der Stadt Lida bestätigten die Behörden den Einsatz von Tränengas. Staatsmedien zeigen die Bilder mit den Massen gegen Lukaschenko nicht. Viele Menschen trugen die historische weiß-rot-weiße Fahne und skandierten: „Lange lebe Belarus!“ Hundertschaften von Polizei und Militär hatten das Zentrum der Hauptstadt Minsk abgeriegelt. Bewaffnete Uniformierte in Sturmhauben bezogen unter anderem am Prospekt der Sieger und am Unabhängigkeitsprospekt Stellung, um die neue Sonntagsdemonstration zu verhindern.
Update vom 25. Oktober, 13.11 Uhr: Vor neuen Massenprotesten in Belarus gegen Machthaber Alexander Lukaschenko haben Hundertschaften von Polizei und Militär das Zentrum der Hauptstadt Minsk unter ihre Kontrolle gebracht. Bewaffnete Uniformierte in Sturmhauben bezogen unter anderem am Prospekt der Sieger und am Unabhängigkeitsprospekt Stellung, um die neue Sonntagsdemonstration zu verhindern. Zehntausende Menschen werden erwartet.
Die Behörden sperrten sämtliche Metrostationen im Zentrum, um Ansammlungen von Menschen zu verhindern. Sie schalteten auch das mobile Hochgeschwindigkeitsinternet ab, damit sich die Menschen nicht zu Protesten verabreden können. „Heute ist ein besonderer Tag“, sagte die Bürgerrechtlerin Swetlana Tichanowskaja in ihrem Exil in der EU in einer Live-Schalte. Am Sonntag endet ihr Volksultimatum an Machthaber Lukaschenko. Die Demokratie-Bewegung fordert ein Ende der Polizeigewalt, die Freilassung aller politischen Gefangenen und den Rücktritt Lukaschenkos sowie eine Neuwahl. Einige Oppositionelle seien zwar aus dem Gefängnis entlassen worden, mehr Entgegenkommen ist aber nicht in Sicht.
Aus diesen Grund rief Tichanoskaja mit Nachdruck dazu auf, sich an diesem Montag an einem landesweiten Generalstreik zu beteiligen oder einfach zuhause zu bleiben. „Der Weg wird nicht leicht sein.“ Der Kampf gegen Lukaschenko brauche Kraft und Ausdauer, betonte sie.
Die Liste der Streitpunkte zwischen Paris und Ankara ist lang. Nach einer Verbalattacke von Erdogan gegen Macron reagiert Frankreich mit einer noch nie dagewesenen Maßnahme.
Update vom 25. Oktober, 8.35 Uhr: US-Außenminister Mike Pompeo hat mit dem belarussischen Präsidenten Alexander Lukaschenko telefoniert - und die Unterstützung der USA für die Demokratiebewegung in dem osteuropäischen Land bekundet. Wie das Außenministerium in Washington am Samstag mitteilte, setzte sich Pompeo in dem Gespräch zugleich für die Freilassung eines US-Politologen ein, der in Belarus festgenommen worden war.
Pompeo habe darauf gedrungen, dass der Wissenschaftler und Wahlkampfstratege Vitali Shkliarov freigelassen werde und das Land verlassen dürfe, erklärte ein Ministeriumssprecher. Shkliarov sei zu Unrecht festgenommen worden. Der renommierte Politologe belarussischer Herkunft war nach Angaben seines Anwalts am Montag aus dem Gefängnis in den Hausarrest entlassen worden.
Shkliarov hatte unter anderem den früheren US-Präsidenten Barack Obama, den US-Präsidentschaftsbewerber Bernie Sanders sowie weitere Präsidentschaftsanwärter in Russland und der Ukraine beraten und war im Vorfeld der umstrittenen belarussischen Präsidentschaftswahl vom 9. August festgenommen worden. Ihm wird vorgeworfen, Aktionen zur Störung der öffentlichen Ordnung organisiert zu haben. Nach Angaben seiner Familie und von US-Vertretern soll der Politologe aber allein deshalb festgenommen worden sein, weil er Lukaschenko kritisiert hatte.
Update vom 18. Oktober, 20.10 Uhr: In Belarus sind bei den Massenprotesten gegen Staatschef Alexander Lukaschenko am Sonntag mehr als 200 Menschen festgenommen worden. Obwohl die Behörden zuvor mit Schusswaffeneinsatz gedroht hatten, gingen erneut zehntausende Anhänger der Opposition auf die Straßen. Wie eine Sprecherin des Innenministeriums der Nachrichtenagentur AFP sagte, habe die Polizei Gummigeschosse gegen die Demonstranten eingesetzt, als diese Steine auf sie warfen. Die meisten der Festgenommenen seien in der Hauptstadt Minsk in Gewahrsam genommen worden.
Erstmeldung: Minsk - Zehntausende Menschen haben in Belarus bei einem neuen Protestmarsch gegen Staatschef Alexander Lukaschenko demonstriert. Sie zogen am Sonntag begleitet von einem großen Aufgebot von Polizei und Militär durch die Hauptstadt Minsk. Auch in anderen Städten gab es Aktionen. Dabei rief die Menge „Es lebe Belarus“ und „Lukaschenko in den Gefängniswagen“.
Bei der als „Partisanenmarsch“ bezeichneten Demonstration wurden mehr als 100 Demonstranten festgenommen. Wie eine Sprecherin des Innenministeriums der Nachrichtenagentur AFP sagte, sei dies „bisher“ der Stand. Tausende Anhänger der Opposition gingen am Sonntag erneut gegen Lukaschenko auf die Straßen, obwohl die Polizei zuvor mit einem Schusswaffeneinsatz gedroht hatte.
Nach Angaben der Menschenrechtsorganisation „Wjasna“ wurden Demonstranten nicht nur in Minsk festgenommen, sondern auch in anderen Städten des Landes. Örtliche Medien berichteten zudem, dass auch ihre Journalisten festgenommen worden seien.
Aus Minsk gab es wieder Bilder von vielen Militärfahrzeugen und Gefangenentransportern, die im Nachrichtenkanal Telegram veröffentlicht wurden. Der Machtapparat brachte erneut Wasserwerfer in Stellung. Die Sicherheitskräfte sperrten Straßen mit Stacheldraht und schwerem Gerät im Zentrum ab. Zudem gab es Berichte, dass Sicherheitskräfte Gummigeschosse in die Luft gefeuert hätten, als Demonstranten Steine geworfen hätten.
Anders als bei den früheren Sonntagsdemonstrationen der Opposition zogen die Lukaschenko-Gegner diesmal nicht durch das Stadtzentrum von Minsk, sondern demonstrierten auf einer Hauptverkehrsstraße im Süden der belarussischen Hauptstadt, wo zahlreiche Fabriken angesiedelt sind.
Metro-Stationen wurden geschlossen, damit die Menschen nicht einfach ins Zentrum gelangen konnten. Zudem funktionierte das mobile Internet zeitweise nicht. Die Behörden wollen damit verhindern, dass sich Demonstranten etwa über Telegram verabreden und Videos von Festnahmen schnell verbreitet werden. Dennoch fanden einzelne Sequenzen den Weg in das Internet.
Es ist das mittlerweile zehnte Protest-Wochenende in Folge. Die Aktionen an den Sonntagen haben besonders großen Zulauf. Die Sicherheitskräfte hatten zuletzt ihre Gangart gegen Demonstranten verschärft. Das Innenministerium drohte offen mit dem Einsatz von Schusswaffen und scharfer Munition. Die Opposition ruft dagegen stets zu friedlichen Protesten auf und verurteilt Gewalt.
Bereits am Samstag waren landesweit Hunderte Frauen und Studenten gegen Lukaschenko auf die Straße gegangen. Dem Innenministerium zufolge gab es dabei fast 60 Festnahmen.
Seit der Präsidentenwahl am 9. August gibt es in Belarus regelmäßig Proteste. Das Land steckt in einer schweren innenpolitischen Krise. Lukaschenko hatte sich mit 80,1 Prozent der Stimmen nach 26 Jahren an der Macht erneut zum Sieger erklären lassen. Die Opposition sieht dagegen die Bürgerrechtlerin Swetlana Tichanowskaja als wahre Gewinnerin an. Sie war ins EU-Exil in Litauen geflohen.
Bekannt wurde zudem, dass der Anwalt der inhaftierten Protestführerin Marija Kolesnikowa* in Hausarrest entlassen wurde. „Dass Ilja Salej zuhause und nicht in Untersuchungshaft ist, ist eine gute Nachricht, und das ist das Resultat unseres friedlichen Drucks auf das Regime“, erklärte Tichanowskaja. Die Proteste würden jedoch weitergehen, bis alle politischen Gefangenen frei seien und es Neuwahlen gebe.
Sind die Schicksale Alexander Lukaschenkos und Wladimir Putins miteinander verknüpft? Mehr erfahren Sie in dieser Analyse bei Merkur.de*. (dpa/AFP/fn) *Merkur.de ist Teil des Ippen-Digital-Netzwerks.