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Berliner Silvester-Randale: CDU fordert Aufklärung – Frage nach Vornamen empört Grüne und Linke

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Von: Florian Naumann

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Szenen der Berliner Silvesternacht: Ein Bus brennt in der Neuköllner Highdeck-Siedlung.
Szenen der Berliner Silvesternacht: Ein Bus brennt in der Neuköllner Highdeck-Siedlung. © Paul Zinken/dpa

Gewalt gegen Einsatzkräfte an Silvester hat Berlin aufgeschreckt. Die CDU fordert Aufklärung, auf heiklem Weg. Die Grünen sehen vor allem Berliner Jugendliche am Werk.

Berlin/München – Die Randale der Berliner Silvesternacht haben weiter ein politisches Nachspiel: Die CDU im Bundestag und im Berliner Abgeordnetenhaus fordert umfangreiche Aufklärung – zumindest auf landespolitischer Ebene allerdings auch auf umstrittenen Wegen. Grüne und Linke warnen vor Stigmatisierung und Populismus.

Silvester-Randale in Berlin: CDU-Mann will Vornamen wissen – „Gipfel der Schäbigkeit“

In der Silvesternacht waren Polizisten und auch andere Einsatzkräfte wie etwa die Feuerwehr in Berlin und anderen Städten massiv angegriffen worden. Im Fokus der Debatte steht die Ursachenforschung – aber auch die Herkunft der Täter. Die Berliner Polizei hat dazu eine erste Statistik herausgegeben: 145 Täter aus 18 Nationen zählten die Ermittler mit Stand Mittwoch (4. Januar). Darunter 45 Deutsche, aber etwa auch 27 Menschen aus Afghanistan und 21 aus Syrien.

Die CDU im Berliner Landesparlament, dem Abgeordnetenhaus, interessiert sich nun unter anderem für die 45 deutschen Staatsbürger: In einer vom Linke-Abgeordneten Nik Schrader veröffentlichten Fragekatalog an den Innenaussschuss erkundigt sie sich nach den Vornamen dieser Menschen. Schrader sieht einen „Gipfel der Schäbigkeit“ – und ein klares Vorbild: 2019 hatte sich die AfD im Saarland nach den Vornamen von Messerangreifern erkundigt. Die Rechtspopulisten hatten dabei allerdings eine wohl unerwartete Auskunft erhalten.

Berlin-CDU streitet über Vorstoß, Grüne stellt klar: „Das ist die nächste Berliner Generation“

Die Regierende Bürgermeisterin Franziska Giffey rügte „markige Kneipensprüche“ der CDU-Opposition. „Um zu verstehen, wie das passieren konnte, muss man sich die Lage in diesen sozialen Brennpunkten anschauen und nicht im Parlament nach Vornamen fragen“, erklärte sie auf Twitter. Auch der CDU-Abgeordnete Danny Freimark sprach sich laut einem Bericht des Tagesspiegel gegen den Vorstoß seines Fraktionskollegen Frank Balzer aus: „Ich werde vorschlagen, diese Frage zurückzuziehen, da ich sie weder teile noch hilfreich finde.“

Plenarsitzung Berlin
Bettina Jarasch (li.) und Franziska Giffey verfolgen während einer Plenarsitzung des Berliner Abgeordnetenhauses Redebeiträge. © Wolfgang Kumm/dpa

Die Grüne-Senatorin Bettina Jarasch – Giffeys Konkurrentin bei der nahenden Berlin-Neuwahl – äußerte am Freitag (6. Januar) im rbb-Inforadio grundsätzliche Kritik an der Debatte über die Silvester-Attacken. Nötig sei etwa eine bessere Ausstattung der Gerichte und die Vermittlung von „Respekt“ in der Schule, erklärte sie, sowie generell „klare Grenzen und Perspektiven“. Nicht aber „kurzfristiger Aktionismus“ und Debatten über Ausbürgerungen und das Strafmaß.

Die Täter hätten zu zwei Dritteln einen Migrationshintergrund. Diese Größenordnung entspreche in etwa ihrem Anteil an der Gesamtzahl junger Menschen in Berlin. „Wenn die Jugendlichen insgesamt einen immer stärkeren Migrationsanteil haben, dann sind das unsere Jugendlichen“, sagte Jarasch und fügte hinzu: „Das ist die nächste Berliner Generation.“ Auch Giffey hatte betont, es handle sich wohl größtenteils um in Berlin geborene und aufgewachsene Jugendliche. Jarasch fügte hinzu, im Übrigen hätten auch viele hunderttausend Jugendliche, die friedlich gefeiert haben, einen Migrationshintergrund.

Berlins Silvesternacht: CDU fordert Aufklärung – „rohe, gewaltbereite Integrationsverweigerer“

Das Thema könnte in Kürze aber auch den Bundestag beschäftigen. Das Parlament müsse sich in einer der ersten Sitzungswochen im neuen Jahr mit den Vorfällen befassen, sagte CDU/CSU-Parlamentsgeschäftsführer, Thorsten Frei, der Rheinischen Post (Freitagsausgabe). „Wir dürfen nicht einfach zur Tagesordnung übergehen.“ Er forderte eine „umfassende und ehrliche Bestandsaufnahme“ über das Ausmaß und die Ursachen von gescheiterter Integration.

Frei betonte, es gebe in der Bundesrepublik Millionen Menschen, die nicht in Deutschland geboren seien, die sich engagierten und an die Gesetze hielten. „Doch nur wenige Jahre nach der Kölner Silvesternacht muss Deutschland erneut darüber diskutieren, dass wir offenkundig ein erschreckendes Problem mit rohen, gewaltbereiten Integrationsverweigerern haben“, sagte er der Zeitung.

Das von Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) angekündigte Lagebild könne dazu nur ein erster Schritt sein „und auch das nur unter der Voraussetzung, dass es vollkommene Transparenz schafft“. Es müsse unter anderem um die Frage gehen, „warum vor allem junge Männer, teilweise in der zweiten oder dritten Generation“, in der Gesellschaft nicht angekommen seien, sagte Frei der Zeitung. In einem Interview mit dem Münchner Merkur hatten auch die Unions-Parteichefs Friedrich Merz und Markus Söder „Chaoten“ und mangelnde Integration gerügt. (fn mit Material von dpa)

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